Kaum machten die ersten Veröffentlichungen des Netzwerks investigativer Journalisten (ICIJ) zu den sogenannten Paradise Papers die Runde, teilte ein Sprecher des Finanzministeriums mit, man würde es begrüßen, wenn die „Informationen der Finanzverwaltung zur Verfügung gestellt werden“.
Ähnlich wie beim Kauf von Steuer-CDs hat der Fiskus keinerlei Bedenken, die illegal erlangten Daten nach Steuerhinterziehern zu durchforsten. Moralisch hat er dabei die öffentliche Meinung auf seiner Seite.
Unternehmen oder Privatpersonen, deren Namen in den Listen auftauchen, haben im Prinzip nur zwei Optionen: Haben sie sich im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten bewegt, sollten sie dies möglichst schnell nach außen darstellen. Zwar bleibt auch dann ein Makel haften, man habe sich legaler Steuertricks bedient – der Stempel des Steuerhinterziehers lässt sich aber so vermeiden.
Zehn goldene Regeln für die Selbstanzeige
Die Selbstanzeige ist nur strafbefreiend, wenn die Tat noch nicht entdeckt ist. Daher ist Eile geboten.
Quelle: BRANDI Rechtsanwälte
Stand: Oktober 2017
Ist die Tat schon entdeckt, wirkt selbst eine unwirksame Selbstanzeige strafmildernd wie ein Geständnis. Es ist also nie zu spät für die Offenlegung.
Nur wer in vollem Umfang die Steuererklärungen einer Steuerart der letzten zehn Kalenderjahre korrigiert, bleibt straffrei. „Vergessene“ Sachverhalte gefährden die Wirksamkeit der Selbstanzeige.
Mit Abgabe der Selbstanzeige müssen sämtliche hinterzogenen Steuern samt Zinsen und gegebenenfalls Strafzuschlag bezahlt werden. Wer nicht zahlen kann, sollte Alternativen erörtern.
Eine Selbstanzeige erfordert strafrechtliche und steuerrechtliche Erfahrung. Ziehen Sie auf jeden Fall Berater hinzu. Die Tücke steckt im Detail.
Weihen Sie ihren Steuerberater nie in etwaige Steuerhinterziehung ein. Sollte keine Selbstanzeige abgegeben werden können, macht er sich der Beihilfe zur Steuerhinterziehung schuldig, wenn er weiterhin ihre Steuererklärungen bearbeitet, ohne die Hinterziehung offenzulegen.
Eine Selbstanzeige ist meist erst der Anfang. Ohne intensive Verhandlungen mit dem Finanzamt und gegebenenfalls ein gerichtliches Verfahren läuft die Selbstanzeige nur selten ab.
Es sollte genau geprüft werden, ob durch die Selbstanzeige Außenstehende oder etwa Familienangehörige belastet werden. In einem solchen Fall ist ein koordiniertes Vorgehen bis hin zur gleichzeitigen Abgabe der Selbstanzeige ratsam.
Beamten – auch verbeamteten Lehrern – und Angehörigen des öffentlichen Dienstes sowie Berufsträgern wie Ärzten, Rechtsanwälten, Steuerberatern oder Wirtschaftsprüfern droht bei einer Selbstanzeige ein disziplinarrechtliches oder berufsrechtliches Verfahren. Dies kann bis hin zum Verlust von Pensionsansprüchen führen.
Die Finanzverwaltung ist verpflichtet, Kenntnisse über Straftaten wie Korruption oder Geldwäsche an andere Behörden weiterzuleiten. So kann eine Selbstanzeige weiterte Ermittlungen und Anklagen auslösen, selbst wenn die Steuerhinterziehung straffrei bleibt.
Weist die Nennung dagegen auf nicht deklarierte Vermögenswerte hin, sollten die Betroffenen schnell mittels einer Selbstanzeige in die Steuerehrlichkeit zurückkehren. Solange das zuständige Finanzamt die veröffentlichten Unterlagen noch nicht einsehen und mit der Steuererklärung vergleichen konnte, gilt die Tat noch nicht als entdeckt.
Schnelles Handeln ist aber Pflicht, da die gesetzlichen Regelungen und die Rechtsprechung zum Zeitpunkt der „Entdeckung“ einer Straftat deutlich verschärft wurden. Nur, wenn die Tat noch nicht entdeckt war, und der Steuerpflichtige alle anderen, komplexen Voraussetzungen erfüllt (siehe „Zehn goldene Regeln für die Selbstanzeige“), entfaltet die Selbstanzeige ihre strafbefreiende Wirkung.
Ein großer Irrtum besagt allerdings, dass eine Selbstanzeige nach der Entdeckung der Tat nutzlos sei. Das Gegenteil ist der Fall. Zwar ist die Nachdeklaration dann nicht mehr strafbefreiend.
Dennoch werten die Strafgerichte eine Selbstanzeige wie ein Geständnis – und das wirkt zusammen mit der Schadenswiedergutmachung deutlich strafmildernd. Nur uneinsichtigen Steuerhinterziehern, bei denen es um hohe Beträge geht, droht im Ernstfall eine Gefängnisstrafe.
Zum Autor
Rüdiger Hitz ist Partner der Wirtschaftskanzlei BRANDI Rechtsanwälte in Hannover. Schwerpunkt seiner Tätigkeit ist die Beratung und Vertretung von Familienunternehmen und vermögenden Privatpersonen in allen Bereichen des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts und der Tax Compliance. Darüber hinaus hat er sich auf komplexe steuerrechtliche sowie erbschaft- und schenkungsteuerliche Fragestellungen, die Begleitung von Selbstanzeigen und Betriebsprüfungen sowie die Beratung im Zoll- und Außenwirtschaftsrecht spezialisiert.
Paradise Papers klingt wie schon die Panama Papers nach Sonne und Meer. Doch das könnte sich als Ruhe vor dem Sturm erweisen. Die Enthüllungen machen nochmals unmissverständlich deutlich: Selbst dort, wo der internationale Informationsaustausch (noch) nicht greift und dem Fiskus Finanzinformationen aus dem Ausland verborgen bleiben, muss jederzeit mit der Entdeckung einer Steuerhinterziehung auf dem Wege interner oder externer Datenlecks gerechnet werden.
Höchste Zeit also für die freiwillige Rückkehr in die Steuerehrlichkeit.