Produkt-Piraterie EuGH verpflichtet Marktbetreiber zu Kampf gegen Fälschungen

Gefälschte Markenware – oft ein Schnäppchen für preisbewusste Käufer, aber immer illegal. Europas oberste Richter schieben dem Tun der Markenpiraten nun einen weiteren Riegel vor.

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Mitarbeiter des Hauptzollamtes Frankfurt präsentieren gefälschte Markenprodukte. Quelle: dpa

Luxemburg Günstige Klamotten mit Etiketten von Lacoste, Burberry oder Tommy Hilfiger, billige Uhren mit der Markenbezeichnung Rado – in den Prager Markthallen wurden preisbewusste Kunden fündig. Manche Käufer mögen geahnt haben, dass sie hier gefälschte Produkte erwarben. Sie griffen dennoch zu. Ein neues Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) dürfte solche – illegalen – Geschäfte künftig weiter erschweren.

Die EuGH-Richter in Luxemburg stellten in einem EU-weit maßgeblichen Urteil am Donnerstag fest: Ein Marktbetreiber muss gegen Anbieter gefälschter Markenware auf seinem Gelände vorgehen. Die obersten EU-Richter gaben damit den Herstellern von Markenuhren und -kleidung Recht, die gegen den Betreiber des Marktes Prazská trznice in Prag geklagt hatten. Vermieter von Standplätzen können demnach gezwungen werden, von einzelnen Händlern begangene Markenrechtsverletzungen abzustellen und neue Verstöße zu verhindern.

Ein ähnliches EuGH-Urteil gab es schon zu Online-Marktplätzen im sogenannten Fall L’Oréal. Nun hatte Tschechiens oberster Gerichtshof die höchsten EU-Richter gefragt, ob das auch für „physische Marktplätze“ gelte. Und die antworteten: Ja. Die Frage, ob die gefälschte Ware im Internet oder anderen Verkaufsstellen angeboten werde, sei nicht von Bedeutung, „weil der Anwendungsbereich der Richtlinie nicht auf den elektronischen Handel beschränkt ist“.

Die Richter in Luxemburg hoben gleichzeitig hervor, dass die Vorgaben für die Marktbetreiber „nicht nur wirksam und abschreckend, sondern auch gerecht und verhältnismäßig sein“ müssen. Sie dürften „nicht übermäßig kostspielig“ sein und den rechtmäßigen Handel nicht einschränken. Von den Vermietern der Marktstände könne also „keine generelle und ständige Überwachung ihrer Kunden“ verlangt werden. Fallen aber Verstöße gegen Markenrechte auf, müssen auch die Marktbetreiber tätig werden.

Die Hersteller teurer Waren haben damit einen Etappensieg errungen, ihren Kampf gegen Markenpiraten aber noch lange nicht gewonnen. Jüngste vorhandene Zahlen der EU-Kommission wiesen auch für das Jahr 2014 eine Zunahme einschlägiger Fälle auf. Demnach beschlagnahmte der Zoll mehr als 95.000 Sendungen mit verdächtigen Waren, die nach Kommissionsangaben „wahrscheinlich aus Internetverkäufen stammten“. Die entsprechenden echten Produkte hätten demnach mehr als 617 Millionen Euro gekostet.

Von den gut 33 Millionen sichergestellten Artikeln lagen Zigaretten mit 35 Prozent an der Spitze, gefolgt von Spielzeug und Arzneimitteln. China war laut Kommission „das Land, aus dem Waren, die geistige Eigentumsrechte verletzen, hauptsächlich in die EU versandt werden“. Betroffen seien neben den Herstellern der Originale auch getäuschte Verbraucher sowie Arbeitnehmer, die wegen der Produktfälscher womöglich ihren Job verlören.

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