Mutter, Vater, zwei Kinder – und ein neues Haus am Stadtrand. Eigentlich soll das Dach möglichst schnell eine Solaranlage zieren. Die Familie hat extra das praktische Satteldach genommen und auf die Sonneneinstrahlung geachtet, damit die Leistung der Anlage möglichst hoch ist.
Mittlerweile kommen dem Familienvater allerdings Zweifel. Die Vergütung für eingespeisten Strom sinkt immer weiter, zuletzt sorgte die Große Koalition in Berlin mit der sogenannten „Sonnensteuer“ für Aufsehen bei Solaranhängern. Weitere Zusatzkosten sind im Gespräch, die Solaranlagenbesitzer ebenfalls belasten könnten. Lohnt sich die Anlage für die Familie rein finanziell betrachtet überhaupt noch?
Während Solaranlagen zunächst als gute Geldanlage galten und bis zu zehn Prozent Rendite abwerfen konnten, ist das längst nicht mehr der Fall. Die Investition sollte gut durchgerechnet sein.
Wenigstens die als „Sonnensteuer“ bekannt gewordene Beteiligung der privaten Anlagenbesitzer an der EEG-Umlage ist offenbar zunächst vom Tisch. Wie am Dienstag bekannt wurde, will die Regierung Besitzer von Anlagen mit einer Leistung von maximal zehn Kilowatt die EEG-Umlage ersparen. Laut Bundesverband der Solarwirtschaft (BSW) sind damit vor allem die Privatbesitzer von Solaranlagen entlastet, denn eine normale Einfamilienhaus-Anlage entspräche im Schnitt einer Leistung von rund fünf bis sieben Kilowatt.
Die wichtigsten Regelungen im neuen EEG
Der Zubau bei Windanlagen an Land wird auf 2500 Megawatt (MW) pro Jahr begrenzt. Kommt mehr hinzu, sinkt die garantierte Einspeisevergütung schneller. Allerdings: Verstärkung vorhandener Anlagen zählt nicht dazu. Eine starke Einschränkung ist das nicht. Die echte Bremse wirkte beim Solarstrom.
In drei Jahren bekommen neue Anlagen keine garantierte und gesetzlich festgeschriebene Einspeisevergütung mehr. Dann müssen die Betreiber ihre Anlagen per Ausschreibung finanzieren, damit mehr Markt herrsche. Die Folgen: bisher unkalkulierbar.
Die Befreiung energieintensiver Betriebe von der EEG-Umlage bleibt erhalten. Entsprechend der neuen europäischen Beihilferegelung sind künftig 65 Branchen begünstigt. Unternehmen anderer Wirtschaftszweige können aber nachweisen, dass sie ebenfalls energieintensiv sind. Über 400 von bisher 2200 Betrieben fallen aus der vorteilhaften Regelung heraus.
Eigenerzeuger, die schon bisher ihren benötigten Strom selbst herstellen, müssen auch künftig keine EEG-Umlage zahlen. Wer jetzt neu einsteigt, ist aber mit der Hälfte dabei. Die Bundesregierung brandmarkt die Selbsthilfe als „Flucht aus der Solidarität“.
Auf absehbare Zeit steigen die Kosten für die erneuerbaren Energien weiter – und damit auch die EEG-Umlage. Denn der Zubau schreitet voran, und noch fallen nur ganz wenige Anlagen aus der 20-jährigen Vergütungsgarantie. Zielmarke bis 2017: sieben Cent pro kWh.
Ursprünglich hatte die Regierung geplant, künftig auch diese Kleinanlagen-Besitzer an der Umlage zu beteiligen; sie sollten einen Anteil von 40 Prozent der Umlage je Kilowattstunde als eine Art „Soli“ entrichten. Derzeit wären das 2,5 Cent je Kilowattstunde. Nun ruderte die Regierung zurück und begründete das mit dem unverhältnismäßigen bürokratischen Aufwand. Bestehende Anlagen wären von der Neuerung nicht betroffen gewesen.
Wer sich allerdings eine neue Anlage auf ein Doppelhaus setzt, könnte bereits über die Bagatellgrenze von zehn Kilowatt geraten und müsste die angekündigten 40 Prozent der EEG-Umlage auch als Selbstversorger beisteuern. „Wer mit seiner neuen Anlage droht, über der Bagatellgrenze zu landen, wird wohl künftig ein wenig kleiner bauen“, sagt Holger Schneidewindt, Energieexperte der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Besonders nachteilig ist die Entscheidung für kleinere Unternehmen, die einen Teil ihres Stroms selbst erzeugen wollen.
