Krötenwanderung

Her mit den Bauunterlagen!

Anke Henrich
Anke Henrich Freie Autorin, Mittelstands-Expertin

Verkäufer und Bauträger vergessen sie am Ende gerne: Welche Dokumente Bauherren und Hauskäufer brauchen, damit sie im Streit um Bauvorschriften und Gewährleistung nicht blank dastehen.

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Vorsicht vor versteckten Kosten und Mängeln
AusstattungBauträger sind sparsam. Das Material ist vom Billigsten. In der Gästetoilette reicht kaltes Wasser. Jede eingesparte Steckdose ist Reingewinn für den Bauträger. Anschlüsse für Fernseher und Internet gibt es auch nicht standardmäßig. Richtig teuer werden Nachbesserungen im Keller. Wenn bei der Abdichtung gespart wird, lässt sich der Fehler oft kaum noch beheben. "Jeder Vertragsentwurf ist verhandelbar", rät VPB-Präsident Thomas Penningh. Genau festgelegt werden sollten das Material der Kellerwände, die Wärmedämmung, die Ausführung der Lichtschächte und die Abdichtung entsprechend dem vehinterlegten Baugrundgutachten. Quelle: dpa
Lückenhafte AngeboteIn zwei Dritteln der heute üblichen Bauverträge fehlen wichtige Planungsleistungen stellte der Bauherrenverband fest. Interessenten sollten prüfen, ob Statik, Baubeschreibung und Baupläne im Preis inbegriffen sind. Mit der Checkliste des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Wohnungswesen lassen sich die Vertragsangebote systematisch vergleichen. Die Checkliste kann unter www. Kompetenzzentrum-iemb.de heruntergeladen werden. Quelle: dapd
NebenkostenBeim Kauf jeder Immobilie werden zusätzlich Grunderwerbsteuer und Notarkosten fällig. Je nach Bundesland kommen leicht fünfstellige Beträge zusammen. In der Musterrechnung des Bauträgers tauchen diese Kosten selten auf. Wer erst das Grundstück und dann das Haus darauf kaufte, wird sogar zweimal zur Kasse gebeten. Quelle: dpa
FinanzierungManchmal werden nicht nur Haus und Grund, sondern gleich auch die dazugehörige Finanzierung als Paket angeboten. In Sachen Finanzierung sollte aber kein Käufer auf umfassende Preisvergleiche verzichten. Quelle: dapd
SachverständigeWes Brot ich ess', des Lied ich sing', warnt ein altes Sprichwort. Bauherren sollten sich einen Bauberater oder Sachverständigen suchen, der ausschließlich ihre Interessen gegenüber dem Bauträger vertritt. „Ein Berater, der gleichzeitig für den Bauträger oder dessen Zulieferer arbeitet ist parteiisch", warnt VPB Präsident Penningh. Einen allumfassenden Bauherrenratgeber gibt es auch beim Bauherrenschutzbund (BSB). Die Broschüre ist zu bestellen unter www.bsb-ev.de. Quelle: dpa
SchlüsselfertigWerden Grundstück plus schlüsselfertiger Immobilie in einem Vertrag verkauft, muss der Bauträger dafür sorgen, dass der Grund bebaubar und frei von Altlasten ist. Das schützt bei Grundstücken, die schon einmal genutzt wurden vor bösen Überraschungen wie Altöl, krebserregenden Produktionsrückständen oder Verseuchung mit Dünge- und Pflanzenschutzmitteln. Quelle: dpa
EnergiesparvorschriftenDas Gesetz zur Förderung erneuerbarer Energien im Wärmebereich schreibt für Neubauten den Einsatz erneuerbarer Energien vor. Bauträgern und Handwerkern drohen bis zu 50 000 Euro Bußgeld, wenn sie sich nicht an die gesetzlichen Auflagen halten. Weil aber auch der Bauherr zur Verantwortung gezogen wird, sollten Käufer zusätzlich selbst prüfen, ob das Kaufobjekt den Energiesparauflagen genügt. Quelle: dpa

In Deutschland wird gekauft und gebaut, als würde die Finanzkrise morgen auch noch alle Bauplätze in den Abgrund stürzen. Nachdem schon das Geldanlegen mangels Zinsen keinen Spaß mehr macht, erscheinen vielen nun Immobilien als letzter sicherer Hafen fürs Gesparte. Viele Interessenten entscheiden sich für das so genannte schlüsselfertige Bauen. Theoretisch eine gute Lösung, praktisch nicht weniger konfliktbehaftet als eine eigene Planung mit dem eigenen Architekten.

Der Verband privater Bauherren (VPB) weist Immobilieneinsteiger jetzt auf einen Konfliktherd hin, der gerade bei der Hektik zur Bauabnahme und dem – vermutlich verzögertem Umzug – gerne aus dem Auge verloren wird. Wer ein schlüsselfertiges Haus bauen lässt, der bekommt zum Schluss oft nicht alle Pläne und Berechnungen ausgehändigt, die zum Haus gehören, so die Erfahrung des Verbands.

Alles eine Frage der Absprache? Nach vielen Vertragsmustern schulde der Unternehmer als Werkerfolg nur die Herstellung des Hauses, so der Verband. Wie er es herstellt, das ist seine Sache. Im Umkehrschluss gelte: Wenn es vertraglich nicht vereinbart ist, dann muss er auch den Großteil der Bauunterlagen nicht ausliefern. Das Problem ist aber aus Sicht der VPB, dass der Bauherr auch den Behörden gegenüber jederzeit nachweisen können muss, dass beim Bau alle Gesetze und Verordnungen eingehalten wurden.

Der Rat der Bauexperten: Vorab schriftlich vereinbaren, dass der Bauherr spätestens ab Beginn der Baumaßnahme alle Unterlagen rechtzeitig im Zuge des Baufortschritts überreicht bekommt.

Es folgt eine lange Liste: Baugenehmigung beziehungsweise Baufreistellungsunterlagen, Statik mit Positionsplänen, sofern diese schon vorliegen, der gültige Energieausweis und die Entwässerungspläne. Außerdem muss dem Bauherrn das Baugrundgutachten übergeben werden, sofern er es nicht ohnehin selbst beauftragt hat. Sind Förderungen beantragt worden, müssen die dafür erforderlichen Nachweise geliefert werden. Außerdem sollten alle Nachweise, die im Bebauungsplan gefordert werden, wie zum Beispiel Schallschutznachweise, übergeben werden. Wichtig für Wartung und spätere Umbauten sind die Bauausführungs- wie auch die Installationspläne, falls vorhanden. Sofern sie nicht schon bei der Baugenehmigung gefordert worden sind, sollten auch Prüfberichte zur Statik und bautechnische Nachweise in den Besitz des Bauherrn übergehen.

Darüber hinaus sind je nach Bedarf des Bauherrn Qualitätsnachweise für Baumaterialien (Wärmeleitgruppen, „wohngesunde“ Materialien) und - bei Vorbehalten zur Ausführung - allgemeine bauaufsichtliche Zulassungen zu liefern. Zur richtigen Ingebrauchnahme der Haustechnik gehören auch noch Garantieurkunden und Bedienungsanleitungen.

Wer das nicht vorher vereinbart, hat hinterher vermutlich Probleme, falls die Unterlagen nicht freiwillig und rechtzeitig herausgerückt werden. Denn nur dann könne, so der VPB, der Bauherr, beziehungsweise der Käufer oder Erwerber, Druck auf seinen Vertragspartner ausüben, indem er zum Beispiel Zahlungen zurückbehält.

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