Renteninformation Kennen Sie Ihre Rentenansprüche?

Renteninformation: Angaben über Ansprüche sind oft unrealistisch Quelle: imago images

In diesen Tagen erhalten Millionen Erwerbstätige die Renteninformation der Deutschen Rentenversicherung. Eine gute Gelegenheit, die Ansprüche zu prüfen. Denn in vielen Fällen sind die Angaben unrealistisch.

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Jedes Frühjahr informiert die Deutsche Rentenversicherung alle Versicherten über den Stand ihrer gesetzlichen Rente. Die Angaben und Prognosen zur Rentenhöhe sollen den Versicherten einen kompakten und realistischen Eindruck vermitteln, wie es um ihre künftige gesetzliche Rente bestellt ist. So soll es leichter fallen, ergänzende private und betriebliche Vorsorge zu kalkulieren.

Tatsächlich gehen jedoch viele mit Abschlägen in Rente oder merken erst dann, dass der erfasste Versicherungslauf fehlerhaft ist -  und somit auch die Prognosen verfälscht. Wie realistisch sind also die gemachten Annahmen für die rund 54 Millionen Beitragszahler und jährlich 1,3 Millionen Neurentner?

So manchen Versicherten verwirren schon die Begriffe. Die Deutsche Rentenversicherung Bund unterscheidet zwischen Renteninformation, Rentenauskunft und Rentenbescheid – und jedes der Dokumente birgt Unsicherheiten oder auch Fehlerquellen, die Berufstätige kennen sollten.

1. Renteninformation – Zwischenstand mit Tücken

Die Renteninformation wird jedes Frühjahr an alle Versicherten verschickt. Darin finden sich Angaben zum Datum des regulären Renteneintritts, der Rentenanspruch bei voller Erwerbsminderung, die Rentenhöhe aufgrund bereits erworbener Rentenansprüche sowie die mögliche Rentenhöhe, wenn weiter Rentenbeiträge eingezahlt werden. Zur künftigen Rentenhöhe aus der Regelaltersrente nennt die das Informationsschreiben gleich mehrere Zahlen. Die Wichtigste davon ist die Rentenhöhe allein aufgrund bereits erworbener Rentenansprüche, die unter "Höhe ihrer zukünftigen Regelaltersgrenze" beziffert ist.

Was steckt dahinter? Wer genau das Durchschnittsgehalt von derzeit 37.103 Euro im Jahr brutto verdient und darauf Beiträge zur Rentenversicherung zahlt (je 9,3 Prozent für Arbeitnehmer und Arbeitgeber) erhält pro Beitragsjahr einen sogenannten Entgeltpunkt. Der entspricht wiederum einer späteren monatlichen Rentenzahlung von 31,03 Euro in den alten Bundesländern und 29,69 Euro in den neuen Bundesländern. Wer mehr verdient, erhält auch proportional mehr Entgeltpunkte. Maximal sind das 2,05 pro Jahr, wenn er in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze verdient, die die Rentenbeiträge nach oben deckelt. Die Beitragsbemessungsgrenze ist derzeit bei einem Monatsbruttoverdienst von 6.200 Euro (West) bzw. 5400 Euro (Ost) erreicht. Wer weniger als der Durchschnitt verdient, bekommt entsprechend nur ein Teil eines Entgeltpunktes. 

Die bislang "erreichte Rentenanwartschaft" nennt also den Teil der Monatsrente, auf den der Versicherte bereits einen gesetzlichen Anspruch erworben hat.

Der höhere Wert, der unter der bereits erreichten Monatsrente steht, ist hingegen eine Prognose und als solche naturgemäß schon unsicher. Diese Prognose unterstellt, dass bis zum Erreichen des Regelrentenalters weiter Beiträge wie bisher eingezahlt werden. Rentenanpassungen bleiben jedoch außen vor.

von Niklas Hoyer, Georg Buschmann, Martin Gerth, Dieter Schnaas, Milena Merten

Prognosewerte für die Monatsrente, die bis dahin erfolgte Rentenerhöhungen berücksichtigen, finden sich in der Renteninformation im Text zur Rentenanpassung. Für den Fall, dass die Renten jedes Jahr um ein oder zwei Prozent erhöht werden, nennt die Rentenversicherung jeweils eine theoretische Monatsrente. Der Schönheitsfehler: Rentenerhöhungen setzen laut Rentenformel noch stärkere Lohnerhöhungen im Bundesdurchschnitt voraus. Und die sind keineswegs selbstverständlich.