Sparen statt gewinnen
Grundsätzlich geben Experten allerdings Entwarnung. „Für Privatleute lohnt sich eine Solaranlage auf jeden Fall“, sagt Solarfachmann Thomas Seltmann. Das gelte vor allem für diejenigen, die viel Strom selber verbrauchen können. Carsten Körnig bestätigt das: „Eine Solaranlage eignet sich dazu, Geld zu sparen“, sagt der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft. Bei intelligenter Auslegung ließen sich mit ihrer Hilfe die Stromkosten spürbar senken. Die vierköpfige Familie mit dem Haus am Stadtrand wird einiges sparen – bei einem Zweipersonen-Haushalt, in dem beide arbeiten und nur abends und am Wochenende zu Hause sind, sieht die Rechnung dagegen schon anders aus.
Egal ob Großfamilie oder Einzelperson, alle müssen sich vom Gedanken verabschieden, mit einer Solaranlage auf dem Dach zusätzliche Einnahmen generieren zu können. Das ist mit der immer weiter sinkenden Vergütung für eingespeisten Strom, die mittlerweile noch bei 13 Cent je Kilowattstunde liegt, nicht mehr möglich. Die Vergütung entspricht in etwa den Entstehungskosten, die für eine Kilowattstunde Solarstrom anfallen, das Ganze ist also ein Nullsummenspiel.
Was für eine Anlage spricht
In die Karten spielen den Anlagenbesitzern dagegen die stetig steigenden Strompreise. Je mehr vom eigens erzeugten Solarstrom selber verbraucht wird, desto höher die Ersparnis. Diese Rechnung ist vergleichsweise einfach. Der BSW rechnet mit rund zwölf Cent durchschnittlichen Entstehungskosten je Kilowattstunde. Denen gegenüber stehen derzeit im Schnitt rund 28 Cent je Kilowattstunde für Strom aus dem Netz.
Selbst mit mittelgroßen Anlagen lassen sich so im Jahr Stromkosten in Höhe von rund 300 Euro und mehr sparen. Tendenz steigend, da auch in Zukunft mit steigenden Energiepreisen zu rechnen ist.
Ebenfalls für die Wirtschaftlichkeit einer Solaranlage sprechen die gesunkenen Anschaffungskosten. Während ein Kilowatt Anlagen-Leistung 2006 noch über 5000 Euro kostete, sind es mittlerweile laut BSW nur noch 1640 Euro je Kilowatt. Wer eine durchschnittliche Einfamilienhaus-Anlage mit fünf Kilowatt Leistung installiert, muss mit Gesamtinvestitionen in Höhe von rund 8200 Euro rechnen. So viel etwa zahlt, wer sich für eine Anlage von einem deutschen Hersteller entscheidet. Zellen von asiatischen Herstellern gibt es für etwas weniger Geld.
Mit weiteren deutlichen Preisrutschen ist allerdings nicht zu rechnen. „Die Materialkosten haben sich zuletzt etwas stabilisiert“, sagt Schneidewindt. Das liege unter anderem auch an den Strafzöllen, mit denen asiatische Solarzellenhersteller belastet wurden, um Dumpingpreise zu verhindern.
Was die Entscheidung für eine Anlage zusätzlich erleichtert: die fehlenden Anlagealternativen. Aufgrund der niedrigen Zinsen lassen sich die Investitionskosten von rund 8000 Euro nur schwer renditeträchtig anlegen. Auf dem Sparbuch und beim Tagesgeld gibt es nur Mini-Zinsen, wer etwas mehr Rendite einfahren will, muss mehr ins Risiko gehen und sich an der Börse versuchen.
Hinzu kommen die günstigen Finanzierungskonditionen. Wer die 8000 Euro nicht komplett vom Ersparten bestreiten will, aber gleichzeitig über eine gute Bonität verfügt, kann sich über günstige Finanzierungsbedingungen freuen.
Teure Speicher
Obwohl der Eigenverbrauch beim Kauf einer Solaranlage immer wichtiger wird, gelten Stromspeicher, mit denen sich der Eigenverbrauch von einem Anteil von rund 20 Prozent an der gesamten Solarstromerzeugung auf rund 60 Prozent steigern lässt, weiterhin als zu teuer.
"Noch sind Batteriesysteme nicht wirtschaftlich", sagt Seltmann. Erst wenn die Preise um weitere 30 bis 50 Prozent sinken, könne man über den Kauf nachdenken, so der Energieexperte. Auch die technischen Fähigkeiten der Speicher sind umstritten. „Bei den Speichern sind wir weiterhin in der Pionierphase“, sagt Schneidewindt. Verbraucher sollten nicht unbedingt damit rechnen, dass der teure Speicher für die nächsten 20 Jahre reibungslos seine Arbeit macht. Dafür fehlten bisher schlicht die Erfahrungswerte.
