Immobilien-Trends 2016 B-Städte wie Leipzig und Dresden im Visier

Wohnimmobilien bleiben 2016 eine lukrative Anlageform. Berlin ist nach wie vor das Maß aller Dinge. Doch das Angebot ist rar, die Preise scheinen überhitzt. Investoren weichen aus – unter anderem nach Leipzig.

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Leipzig Skyline Quelle: Fotolia

Es kann in diesen Tagen angenehmere Beschäftigungen geben, als sich in Berlin-Mitte auf Wohnungssuche zu begeben. Denn Angebot und Nachfrage auf dem Berliner Immobilienmarkt sind momentan nicht in Einklang zu bringen. Die Folge: Mieten und Kaufpreise für Wohnimmobilien steigen von einem Rekord zum nächsten.

In Berlin dürfte es so weitergehen. Denn Profi-Investoren sehen die Hauptstadt als den attraktivsten Investmentmarkt Deutschlands. Das belegt eine Umfrage der Unternehmensberatung EY Real Estate unter 150 Versicherern, Bestandshalten, Fonds und anderen Immobilieninvestoren. 16 Prozent sehen Berlin besonders im Fokus von privaten Investoren aus dem In- und Ausland, gefolgt von Hamburg (13 Prozent) und Frankfurt (12 Prozent).

Welche Städte Investoren 2016 favorisieren

„In Berlin werden zwar viele Wohnungen neu geschaffen, doch der aktuelle Wohnungsbau wird die gestiegene Nachfrage nicht kompensieren können“, glaubt Jan Hebecker, Leiter Märkte und Daten bei ImmobilienScout24. Den anhaltenden Trend bestätigt auch eine aktuelle PwC-Befragung unter 550 internationalen Marktteilnehmern. Dabei konnte Berlin seinen Spitzenplatz als europäischer Immobilienmarkt mit den besten Investitions- und Entwicklungschancen verteidigen.

Auch der starke Zuzug von Flüchtlingen verstärkt den ohnehin schon großen Druck auf dem Wohnungsmarkt um ein Vielfaches. 83 Prozent der Befragten sehen durch Zuwanderung  wesentliche Auswirkungen auf die Immobilienwirtschaft. „Inwieweit die Flüchtlingskrise und weitere Krisen den Standort Deutschland beeinflussen werden, lässt sich heute noch nicht vorhersagen“, sagt ein Umfrageteilnehmer.

Aber nicht nur die Metropolregionen der sogenannten A-Städte profitieren. Da die Preisklassen dort – in Berlin, Hamburg, München, Frankfurt, Köln, Düsseldorf, Stuttgart – teils überhitzt und die Angebote rar sind, weichen immer mehr Investoren auf mittelgroße und kleinere Städte aus. „Den Trend beobachten wir bereits seit einigen Jahren. Ausweichreaktionen wird es auch in diesem Jahr geben“, sagt Christian Schulz-Wulkow, Partner bei EY Real Estate und Leiter der Immobiliensparte.

Welche Gruppen 2016 kaufen und verkaufen

Daher sahen zuletzt viele Investoren in diesen Städten vergleichsweise hohes Renditepotenzial. Symbolisch für diese Entwicklung stehen Leipzig und Dresden. Die Profis erhoffen sich dort mehr Rendite als in einigen Top-7-Städten. Auch 2016 dürften viele Investoren aufgrund geringer Rendite und hoher Preise auf B-Standorte setzen. Acht von zehn Experten erwarten dort steigende Wohnimmobilienpreise.

Da der Bestand in vielen Städten knapper wird, denken viele Investoren vermehrt über Neubauentwicklungen nach. 81 Prozent der Befragten erwarten eine spürbare Zunahme spekulativer Projektentwicklungen – vor Jahresfrist waren es noch 62 Prozent. „Das kann ein neuer Trend sein, den es zu beobachten gilt“, sagt Schulz-Wulkow.

Wohnimmobilien bleiben gefragt

Trotz zunehmend engerer Märkte bleibt die Investitions- und Übernahmelust im deutschen Immobilienmarkt ungebrochen. Die Kauflust der privaten Investoren war auch im Jahr 2015 sehr hoch, die der börsennotierten Wohnungsunternehmen sowieso. Niedrige Finanzierungskosten machen eine Investition in Wohnimmobilien lukrativ, während alternative Anlageformen nach wie vor eine geringe Rendite abwerfen. „Wenn nicht jetzt in Immobilien investieren, wann dann?“, fragt Schulz-Wulkow.

Die Investitionswelle macht sich auch in der Statistik bemerkbar: Das Transaktionsvolumen für Wohnimmobilien lag laut dem „Trendbarometer Immobilien-Investmentmarkt“ von EY im vergangenen Jahr bei 23,5 Milliarden Euro – und damit fast zwei Mal so hoch wie noch im Vorjahr.

