Ost-Börsen Die verschmähten Aktien Osteuropas

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Der große Türkei-Aufschwung

Die Wachstumsmärkte von morgen
Platz 9: MalaysiaMit einer verhältnismäßig kleinen Bevölkerung von 28 Millionen Einwohnern kann Malaysia kaum punkten. Auch die verhältnismäßig hohen Arbeitskosten von 15,6 Dollar (absolutes BIP geteilt durch BIP pro Person) machen das Land nicht außergewöhnlich attraktiv. Spannend ist Malaysia vielmehr als Beschaffungsmarkt. Die Befragten der Studie von Valuneer und ICC zu Trends internationaler Einkaufsmanager bewerteten den Markt überaus positiv. Quelle: Exklusivranking für die WirtschaftsWoche in Kooperation mit Valueneer. Für das Ranking wurde nach der Attraktivität als Absatz- sowie als Beschaffungsmarkt unterschieden und Indikatoren wie Lohnkosten, Wachstumsraten, Importvolumen, Rohstoffreichtum und Bevölkerungsgröße herangezogen und unterschiedlich gewichtet. Quelle: AP
Platz 8: GhanaDas afrikanische Land kann mit seinem starken Wachstums punkten. 2011 stieg das BIP um 13,5 Prozent. Kein anderer der 50 betrachteten Wachstumsmärkte wies solche Steigerungsraten auf. Dazu lockt Ghana mit günstigen Arbeitskosten. Allerdings gilt das westafrikanische Land nach wie vor als wenig sicher und sehr korrupt. Quelle: REUTERS
Platz 7: Polen Das Land punktet bei deutschen Investoren vor allem durch seine räumliche Nähe als günstiger Beschaffungsmarkt. Die politische Lage ist stabil. 39 Millionen Einwohner freuen sich über ausländische Waren. 2011 gingen immerhin Importe im Wert von 170 Milliarden Dollar ins Land. Auch wenn die Lohnkosten verhältnismäßig hoch sind - Polen bleibt ein attraktiver Markt. Quelle: dpa
Platz 6: AlgerienDas Land erreicht in keiner Kategorie Bestwerte, kann aber als Beschaffungsmarkt überzeugen (Platz 2). Einkaufsmanager sehen viel Potenzial, außerdem verfügt das Land über immense Rohstoff-Ressourcen im Wert von 72 Milliarden Dollar. Die Arbeitskosten sind mit 7,3 Dollar noch deutlich geringer als z.B. in der Türkei (14,5 Dollar) oder Mexiko (14,6 Dollar). Damit erreicht Algerien insgesamt Platz 6. Quelle: AP
Platz 5: TürkeiIm Ranking der besten Absatzmärkte erreicht die Türkei mit einer durchschnittlich kaufkräftigen, aber dafür umso größeren Bevölkerung von 75 Millionen Einwohnern einen guten dritten Platz. Im Jahr 2011 wuchs das BIP um satte 8,5 Prozent. Als Beschaffungsmarkt ist das Land dafür weniger attraktiv (Platz 10 von 50). Insgesamt: Platz 5. Quelle: dpa
Platz 4: MexikoBereits 328 Milliarden Dollar Direktinvestitionen flossen 2011 nach Mexiko - der höchste Wert im Ranking. Dazu locken 112 Millionen Einwohnern. Diese Kombination macht Mexiko zum zweitbesten Absatzmarkt der Welt für die deutsche Wirtschaft - so die Experten von Valuneer. Als Beschaffungsmarkt kann das Land weniger überzeugen: Platz 11. Insgesamt reicht es für Rang vier. Quelle: dpa
Platz 3: Südkorea1723 Dollar pro Kopf steckte Südkorea im Jahr 2011 in Forschung und Entwicklung - und damit mehr als alle anderen untersuchten Ländern. Als Beschaffungsmarkt belegt Südkorea den vierten Platz. Als Absatzmarkt überzeugt der asiatische Staat, weil er bereits im Jahr 2011 Importe im Wert von 525 Milliarden Euro einführte. Quelle: dpa

Türkei

Wichtiges Anlageziel für einige Osteuropafonds ist die Türkei. Nachdem die türkische Wirtschaft 2011 um 8,5 Prozent gewachsen war, dürfte sich das Wachstum im laufenden Jahr auf 2,8 Prozent abschwächen. Doch das ist im Vergleich immer noch hoch – vor allem vor dem Hintergrund enger Handelsbeziehungen in Europa und der anhaltenden Euro-Krise. Seit der Heraufstufung des Landes durch die Ratingagentur Fitch in die Investmentklasse Anfang November gelten türkische Staatsanleihen erstmals seit 18 Jahren nicht mehr als Ramsch-Investment, sondern als durchschnittlich gute Anlage.