Obwohl die eingespeiste Strommenge für die Wirtschaftlichkeit der Anlage immer unerheblicher wird, erkennt Solarexperte Seltmann noch keinen Trend zu kleineren Anlagen. Es mache auch schlicht keinen Sinn, seine Anlage so zu optimieren, um bei kleiner Fläche eine möglichst hohe Eigenverbrauchs-Quote zu erreichen. Dafür seien die Fixkosten zu hoch. Einfach ein paar Solarpaneele weniger aufs Dach zu bauen, bringt kaum eine nennenswerte Ersparnis ein. Er rät dennoch zu einer normal großen Anlage. Schließlich könne es sich später lohnen, ältere Anlagen mit Batteriesystemen nachzurüsten. Spätestens dann machen sich die zusätzlichen Paneele in jedem Fall bezahlt.
Rechnen Sie vorher!
Eine pauschale Aussage darüber, wie sehr sich eine Solaranlage rechnet, lässt sich nicht treffen. Das hängt von diversen Faktoren wie der Größe der Anlage und der erreichten Leistung ab. Diese wiederum hängt unter anderem von der Dachform, der Sonneneinstrahlung und schlicht der Lage ab. Eine Anlage im sonnigen Freiburg wird in der Regel mehr Strom produzieren als eine in Hamburg.
Praktische Rechenhilfe
Für eine genaue Wirtschaftlichkeitsrechnung gibt es daher diverse Rechner, mit denen Leistung sowie Kosten und Erträge bestimmt werden können. Der Stromertrag je nach Dachform, - neigung, -ausrichtung sowie Größe und Ort der Anlage lässt sich beispielsweise mit dem Photovoltaik-Rechner ermitteln. Auch die Stiftung Warentest bietet einen guten Renditerechner für Solarstrom. Hier lassen sich neben den klassischen Faktoren wie den Anschaffungskosten, Einspeisevergütung oder Eigenverbrauchsanteil auch Steuern und Kreditfinanzierungskosten berücksichtigt.
Was allerdings kein Rechner miteinkalkulieren kann, sind mögliche Kosten, die in Zukunft auf Solaranlagen-Besitzer zukommen. Zwar ist die "Sonnensteuer" vorerst vom Tisch, ob der Gesetzentwurf damit aber für immer in den Aktenvernichtern des Bundestags versenkt wurde, ist unklar. Zudem wird im Zuge der Novelle des Erneuerbare Energien Gesetzes (EEG) über weitere Finessen diskutiert. Im Gespräch ist beispielsweise eine Umstellung der Stromtarife. Würde nicht mehr nur ein Preis je Kilowattstunde gezahlt, sondern auch eine fixe Gebühr für die Nutzung des Netzes, könnte das die Ersparnisrechnung einer Solaranlage verändern.
Auch über die Regulierung der eingespeisten Strommenge wird diskutiert. Bisher sind nur Neubesitzer verpflichtet, entweder die Einspeiseleistung auf 70 Prozent zu reduzieren und entsprechende Einbußen zu akzeptieren, oder vergleichsweise teure Hardware zur Steuerung zu installieren, damit es nicht zu Überlastungen im Stromnetz kommt. „Sollte die Abregelungshardware auch für bestehende Anlagen Pflicht werden, kommen Kosten auf die Anlagenbesitzer zu“, sagt Schneidewindt. Gleichzeitig überlegt die Regierung, flächendeckend sogenannte intelligente Messsysteme (Smart Meter) einzusetzen. Verbraucherzentralen warnen vor hohen Kosten für die Verbraucher bei gleichzeitig geringem Nutzen.
Für Thomas Seltmann sind die ständigen Neuerungen schwierig. "Ein Problem ist, dass sich die geltenden Regeln ständig ändern", sagt Seltmann. Das erschwere es beispielsweise, ältere Anlagen auszubauen und zu ergänzen. Zudem können sich Käufer nicht darauf verlassen, dass die geltenden Regelungen länger Bestand haben.
Fazit: Insgesamt sollte der Sparfaktor im Mittelpunkt stehen, die Zeiten, in denen sich mit Solaranlagen Geld einnehmen lässt, sind im Privatbereich vorbei. Wer einen relativ hohen Strombedarf hat und möglicherweise in einer sonnenverwöhnten Region wohnt, kann aber von den gesunkenen Anschaffungskosten profitieren. Verbraucher sollten allerdings vom Gedanken der Eigenversorgung und den ökologischen Aspekten überzeugt sein, und nicht aus rein finanziellen Aspekten in eine Anlage investieren.