Leerverkäufe Zocken wie die Profis

Das Spiel ist riskant, aber reizvoll: mit geliehenen Aktien auf fallende Kurse wetten. Doch lange Zeit spekulierten nur Profis mit Leerverkäufen. Mit Hilfe von Online-Brokern können jetzt auch Privatanleger einsteigen. Worauf Sie achten müssen.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Privatanleger

Wenn die Aktienkurse in die Tiefe rauschen, würden viele Anleger gern mit den Leerverkäufern in den Hedgefonds tauschen, anstatt sich über tiefrote Zahlen im Depot zu ärgern. Lange Zeit waren Leerverkäufe, das Wetten auf fallende Kurse, ausschließlich eine Spielwiese für Profis. Seit einigen Jahren bieten Online-Broker auch Privatanlegern die Chance, Aktien zu leihen, zu verkaufen und sie später zu einem günstigeren Kurs wieder einzusammeln, um sie dem Verleiher zurückzugeben. Das Spiel ist riskant, aber für erfahrene Anleger durchaus reizvoll, insbesondere bei Werten, für die Banken keine Verkaufsoptionsscheine anbieten.

Verleiher gesucht

Verkäufer geliehener Aktien profitierten vom Kurseinbruch

Bis zu zwei Prozent pro Jahr müssen Anleger für die Leihe von Dax-Werten bezahlen. Zudem müssen sie die Leerverkäufe zu 25 bis 40 Prozent mit eigenem Kapital hinterlegen. Wer sich also für 1000 Euro Aktien leiht, um diese zu verkaufen, muss dem Broker je nach Aktie bis zu 400 Euro Sicherheitspuffer auf dem Konto nachweisen. Nicht für jede Aktie findet sich zudem auch ein Verleiher. Besonders bei kleineren Werten gehen Privatanleger häufig leer aus. „Im vergangenen Jahr hatten wir viele Anfragen für Leerverkäufe auf die BVB-Aktie, nachdem diese bedingt durch die Erfolgsserie des Clubs deutlich zugelegt hatte, aber es fand sich kein Verleiher“, sagt Ingo Hillen, Vorstand des Düsseldorfer Brokers Sino.

Bei größeren Standardwerten ist die Auswahl dagegen nach wie vor groß. Cortal Consors beispielsweise bietet Standardkunden etwa 1700 Aktien für Leerverkäufe an, semiprofessionelle Heavy Trader können sogar bei etwa 20.000 Titeln short gehen.

Vorzeitig geplatzt

Schwer kalkulierbar werden Short-Spekulationen, weil Anleger damit rechnen müssen, dass der Verleiher die Aktien vor dem vereinbarten Termin zurückfordert. „Verleiher wollen wieder selbst über die Papiere verfügen, sobald ihnen die Kursschwankungen zu groß werden“, sagt Lorenz Lübbecke, bei Cortal Consors zuständig für Shortselling. Der Anleger kann sich nicht dagegen wehren und geht im schlimmsten Fall mit einem herben Verlust aus dem Geschäft. „Wenn ein Unternehmen plant, das Kapital zu erhöhen oder im Rahmen einer Fusion einen Aktientausch anzubieten, dann müssen Anleger auf jeden Fall damit rechnen, dass der Leerverkauf vorzeitig platzt“, sagt Lübbecke.

Vorsprung für Profis

Wer short geht, sollte daher den Markt und die Unternehmen ständig im Blick haben. Nicht jede Wette auf fallende Kurse geht tatsächlich auf. Steigt der Kurs der Aktie unerwartet stark an, wird es für den Anleger teuer, weil er sich zu einem ungünstigen Kurs eindecken muss, damit seine Verluste nicht ins Uferlose wachsen. Einfacher haben es die Profis. „Sie können wegen ihres besseren Einblicks in die Unternehmen leichter abschätzen, wie nachhaltig ein Abwärtstrend sein wird“, sagt Arndt Stiegeler, Geschäftsführer der Honorarberatung Best Advice Private Vermögen in München. Zwar seien Insidergeschäfte auch beim Shortselling verboten, aber es sei kaum zu verhindern, dass professionelle Anleger ihren Informationsvorsprung für Investitionsentscheidungen nutzten.

Einsatz verdoppelt

Mutigen mit gutem Timing winken hohe Gewinne. Beispiel: Wer am 27. Juli ThyssenKrupp-Aktien auslieh und verkaufte, bekam an der Börse pro Stück 31,50 Euro gleich 6300 Euro für 200 Stück (siehe Chart). Drei Wochen später hätte er sie für 24 Euro an der Börse zurückkaufen und wieder an die Bank liefern können. Vor Abzug der Kosten lag der Gewinn somit bei 7,50 Euro pro Aktie oder 1500 Euro. Abzuziehen wären beim Broker Sino 1,5 Prozent jährliche Leihgebühr (für drei Wochen 5,50 Euro) plus 75 Euro Ordergebühr, also 80,50 Euro. Unter dem Strich bleibt ein Gewinn von 1419,50 Euro. An Kapital hätte ein Anleger nur die von Sino für Dax-Werte verlangten 25 Prozent Sicherheitsleistung einsetzen müssen, also 1575 Euro (25 Prozent von 6300 Euro).

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%