Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger Der Anlegerschutz-Verein

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Das verbraucherfreundliche Image der SdK hat auch schon massiv gelitten, vor allem durch den Fall Straub. Im Jahr 2008 warf die Schutzgemeinschaft dem Münchner Unternehmen Wirecard vor, ihre Bilanzen zu verfälschen. Daraufhin brach der Aktienkurs des Unternehmens innerhalb eines Monats um die Hälfte ein. Der Skandal: Einen Monat vor Bekanntgabe der Informationen hatte SdK-Vizechef Markus Straub über Leerverkäufe („short positions“) auf einen fallenden Aktienkurs von Wirecard spekuliert - der Bock wurde zum Gärtner. Nachdem Wirecard Anzeige gegen Straub wegen Marktmanipulation und Insiderhandel gestellt hat, trat dieser zurück.

Konsequenzen aus dem Straub-Skandal

Der Fall sorgte für erhebliche Zweifel an der Unabhängigkeit der Interessenvertretung. Die SdK zog daraus inzwischen Konsequenzen. Zwar dürfen alle Sprecher weiterhin Aktien besitzen. „Wir wollen keine Lehrer, die die Funktionsweise von Aktien und Börse nur aus der Theorie kennen, sondern Experten, die eigene Erfahrungen mit Aktien haben“, erklärt SdK-Sprecher Lars Labryga. Allerdings müssen nun alle SdK-Sprecher unterschreiben, dass sie keine Short-Positionen mehr haben, wenn sie auf einer Hauptversammlung sprechen.

In Straubs Fall wussten seine Vorstandskollegen nichts von seinen Leerverkäufen. Inzwischen gibt es eine neue interne Offenheit innerhalb des Vorstands, so dass jeder weiß, wenn ein Kollege eine Firma ins Gespräch bringt, ob er davon Short-Positionen besitzt oder nicht, heißt es bei der SdK.

Beschwerliche Lobbyarbeit

Schwierig gestaltet sich auch die Einflussnahme auf Gesetzesvorhaben. Dabei sieht man bei dem eingetragenen Verein die Mitwirkung bei der Gestaltung von Gesetzesvorhaben auf dem Gebiet des Aktienwesens und Anlegerschutz als einen der Tätigkeitsschwerpunkte, zumal die SdK seit 2003 dem Bundesverband der Verbraucherschutzzentralen angehört. Wie schwer es aber ist, gegen die Bankenlobby anzukommen, zeigte die Entscheidung des Bundesministeriums für Verbraucherschutz Anfang November, das geplante Gesetz, das Anleger vor unseriösen Finanzanbietern schützen sollte, doch nicht zu verabschieden sondern lediglich Handlungsempfehlungen auszusprechen.

Wie wichtig dieses Gesetz gewesen wäre, weiß man bei der SdK: Dort registrieren sie seit dem Einsetzen der Finanzkrise eine wachsende Nachfrage nach Beratungsangeboten. Viele verunsicherte und enttäuschte Anleger haben den Aktienmarkt bereits verlassen. Neben einer allgemeinen Anlageberatung bietet die Schutzgemeinschaft ihren Mitgliedern eine Rechtsberatung, unterstützt sie in Schadens- oder Prospekthaftungsfällen und führt grundsätzliche aktienrechtliche Verfahren durch. Im Oktober hat die SdK beispielsweise im Namen der Aktionäre der inzwischen vollständig verstaatlichten Hypo Real Estate eine Anfechtungsklage gegen die Enteignung eingereicht.

Heute feiert die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger mit einer Festveranstaltung im noblen Atrium der Deutschen Bank in Berlin ihr fünfzigjähriges Bestehen. Als Gastrednerin war auch Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner eingeladen. Doch die sagte kurzfristig ab. Die Reaktion zeigt, die Kontakte der Interessenvertretung der privaten Aktionäre zur Politik sind noch nicht so gut, wie es sich die SdK wünscht. Und es sagt etwas aus, über die Bedeutung, die Ministerin Aigner der Interessenvertretung der Privatanleger beimisst – obwohl sie sich Anlegerschutz groß auf die Fahnen geschrieben hat.

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