Mieten oder kaufen? Die größten deutschen Städte im Test
Das Essener Wahrzeichen, der Förderturm der ehemaligen Zeche und des heutigen Museums Zeche Zollverein Quelle: dpa
Das "U" auf dem Dach der Unions-Brauerei Quelle: dpa
Skyline von Düsseldorf im Winter Quelle: dpa
Bremer Marktplatz Quelle: dpa
Blick über den Rhein auf Köln Quelle: dpa
Menschen auf dem Schlossplatz in Stuttgart Quelle: dpa
Neues Rathaus in Hannover Quelle: dpa

Die Zahl wirkt durchaus beeindruckend. Schließlich pendelte das Volumen zuletzt zwischen zehn und 14 Milliarden Euro. Auf den zweiten Blick allerdings lässt sich diese Statistik erklären: „2015 war das Jahr der Übernahmen. Die Übernahmelust bei den Wohnungsunternehmen pusht diesen Wert in die Höhe“, sagt Schulz-Wulkow. Übernahmen stünden laut dem Immobiliendienstleister CBRE für zwei Drittel des Transaktionsvolumens.

Allein der Kauf der Gagfah durch die Deutsche Annington, aus der letztlich der Immobilienriese Vonovia hervorging, machte rund ein Drittel des Volumens aus. Rund 144.000 Wohneinheiten wechselten damals den Besitzer. Daneben zählte die Immobilienagentur Dr. Lübke & Kelber 14 weitere Großtransaktionen im abgelaufenen Kalenderjahr. Unter zusätzlicher Berücksichtigung der Niedrigzinsen und der fehlenden alternativen Anlageformen erklärt sich der Sondereffekt in der Statistik.

Die größten Wohnimmobiliendeals 2015

Doch nicht nur bei den Wohnhäusern wurde kräftig zugekauft, sondern auch bei den Gewerbeimmobilien. Die Käufe und Verkäufe der beiden Sektoren erreichen ein Gesamtvolumen von 79 Milliarden Euro. Laut dem EY-Barometer ein neuer Rekord. Im Vorjahr lag der Gesamtwert noch bei rund 52 Milliarden Euro. „Die Stimmung unter den Anlegern ist gut“, sagt EY-Partner Schulz-Wulkow. Auch für das Jahr 2016 bleiben die Investoren positiv gestimmt: 95 Prozent der Teilnehmer bewerten Deutschland als „attraktiven“ oder „sehr attraktiven“ Standort für Immobilieninvestments.

Deutschland eigne sich wegen „hoher Liquidität und attraktiver Neubau- und Mietpreissteigerungsmöglichkeiten“, schreibt ein Umfrageteilnehmer. Deutschland sei ein „entwickelter und stabiler Markt in einer starken Volkswirtschaft“, sagt ein anderer.

Schwächt das Wachstum ab?

Doch nicht alle teilen den schier ungebremsten Optimismus der Anlageprofis. Für die EY-Experten ist inzwischen das Ende der Fahnenstange in Sicht. „Der Höhepunkt des Transaktionszyklus ist langsam erreicht. Der Markt wird zwar weiter wachsen, aber es wird nicht mehr linear nach oben gehen“, glaubt Schulz-Wulkow.

Mythen und Irrtümer der Immobilienfinanzierung
Kreditvertrag und Hausmodell Quelle: dpa
Ein Paar mit Makler (Symbolbild)
Sparkasse Quelle: dpa
500-Euro-Scheine Quelle: dpa
Handwerker Quelle: dpa
Jemand schnallt seinen Gürtel enger
Schild Zu verkaufen Quelle: dpa

Maßgeblich dafür sei der anhaltende Nachfrageüberschuss. „Man darf nicht davon ausgehen, dass es nur noch eine Richtung gibt. Da wird man auf dem falschen Fuß erwischt. Das Angebot ist gering und die Preise sind hoch. Daher haben wir unsere Prognose etwas nach unten geschraubt“, so der Leiter der Immobiliensparte bei EY. Für das kommende Jahr rechnen die Experten mit einem Gesamttransaktionsvolumen zwischen 62 und 65 Milliarden Euro, also deutlich unter dem aktuellen Ergebnis von 79 Milliarden Euro.

Der Trend zu mehr Konvergenz am Markt könnte sich hingegen auch 2016 bestätigen. Sollte die Übernahme der Deutsche Wohnen durch Vonovia gelingen, würde das Dealvolumen für Wohnimmobilien erneut in die Höhe schießen. Für die Übernahme würde Vonovia rund 14 Milliarden Euro zahlen. Solche Megafusionen sind für Schulz-Wulkow ein weiterer Indikator für die Überschreitung des Boom-Zenits. „Große Übernahmen, wie wir sie in der Vergangenheit gesehen haben, finden eher am Ende eines Zyklus statt.“

Damit widerspricht EY anderen Marktbeobachtern. Die Experten von Dr. Lübke & Kelber erwarten „2016 eine weiterhin gute Entwicklung“ und gehen von „einem Transaktionsvolumen auf ähnlich hohem Niveau“ aus. CBRE glaubt an eine „sich fortsetzende dynamische Entwicklung der Investmentstory am deutschen Wohnungsmarkt.“ „Wir erwarten einen nachhaltigen Trend zur Portfoliobereinigung“, sagt CBRE-Experte Lüttger. 

Einig sind sich Marktteilnehmer und Experten allerdings darin, dass der anhaltende Nachfrageüberschuss problematisch werden könnte. 85 Prozent der Befragten rechnen 2016 mit einer weiteren Verknappung des Immobilienangebots, drei von vier Befragten sehen in diesem Jahr sinkende Renditen.

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