Noch können Vermögende die Erbschaftsteuer mit einem Trick umgehen, viele haben ein paar Wochen Zeit gewonnen. Eigentlich sollte ein Steuerschlupfloch auf Wunsch des Bundesrates am 26. Oktober geschlossen werden. Aber die schwarz-gelbe Mehrheit im Bundestag kegelte die schärferen Regeln in letzter Sekunde heraus. Überraschend für alle Experten hat der Bundestag die Beschränkung von Gestaltungsmöglichkeiten bei der Erbschaftsteuer nicht in das Jahressteuergesetz 2013 aufgenommen. Aber die Kuh ist damit noch nicht vom Eis.
Jetzt wird das Thema am 23. November erneut im Bundesrat erörtert werden. Wenn er darauf drängt, dass sein Vorschlag noch Eingang in das Jahressteuergesetz 2013 finden soll, muss eine Entscheidung noch vor dem Jahresende im Vermittlungsausschuss fallen. Für Steuerexperten werden das spannende Wochen.
Steuerfreie Übertragung durch Betriebsvermögen
Darum geht es: Bislang müssen Erben auf Betriebsvermögen unter Umständen keine Erbschaftsteuer zahlen. So soll eigentlich sichergestellt werden, dass sie nicht ein Unternehmen verkaufen oder Mitarbeiter entlassen müssen, um Erbschaftsteuer zu zahlen. Doch vermögende Privatleute nutzen die Begünstigung aus: Sie gründen eine gewerblich geprägte Personengesellschaft und übertragen dieser hohe Beträge, die dann als Tages- oder Festgeld auf Firmenkonten liegen (sogenannte Cash-GmbH). Das Geld gilt damit als Betriebsvermögen, das unter Auflagen erbschaftsteuerfrei übertragen werden kann. Die Cash-GmbH lohnt sich für alle, die Millionen an liquiden Mitteln steuerfrei übertragen wollen. Ohne diese rechtliche Konstruktion ist eine Schenkung von Bargeld nur steuerfrei, wenn die persönlichen Freibeträge, die alle zehn Jahre von Neuem genutzt werden können, noch nicht ausgeschöpft sind. Für jedes Kind beträgt der Freibetrag 400.000 Euro, für die Ehefrau 500.000 Euro. Die Schenkungsteuerfreiheit gilt auch für Wertpapiervermögen, die der Schenkende verkauft und den Erlös in eine Cash-GmbH einlegt.
Gestreckte Steuerzahlungen
Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte schon im vergangenen Jahr die Rechtslage kritisiert (II R 9/11). Und der Beirat des Bundesfinanzministerium hatte, nachdem der BFH es um Stellungnahme gebeten hatte, auch geprüft, ob es mittelständische Unternehmen gegeben habe, die durch die Zahlung von Erbschaftsteuern insolvent wurden. Dies war offenbar nie der Fall, denn es gab auch genügend Möglichkeiten, um Steuerzahlungen zu strecken, erinnert sich Ralf Stefan Werz, Rechtsanwalt und Steuerberater in der Kanzlei Taylor Wessing in München.
Hohe Risiken durch Cash-GmbH
Seiner Meinung nach könnte die Ablehnung im Bundestag damit zusammenhängen, dass der Bundesfinanzhof jüngst dem Bundesverfassungsgericht die derzeitige Erbschaftsteuerpraxis erneut zur Entscheidung vorgelegt hat (Aktenzeichen II R 9/11). Die Parlamentarier wollen jetzt offenbar nicht an einer Sache herumdoktern, die nach einer Bundesverfassungsgerichts-Entscheidung doch wieder anders gestaltet werden müsste.
Für Steuergestalter, die in letzer Minute noch eine Cash-GmbH gründen wollen, bestehen allerdings auch sonst noch hohe Risiken: Die Steuerbescheide ergehen nur unter dem Vorbehalt der Nachprüfung – das bedeutet umgangssprachlich, dass das Finanzamt die Steuervorteile streichen kann. Da allerdings nicht in allen Bundesländern die Finanzverwaltung gleichermaßen streng mit dem Thema umgehen muss, besteht für manchen Steuersparer vielleicht ein Anreiz, noch vor einer Änderung etwas zu unternehmen. Zumal sich Richter am Bundesfinanzhof auf Tagungen bereits dahin gehend geäußert haben sollen, dass sie sich vorstellen könnten, das das Cash-GmbH-Modell Bestand haben könnte.
Mancher rechnet allerdings auch schon damit, dass nach einem möglichen Regierungswechsel 2013 auf jeden Fall Änderungen der derzeitigen Praxis durchgeführt würden. Und die SPD könnte das Erbschafts-Thema im Wahlkampf nutzen.