Immobilienboom Wie viel Einkommen brauchen Sie fürs Eigenheim?

Der Traum vom Eigenheim ist für viele kaum noch zu finanzieren. Quelle: imago images

Die Kaufpreise steigen seit Jahren, jetzt auch noch die Kreditzinsen. Wie viel Einkommen ist also nötig, damit der Traum vom Eigenheim Realität wird? Ein Zahlencheck.

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Wohnen in den deutschen Städten ist teuer. Zu teuer für viele. In den Metropolen wie Hamburg, Frankfurt, Stuttgart oder München kosten bestehende Wohnungen selbst im Schnitt über 5000 Euro Kaufpreis pro Quadratmeter, zeigt der aktuelle Immobilienatlas der WirtschaftsWoche. München ist mit 7825 Euro Spitzenreiter – und dieser Mittelwert überdeckt viele noch deutlich teurere Angebote.

Eine Faustregel besagt, dass Immobilienkäufer maximal 40 Prozent ihres monatlichen Nettoeinkommens für die Rückzahlung ihres Immobilienkredits ausgeben sollten. Schon das ist großzügig bemessen. Früher, vor Beginn des Immobilienbooms in den deutschen Städten, sprachen einige Experten von 30 Prozent als Grenze, damit noch genug Spielraum für die sonstigen Lebenshaltungskosten, für unvorhergesehene Ausgaben und Urlaubsreisen bleibt. 

Laut dem Statistischen Bundesamt kam ein Vollzeitbeschäftigter 2020 auf 3975 Euro Brutto im Monat, ohne Einmalzahlungen. Angenommen, eine Familie mit zwei Kindern schafft 1,5 Mal so viel und bekommt noch Kindergeld dazu (je 219 Euro pro Monat). Dann könnte sie nach Steuern und gesetzlichen Sozialabgaben mit etwa 4600 Euro Nettomonatseinkünften rechnen. Dieser Wert ist hoch angesetzt, denn schon der Durchschnittswert des Statistischen Bundesamtes wird von Spitzenverdienern nach oben gezogen. Der mittlere Wert, auch Median genannt – eine Hälfte verdient mehr, eine Hälfte verdient weniger – liegt beim Einkommen in der Regel etwa 20 Prozent unter dem Durchschnitt.

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Dennoch ausgehend von den 4600 Euro an Nettoeinkünften blieben 1840 Euro monatlich für Zins und Tilgung des Kredits, also 40 Prozent der Nettoeinkünfte. Wollte die Familie mit angenommenen 1,5 Prozent Zins in insgesamt 35 Jahren einen Kredit damit tilgen, könnten sie maximal rund 601.000 Euro an Kredit aufnehmen. Der würde sie dann exakt 1840 Euro im Monat kosten, für Zins und Tilgung.

Hätte sie außerdem noch 150.000 Euro an Eigenkapital, könnte sie damit die Kaufnebenkosten (angenommen wurden nur acht Prozent, für Grunderwerbsteuer, Notar und Grundbuch) und wenigstens 14 Prozent Eigenkapitalanteil am Kaufpreis finanzieren. Die Immobilie selbst dürfte damit maximal 695.000 Euro kosten. Samt Kaufnebenkosten würden dann rund 751.000 Euro ausgegeben, also die Summe aus 601.000 Euro Kredit und 150.000 Euro an Eigenkapital.

Viel Geld. Aber eben doch nur ausreichend für 89 Quadratmeter Bestandswohnung in München, 126 Quadratmeter in Frankfurt, 135 Quadratmeter in Hamburg und 139 Quadratmeter in Stuttgart, jeweils ausgehend von den stadtweiten Durchschnittswerten laut Immobilienscout24. Gemessen an den Preisen bestehender Einfamilienhäuser wären in München gar nur 77 Quadratmeter drin – was kaum für ein Haus reichen dürfte. In Stuttgart könnte die gerade noch tragbaren 107 Quadratmeter vielleicht für ein Reihenhäuschen genügen. In Frankfurt und Hamburg wäre vielleicht ein freistehendes Häuschen drin, mit Glück.