Davon haben vor allem Banken profitiert, deren Notierungen an der Börse schon die Hälfte des Aktienmarktes ausmachen. Der große Türkei-Hype könnte damit zwar schon wieder vorbei sein, und die engen Wirtschaftsbeziehungen zum Iran und Syrien sowie der derzeit schwelende Konflikt mit dem Assad-Regime bereiten Investoren Sorgen. Doch auch wenn die Türkei 2013 nicht wieder der Überflieger wird, können Anleger weiter auf gute Einzelwerte setzen. Aktien in Märkten mit lokalem Wachstum und Profiteure des Niedrigzinsumfelds haben Chancen.

Das sieht auch ING-Manager Griffiths so: "Dank ihrer jungen Bevölkerung profitiert die Türkei von starken Wachstumsimpulsen. Die Nähe zu den bevölkerungsreichen Märkten des Nahen und Mittleren Osten sowie Afrikas bietet zudem ein erhebliches Potenzial." Auch die Privatwirtschaft in der Türkei sei gut entwickelt, erklärt Griffiths weiter. "Damit sind die Weichen gestellt, um künftige Chancen zu nutzen und weiter zu expandieren." Derzeit ist vor allem für Banken das Umfeld gut. Der Türkei-lastige Renaissance Ottoman Fund etwa setzt vor allem auf die Finanzwerte Turkiye Garanti Bankasi, Akbank, Vakiflar Bankasi und die Raffinerie Tupras.

Boombranchen im Osten

Es sind also vor allem die Sektoren Energie, Banken und Rohstoffe, die sich für ein Investment empfehlen – vor allem aus Polen, Tschechien und Russland. Vielversprechend sind auch die Märkte in Ländern wie Kasachstan, dem Baltikum und Rumänien. In Kasachstan sind vor allem Minenunternehmen für Eisenerz und Kupfer vielversprechend. Im Baltikum sind es hingegen schon eher die Konsumwerte, in die ein Investment lohnen könnte - vom estnischen Casinobetreiber, über den Fährschiffbetreiber bis hin zum Wäscheproduzenten. Nachdem die Region schwierige Anpassungen vorgenommen hat und seine Wettbewerbsfähigkeit weiter steigern konnte, brechen gute Zeiten an.

Die zehn wichtigsten Aktien-Regeln

Verdrängungswettbewerb drückt die Preise

Einige Wirtschaftsbereiche sind in Osteuropa allerdings schon so gut entwickelt, dass Anleger Zurückhaltung üben sollten. „Vorsichtig sind wir allerdings bei Telekommunikationsunternehmen“, gibt Fondsmanager Brück zu. „Die Unternehmen in Osteuropa stehen hier vor ähnlichen Herausforderungen wie unsere westlichen Märkte vor ein paar Jahren. Der Verdrängungswettbewerb drückt die Preise und damit auch die Gewinnmargen der Unternehmen. Wir rechnen damit, dass in diesem Bereich auch die Dividenden gekürzt werden. Gleiches gilt für die Energieversorger. In Polen etwa sind die Strompreise in diesem Jahr um 25 Prozent gefallen.“

Banken hingegen sind in osteuropäischen Ländern trotz Eurokrise noch immer ein solides Investmentthema. Die Bankbilanzen und Geschäftsmodelle sind klassisch: Banken vergeben die Spareinlagen als Kredite an die Wirtschaft. Polen etwa hat den Bankensektor am besten reguliert. Dort sehen wir ein solides Kreditwachstum um fünf bis zehn Prozent. Zudem stabilisiert sich der Anteil notleidender Kredite. Aktien wie die der tschechischen Komerční Banka oder der Bank Pekao sind auch wegen ihrer Dividendenrendite von vier bis 4,5 Prozent für Anleger interessant.

Anleger, die an einem Investment in Osteuropa interessiert sind, können aus zahlreichen Fonds auswählen oder sich mit Einzelaktien versuchen. Fonds bieten den Vorteil, dass die Manager zum Teil auch in kleine oder mittelgroße Werte investieren können, ohne ihre Risikostreuung zu gefährden. An den Aktienmärkten ist allerdings Timing gefragt. „Die derzeit günstigen Bewertungen können Anleger nutzen, um sich bis zum Jahresende erste Positionen aufzubauen“, so Brück. „Kommt es wie erhofft zu einer Stabilisierung der Konjunktur im Frühjahr, ist dann die Zeit gekommen, den zweiten Fuß ebenfalls durch die Tür zu schieben.“

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