




In meiner Kolumne am vergangenen Montag habe ich über die stark gestiegenen privaten Vermögen der Deutschen berichtet. Heute möchte ich auf die Problematik des Vererbens und Übertragens von Vermögenswerten auf die nächste Generation zu sprechen kommen. Mir geht es nicht um steuerrechtliche Aspekte. Dafür gibt es Steuerberater, Rechtsanwälte und Wirtschaftsprüfer. Es geht um Wichtigeres.
Wohin ich schaue, stelle ich überwiegend Verunsicherung oder gar Hilflosigkeit fest, wenn es darum geht: „Wie und wann sage ich es meinem Kinde?“ Es geht darum, die nachfolgenden Generationen auf die größeren Geldsummen und Kapitalvermögen vorzubereiten, welche ihnen eines Tages zufallen werden. Die Herausforderung liegt auf zwei Ebenen: Zum einen, die jungen Menschen mit dem professionellen Umgang beim Thema Geld - im weitesten Sinne - vertraut zu machen. Und zwar losgelöst von der jeweiligen Berufswahl. Zum anderen, dafür zu sorgen, dass die Kinder - trotz des Erbes – ein eigenes, vernünftiges Leben aufbauen können. Beides unter einen Hut zu bekommen, ist gar nicht so einfach.
Kinder bleiben im Regen stehen
Die Eltern oder Großeltern sind allein gelassen. Patentrezepte gibt es nicht. Jede Familie hat ihre eigene Werteordnung und Weltanschauung. Und auch die Kinder bleiben in der Regel im Regen stehen. In der Schule und an den Universitäten bringt man ihnen nichts zu dem wichtigen Komplex der Finanzen bei. In der Öffentlichkeit ist das Thema Tabu. Und so kommt es, dass mit dem Heranwachsen der nächsten Generation die innere Verkrampfung und die Bauchschmerzen bei den Vermögensinhabern zunehmen.
Zur Person
Nach einer Industriekarriere ist Elsässer seit 1998 selbständiger Value Investor und gründete vor dreizehn Jahren den Value Fonds "ME Fonds - Special Values“ (www.aqualutum.de). Elsässer wuchs in London, Hongkong und Paris auf. Nach Banklehre und Wirtschaftsstudium in Köln arbeitete er in einer Wirtschaftsprüfungs-Sozietät, als Finanzdirektor bei Dow Chemical Deutschland, in Sydney für Benckiser und in Singapur für die Storck Gruppe. Darüber hinaus arbeitete er einige Jahre eng mit dem New Yorker Investor Guy Wyser-Pratte zusammen, mit dem er unter anderem 2001 gegen den Rüstungskonzern Rheinmetall zu Felde zog. Im Jahr 2012 gründete er mit dem Profifußballer Simon Rolfes das Sport-Management Unternehmen Rolfes & Elsässer - The Career Company.
Wann weihen wir unseren Sohn ein? Ab wann sollen wir unserer Tochter die konkrete Größenordnung der Zahlen offenlegen? Wird sie dann überhaupt noch selber sparen wollen, wenn sie um die hohen jährlichen Einkünfte aus Kapitalvermögen weiß? Wie wird sie sich gegenüber ihren Freunden fühlen, wenn sie sich nicht mehr als Gleiche unter Gleichen empfinden wird? Wie macht der Vater einem Volljährigen klar, dass er eine ganz gewisse Art im Umgang mit seinem Vermögen erwartet, wenn er es eines Tages schenkt oder vererbt? Zwingen kann er ihn ja nicht. Wie kann die Mutter sichergehen, dass die erwachsenen Kinder ihre Wünsche – zu ihrem Besten – auch befolgen werden? Fragen über Fragen, die sich da aufhäufen. Es ist ein Dilemma und es dominiert die Sorge, etwas falsch zu machen.
Das Spektrum der Einstellungen zu dieser Thematik ist breit gefächert. Im einen Extrem finde ich häufig die Haltung: „Nach mir die Sintflut“, kombiniert mit Wegducken und „im Dunkeln halten“. Die Generationen gehen sich aus dem Weg. Man scheut das intime Gespräch. Der Faden der Kommunikation ist aus verschiedenen Gründen sowieso gerissen. Also bloß nicht auch noch das Thema der Firmennachfolge und des Kapitalvermögens anschneiden.
Das Resultat ist vorprogrammiert: Ein Leben lang geht die ganze Kraft und Energie in die Arbeit und den Aufbau eines Vermögens. Der Erblasser hat aber bis zum Schluss das ungute Gefühl, sich um den heißen Brei gedrückt zu haben. Die Ungewissheit, was später einmal aus dem Ganzen wird, entwickelt sich im Zeitablauf zur Gewissheit: Je älter man wird, umso mehr stellt sich die Frage nach dem Sinn der Schufterei. Die Erben sind auf nichts vorbereitet. Der Fall „Buddenbrocks“ lässt grüßen.