Wenn es um das Vererben und Erben geht, schaut alles wie gebannt auf die Erbschaftssteuer. Je nach Vermögensgröße wird viel Energie auf mancherlei Klimmzüge verwandt, jene zu minimieren. Fachanwälte werden zu horrenden Honoraren bemüht, die letzten Cents an einer möglichen Ersparnis herauszuholen.
Die Auswüchse nehmen dabei zum Teil groteske Züge an. In manchem Industriefamilien-Clan können die Erben Ihren Wohnsitz nicht mehr frei wählen, da das gesamte Steuersparkonstrukt mit Karacho zusammenbrechen würde. Beispielsweise ist ein beruflich bedingter Umzug ins Ausland für einige dieser Erben schlicht und einfach nicht mehr möglich. Was für ein Irrsinn.
Die vererbende Generation zurrt steuerlich getriebene Konzepte zusammen, angeblich zum Wohl der Nachfolgegeneration, und kommt sich dabei richtig clever vor. Dabei bemerken die Altvorderen nicht, wie die künftigen Erben mit geballter Faust in der Tasche nur darauf warten, endlich an den Drücker zu kommen, um das ganze Steuermodell zu kippen. So sind Firmenverkäufe, die man an sich vermeiden wollte, quasi programmiert. Ich kann Ihnen versichern: Akquisitorische Investmentbanker haben da ganze „Sterbelisten“ wichtiger Firmenanteilseigner angelegt und verfolgen die Todesanzeigen sehr genau. Die Uhr tickt.
Schon am 8. Februar 2016 habe ich in meiner Kolumne unter dem Titel: „Wie Sie Ihre Kinder auf ein großes Erbe vorbereiten“ auf die viel tiefer gehende Komplexität des Erbvorgangs hingewiesen. In dem Beitrag habe ich näher ausgeführt, wie die Erbengeneration fachlich und moralisch mit Systematik auf ein bevorstehendes Erbe vorzubereiten ist.
Heute geht es mir um die Verantwortung der Erblasser, also der Menschen, die darüber zu entscheiden haben, wie mit Ihrem Erbe eines Tages zu verfahren ist. Dazu möchte ich Ihnen einige einfache Tipps geben, mit denen Sie Konflikte unter Ihren Erben von vornherein im Keim ersticken können:
Erstens: Hinterlassen Sie keinerlei „Baustellen“.
Es ist leider an der Tagesordnung, dass aus Bequemlichkeit unangenehme Geschichten, wie Rechtsstreitigkeiten, gutachterliche Bewertungen oder ungelöste Konflikte unter Firmengesellschaftern oder -teilhabern auf die lange Bank geschoben werden. Aus meiner Sicht ist das unverantwortlich. Gerade in einer Zeit, in der viele Menschen in den Genuss eines hohen Alters kommen, haben immer mehr Erblasser die Chance, noch zu ihren Lebzeiten „reinen Tisch“ zu machen. Wenn es sich vermeiden lässt, sollte sich die vorangehende Generation die allergrößte Mühe geben, ihren Erben keine angebissenen oder faulen Äpfel zu übergeben.
Zweitens: Vermögensstruktur auf die Erben anpassen
Strukturieren Sie auch schon in jungen Jahren, von Anfang an, Ihr Vermögen in Hinblick auf Ihre Erben. Als Beispiel nehme ich mich mal selbst. Ich habe zwei Erben, das sind meine beiden Söhne. Also ist für mich der „Faktor Zwei“ entscheidend. In der Praxis sieht das folgendermaßen aus:
Gold und Silber, Wald und Land, Geld und Aktien
Gold und Silber
Mein Gold oder Silber lagere ich nicht in einem Schließfach ein. Nein, ich miete gleich zwei Schließfächer. Diese lauten zwar auf meinen Namen, aber ich lege im Testament fest, welches Schließfach an welchen meiner beiden Söhne zu gehen hat.
Entsprechend disponiere ich bei weiteren Goldkäufen alles gleich gewichtet, so dass jedes Schließfach zu allen Zeiten auch gleich viel an Vermögenswerten enthält. Also, immer die gleiche Anzahl an Feinunzen von der gleichen Prägeanstalt oder die gleichen Gewichtseinheiten an Barrengold. Solch eine simple Methodik verursacht mir kaum Mehrarbeit, erspart meinen beiden Erben später Einiges an Umstand und Arbeit. Da muss nichts mehr hin und her bewegt werden, die Schließfächer werden lediglich namentlich umgeschrieben. Dazu brauche ich keine Spezialberater.
