Immobilie und Elternzeit Wann der Fiskus bei der Zweitwohnung hilft

Ausgaben fürs Wohnen rechnet das Finanzamt eigentlich dem privaten Bereich zu. Eine Ausnahme kann die doppelte Haushaltsführung sein – unter Umständen sogar dann, wenn die Wohnung während der Elternzeit nicht selbst genutzt wird.

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Wenn die Zweitwohnung beruflich veranlasst ist, können die Kosten steuerlich geltend gemacht werden. Quelle: dpa

Cottbus Der Immobilienmarkt ist in vielen Städten und Gemeinden Deutschlands angespannt. Wohnungen sind schwer zu finden und die Miete häufig teuer. Deswegen ist es nicht verwunderlich, wenn Arbeitnehmer bestrebt sind, ihren Wohnsitz am Beschäftigungsort zu behalten. Auch dann, wenn sie aus familiären Gründen an einen anderen Ort zieht.

Ob die Kosten für die Wohnung in der Nähe des Arbeitsplatzes steuerlich geltend gemacht werden können, hat nun das Finanzgericht Berlin-Brandenburg geklärt. Im entschiedenen Fall war eine Augenärztin mit unbefristetem Arbeitsvertrag in einer Klinik angestellt und hatte im gleichen Ort eine Zwei-Zimmer-Wohnung. Nach der Geburt ihrer Tochter ging sie in Elternzeit und zog an den Wohnort des Lebensgefährten. Der Plan: Nach dem Ende der Elternzeit wollte die Ärztin wieder auf ihre alte Stelle zurückkehren.

Die Wohnung wollte sie behalten, da am Beschäftigungsort starker Wohnungsmangel herrschte und ihr Apartment preisgünstig war. Ein Auszug und eine spätere Wohnungssuche wären mit erheblichem finanziellen und organisatorischen Aufwand verbunden gewesen. Also vermietete sie die Wohnung zeitweise unter. Später taten sich für die Ärztin andere berufliche Möglichkeiten auf: Sie kündigte ihre Stelle und schloss einen Arbeitsvertrag über eine Vollzeitstelle als wissenschaftliche Mitarbeiterin ab. Die Wohnung kündigte sie daraufhin ebenfalls.

Die Kosten in Höhe von rund 5500 Euro für die Wohnung abzüglich der Einnahmen aus der Untervermietung machte sie als doppelte Haushaltsführung in ihrer Steuererklärung geltend. Das Finanzamt folgte dieser Sichtweise nicht, da die Ärztin zu der Zeit nicht am Ort der Wohnung gearbeitet habe. Aufwendungen für das Vorhalten einer Wohnung seien grundsätzlich nicht als Werbungkosten abziehbar, denn dies gehöre zum Bereich der privaten Lebensführung.

Das Finanzgericht stellte sich auf die Seite der Klägerin (Az.: 3 K 3278/14). Die Richter stuften die Aufwendungen zwar ebenfalls nicht als Kosten für eine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung ein. Schließlich habe die Klägerin im betreffenden Zeitraum in der Wohnung keinen Haushalt geführt und sich dort kaum aufgehalten. Jedoch seien die Ausgaben als Werbungskosten anderer Art abziehbar. Die Ärztin habe die Wohnung ausschließlich aus beruflichen Gründen weiter angemietet. Denkbare andere private Gründe seien allenfalls völlig geringfügig. Die Klägerin habe nicht nur eine vage Aussicht auf ein Arbeitsverhältnis, sondern verfügte über einen unbefristeten Vertrag. Sie hätte daher – hätte sie nicht etwas Besseres gefunden – nach Ende der Elternzeit ohne weiteres dort wieder arbeiten können.


Verfahren geht in die nächste Instanz

Die Richter gestanden außerdem zu, dass der Mietwohnungsmarkt in der Stadt stark belastet sei. Es sei für Interessenten extrem schwierig, überhaupt eine passende Wohnung zu finden: „Außerdem ist jeder Wohnungswechsel in der Regel mit einer höheren Miete verbunden, von den Kosten und Unannehmlichkeiten von Auszug, Wohnungssuche und erneutem Einzug ganz zu schweigen.“

Darüber hinaus argumentierte das Gericht, dass es für Werbungskosten keine abschließende Kategorisierung gebe. Der gesetzlichen Definition nach sind Werbungskosten zuallererst „Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen“. Damit seien hier Werbungskosten gegeben – auch wenn die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung nicht vorlägen.

Die Richter wiesen jedoch darauf hin, dass die berufliche Veranlassung „nicht leichtfertig angenommen werden“ dürfe. Denn Betreffende könnten Wohnungen auch anmieten, um über einen Rückzugsort zu verfügen – oder über eine Zweitwohnung in Städten mit hohem Freizeitwert. Die Finanzverwaltung wird daher auch künftig an ähnliche Fälle einen strengen Maßstab anlegen.

Praxistipp:

Das Finanzgericht hat die Revision nicht zugelassen, doch das betroffene Finanzamt hat dagegen erfolgreich Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (Az.: VI B 69/17). In der Folge geht das Verfahren nun zur nächsten Instanz. In vergleichbaren Fällen sollten Steuerpflichtige sich daher auf das Urteil des Finanzgerichts berufen und das Ruhen des Verfahrens beantragen.

Dieser Artikel erschien zuerst bei unserem Kooperationspartner Haufe.de. Ist dieser Steuertipp interessant für Sie? Weitere Beiträge finden Sie auf dem Haufe-Finance-Portal.

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