Eine im Vorkrisenjahr 2006 angelaufene Umfrage der nationalen Notenbanken der Eurozone zur Verteilung der privaten Vermögen in den 17 Mitgliedsstaaten ist abgeschlossen, doch mit der Veröffentlichung der politisch offenbar hochexplosiven Studienergebnisse tun sich die Notenbanken und die EZB ziemlich schwer. Erst wenige Notenbanken, darunter die Banca’ d’Italia und die Österreichische Nationalbank haben ihre Daten veröffentlicht, die Bundesbank will erst am 21. März nachziehen.
Der Gesamtbericht der EZB wird laut Informationen der „FAZ“ gar erst vorliegen, wenn das Rettungsprogramm für Zypern in trockenen Tüchern ist. Das wäre frühestens im April. Die Daten und Ergebnisse müssten erst noch von den eigenen Fachleuten überprüft werden, sagt die EZB. Wer böse ist, dem fällt da der Spruch ein: „Traue keiner Statistik, die Du nicht selbst gefälscht hast.“
Erinnerungen an den zuerst verschwundenen und dann in zensierter Form wieder aufgetauchten Armutsbericht der Bundesregierung werden wach. Doch so oder so werden die Ergebnisse im Kern nur bestätigen, was sich schon aus einer Studie der Schweizer Großbank Credit Suisse aus dem vergangenen Jahr ablesen ließ – und viele Bundesbürger auch ohne Studie ahnen: Alle haben vom Euro profitiert, außer sie selbst. Es sei denn, sie gehören zu den Reichen im Lande. Denn in kaum einem anderen Land klaffen die Vermögensunterschiede inzwischen so weit auseinander wie in Deutschland.
Die bisher bekannt gewordenen Teile der EZB-Studie ermöglichen einen ersten Vergleich zwischen der Entwicklung der Privatvermögen von Italienern, Österreichern - und Deutschen. Deren Vermögensverhältnisse sind in etwa mit denen der Österreicher vergleichbar. Seit Beginn des Euro-induzierten Konvergenzprozesses im Jahr 1991 hat sich demnach das Nettovermögen eines italienischen Haushalts auf Basis des Medianwertes (die Hälfte der Haushalte liegt unter diesem Wert, die andere Hälfte darüber) um 56 Prozent auf 163.875 Euro erhöht.
Zwei Seiten der Medaille
Selbst zwischen 2008 und 2010, also mitten in der Finanzkrise, erhöhte sich dieser Wert um fünf Prozent - pro Jahr (!). Demgegenüber stagnierten die Nettovermögen der privaten Haushalte in Österreich (und Deutschland) nahezu. Mit etwa 76.000 Euro erreicht der Medianwert für Österreich nicht einmal die Hälfte des italienischen. Warum das so ist? Verantwortlich dafür sind und waren vor allem die Unterschiede in der Steuerhöhe, der Steuermoral sowie die höhere Wohneigentumsquote in Italien.
Gerade die Immobilienmärkte in Südeuropa profitierten von Niedrigzinsexport aus Deutschland. Als gefühlte Nachfolgewährung der Mark hat der Euro über sinkende Zinsen und den Zustrom deutscher Spargelder für einen Boom gesorgt mit teilweise atemberaubenden Preissteigerungen. Das machte in Südeuropa viele Immobilienbesitzer wohlhabender, nicht aber in Deutschland.
Die Studienergebnisse werden auch zeigen, dass einige Länder, die heute in der Staatsschuldenkrise stecken und eine laxe Steuerverwaltung haben, eine weitaus höhere Zunahme der Privatvermögen aufweisen als Länder mit vergleichsweise gesunden Staatsfinanzen und halbwegs funktionierendem Steuersystem. Privater Reichtum und öffentliche Armut sind in der Eurokrise nicht selten zwei Seiten derselben Medaille.
Die Bundesregierung fühlt sich für die Staatsschulden anderer Länder offenbar mehr zuständig als für die zunehmende private Armut im eigenen Land. Dennoch sollen die deutschen Steuerzahler die Staatsschulden von „reicheren“ Italienern und Franzosen bezahlen. Die entsprechenden Instrumente sind dem ESM und den Hilfsprogrammen der EZB (LTRO, OMT) bereits installiert. Den Rest besorgen Fiskal- und Bankenunion.