Wald- und Landgebiete
Als Value-Investor mit langfristigem Anlagehorizont mag ich Wald- und Landbesitz in Skandinavien. Auch hier achte ich darauf, dass ich auf Dauer zwei ähnlich strukturierte und räumlich klar abgegrenzte „Pakete“ an Flurstücken besitze. Die Parzellen sind fast genau hälftig aufgeteilt, im nördlichen sowie im südlichen Umfeld einer entlegenen Provinzstadt. Ich verfüge im Testament, welcher meiner Söhne welches Paket an Flurstücken erhalten soll. Der eine im Süden, der andere im Norden.
Da die Einstandskosten und Quadratmeter in einem solchen Fall nie exakt bis hinter die Kommastelle im Verhältnis „eins zu eins“ aufteilbar sind, lege ich zeitgleich beim Kauf die entsprechende Ausgleichszahlung des Differenzbetrages für den benachteiligten Erben fest.
Sollten sich meine Söhne dazu entschließen, dennoch die beiden Latifundien gemeinschaftlich zu bewirtschaften, dann werde ich mich im Himmel natürlich freuen. Aber mit meiner Verfügung kann jeder bequem seiner eigenen Wege gehen und mit dem Land machen, was er will. Seinen Bruder betrifft das dann in keiner Weise.
Geld und Aktien
Mit zwei Erben ist für mich auch der Modus des Kaufens und Verkaufens von Wertpapieren vorgegeben. Ich vermeide immer eine ungerade Anzahl an Aktien im Depot. Statt 3.775 Nestlé-Aktien sollten es eben in einem solchen Fall besser 3.776 Aktien sein. Auch diese kleine Maßnahme erspart später den Erben unnötige Rechnerei.
Welchen Bewertungsstichtag nimmt man bei der Berechnung des Spitzenausgleichs im Falle ungerader Stückzahlen bei zwei Erben: Den Todestag? Den Tag, an dem die Erben das Depot schließlich aufteilen dürfen? In der Zwischenzeit hat sich aber in der Regel bei den Aktienkursen viel getan. Und die Zeiträume bis eine Aufteilung freigegeben wird, können lang sein. Es sind ja oft gerade die kleinen Beträge, die das „Fass zum Überlaufen“ bringen und einen unsinnigen Streit entzünden.
Einfamilienhäuser, Kunstgegenstände und Mobiliar
Verfügungen - Einfamilienhäuser
Bei allem illiquiden Besitztum wie Einfamilienhäusern halte ich es für angebracht, möglichst im Detail zu verfügen, wie nach dem Tode des Erblassers zu verwahren ist. Die Erben im Dunkeln zu lassen, was denn eigentlich „im Sinne“ des Verstorbenen ist, kann unnötige Konflikte entfachen.
Neulich habe ich alte Investoren besucht, die auf über 400 Quadratmetern Wohnfläche ihren Altersruhesitz in Norddeutschland genießen. Das Ehepaar lebt dort allein. Ein befreundetes Pärchen residiert gar auf 800 Quadratmetern im Nachbarort. Beide können sich diesen Lebensstil leisten und wollen auch in diesen Verhältnissen ihr Leben beschließen.
Da ihre Erben sich aber den Unterhalt solcher Kolossal-Immobilien nicht leisten können, haben die Alten klar festgelegt, dass nach dem Tode die Häuser emotionslos zu verkaufen sind. Keiner der Erben braucht ein schlechtes Gewissen zu haben, wenn das schöne Haus abgerissen wird und auf dem großen Grundstück Eigentumswohnungen gebaut werden. Diese Einstellung hat mir imponiert. Es ist sicher kein Zufall, dass beide in ihrem Berufsleben sehr erfolgreich waren.
Verfügungen - Kunstgegenstände und Mobiliar
Wer vorausschauend handelt, bespricht am besten auch zu Lebzeiten mit seinen Erben welches Mobiliar, welche Haushalts- und Kunstgegenstände in realistischer Weise übernommen werden sollen. Und was ist mit dem vielen Besitz, der nicht von den Erben erwünscht ist oder nicht übernommen werden kann?
Nun, den genießen Sie in aller Ruhe bis an das Ende Ihrer Tage. In der Schublade und im Testament haben Sie aber - bitte sehr - schon die Adresse und den Ansprechpartner des Auktionshauses beziehungsweise des Entrümplers notiert, der die Verwertung Ihres Mobiliars und Ihrer Kunstgegenstände abzuwickeln hat. Das erspart viel Streit unter Ihren Erben.
Und noch eins zum Thema „Entrümpler“: Am besten bezahlen Sie die Rechnung gleich im vor hinein. Bei der Auflösung des Haushaltes meines Großvaters vor gut 30 Jahren war unsere Überraschung doch einigermaßen groß, dass wir nicht etwa Geld für den gesamten, einst teuer erworbenen bürgerlichen Hausrat erhielten, sondern Einiges zahlen mussten, dass überhaupt jemand bereit war, sich mit all den „wertvollen“ und geliebten Gegenständen zu belasten. Das war keine schöne Erfahrung.