Dabei blendet die Berechnung noch viele mögliche Probleme aus. Banken gehen bei ihrer Kreditvergabe nicht vom Kaufpreis als Wert der Immobilie aus, sondern nehmen Risikoabschläge vor. Das eingebrachte Eigenkapital von 150.000 Euro könnte daher unzureichend sein oder zu hohen Zinsaufschlägen führen. Es bliebe sowieso das Risiko, dass der Kreditzins nicht die ganzen 35 Jahre lang bei 1,5 Prozent bleiben könnte. Gleichzeitig könnten aber natürlich auch die Nettoeinkünfte im Laufe der Zeit steigen, was die Kredittilgung erleichtern würde.



Für einen Makler haben wir keine Zusatzkosten angesetzt. Die Höhe der Grunderwerbsteuer hängt vom Bundesland ab. Bei 6,5 Prozent wie in Nordrhein-Westfalen würden die angenommenen nur acht Prozent Nebenkosten kaum hinkommen. Wenigstens in dieser Hinsicht punktet München, wo – wie in ganz Bayern – nur 3,5 Prozent Grunderwerbsteuer fällig werden.

Für eine Überschlagsrechnung können die Werte aber reichen. Und sie zeigen, wie schwierig der Immobilienkauf mittlerweile für weitere Teile der Bevölkerung geworden ist. Obergrenzen – eben das obere Ende der Erschwinglichkeit – können weitere Preisanstiege schwierig machen. Zuletzt sah es so aus, als ob sie mancherorts näherrückten. Ein Beispiel: Während im Schnitt der 50 größten Städte Deutschlands die Kaufpreise im vergangenen Jahr noch einmal um 14 Prozent angezogen haben, waren es im besonders teuren München nur noch fünf Prozent.

Was erschwinglich ist, hängt von der Kaufkraft ab

Für den Immobilienatlas haben wir daher Kaufpreise und lokale Einkommen ins Verhältnis gesetzt. So zeigt sich, wo das Wohnen gemessen an der Kaufkraft der Bewohner noch bezahlbar ist. München, Frankfurt und Stuttgart schneiden hier genauso schlecht ab wie das deutlich günstigere Berlin, wo aber auch die Kaufkraft niedriger ist. In Hamburg und Köln zum Beispiel sieht es schon etwas besser aus. In Düsseldorf wird die Erschwinglichkeit zumindest mit "mittel" eingestuft. Mit hoher Erschwinglichkeit punkten aber kleinere Städte wie Hannover und Braunschweig.

von Philipp Frohn, Martin Gerth, Niklas Hoyer

Selbst innerhalb der Städte kann es bei der Erschwinglichkeit deutliche Unterschiede geben. Um auch diese abbilden zu können, hat die WirtschaftsWoche Kaufkraft-Daten auf Postleitzahlen-Ebene von GfK Geo-Marketing ausgewertet und mit den jeweiligen Kaufpreisen und Mieten in den Stadtteilen der Top-7-Großstädte verglichen. So zeigt sich, dass es in fast jeder der Städte noch einzelne Stadtteile gibt, wo das Wohnen für die dortigen Bewohner erschwinglich bleibt. 

Das können bürgerliche Stadtrandviertel sein, in Hamburg etwa Sasel, Volksdorf oder Bergedorf, in Berlin beispielsweise Spandau, in Düsseldorf die Viertel Wittlaer und Angermund. In München schafft es selbst gemessen an den Einkommen der jeweiligen Stadtteile kein Viertel, noch erschwingliche Preise zu bieten – wenigstens eine mittlere Wertung erhalten Altstadt/Lehel, Ludwigs- und Isarvorstadt sowie die Schwanthalerhöhe. In Frankfurt landet Schwanheim/Niederrad wenigstens bei einer hohen Erschwinglichkeit, eine sehr hohe Erschwinglichkeit gibt es hier genauso wenig wie in Stuttgart. Dort reicht es nur in Stuttgart-Süd für die hohe Erschwinglichkeit.

Da heißt es also auch für die Schwaben: Schaffe, schaffe – und dann mal schauen, ob es für ein Häusle reicht.

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