Die Prognosewerte sind daher sehr modellhaft. In der Realität gibt es Jahre mit höheren Lohnsteigerungen, sowie immer wieder Jahre mit sehr moderaten Lohnerhöhungen oder Nullrunden. "In meiner Arbeit orientiere ich mich nur an der Zahl für die bereits erworbenen Rentenansprüche ohne künftige Rentenanpassungen", sagt Anke Voss, Präsidentin des Bundesverbands der Rentenberater. "Auf die Hochrechnungen würde ich mich nicht verlassen. Die Renteninformation ist zudem immer nur eine Zeitpunktbetrachtung. Für die endgültige Rentenhöhe ist die Rechtslage bei Rentenbeginn entscheidend." Sollte es also zu Rentenanpassungen durch die Regierung kommen oder Gesetze die Rentenbeiträge und -höhe neu regeln, sind die alten Prognosen Makulatur.

"Jeder zweite Rentenbescheid ist fehlerhaft"

Aber auch die laut Renteninformation bereits erworbenen Rentenansprüche sind nicht in Stein gemeißelt. Denn wer endlich seine Rente beantragt und einen Rentenbescheid erhält, wundert sich oftmals über die bewilligte Rente. "Die meisten unserer Mandanten suchen uns auf, weil sie ihren Rentenbescheid nicht nachvollziehen können und ihn prüfen lassen wollen", verrät Voss. "In der Praxis ist tatsächlich etwa jeder zweite von uns geprüfte Rentenbescheid fehlerhaft. Dabei ist die Rentenberechnung zwar häufig fehlerfrei, aber die hinterlegten Versichertenzeiten falsch erfasst", konstatiert Voss. "Beispielsweise fehlen dann Zeiten für Ausbildung, Kindererziehung oder Auslandsaufenthalte, die in den allermeisten Fällen die Rentenansprüche erhöhen."

2. Rentenauskunft einholen

Gerade nach Ausbildungs-, Studien- oder Erziehungszeiten sowie nach Scheidungen oder dem Tod des Ehepartners rät Voss deswegen dringend zur sogenannten Kontenklärung. Dazu können Versicherte schon in ihren ersten Berufsjahren mit ihrer Sozialversicherungsnummer bei der Deutschen Rentenversicherung ihren Versicherungsverlauf bzw. eine Rentenauskunft anfordern. Das geht inzwischen auch online mit dem Personalausweis mit Online-Funktion. Eine Rentenauskunft ist deutlich umfangreicher als die jährliche Renteninformation und dient auch dem unabhängigen Rentenberater zur Prüfung. Mittelfristig soll die Rentenauskunft sogar alle Vorsorgebausteine enthalten, also auch private Altersvorsorge, etwa mit Riester- und Rürup-Vertrag, oder Ansprüche aus betrieblicher Altersversorgung. Bis es soweit ist, wird es aber noch dauern.

Rentenberater finden oft Unstimmigkeiten in Rentenauskünften. Sind etwa fälschlicherweise Lücken im Versicherungsverlauf, sollten diese mit geeigneten Belegen (Immatrikulationsbescheinigung, Arbeitsverträge, Lohnabrechnungen, usw.) im Rahmen einer sogenannten Kontenklärung geschlossen werden. Häufige Fehler: Ausbildungszeiten werden häufig falsch gewertet, Krankenzeiten bleiben unberücksichtigt, die Einkommensanrechnung bei Hinterbliebenen- und Erwerbsminderungsrenten ist nicht korrekt oder Kindererziehungszeiten sind nicht richtig erfasst.

Es empfiehlt sich, mit der Kontenklärung und notwendigen Korrekturen nicht bis zum Erreichen des Renteneintrittsalters zu warten. Denn Krankenversicherungen, Arbeitgeber und viele andere Stellen müssen geeignete Nachweise nicht ewig aufbewahren, Belege sind mit den Jahren also immer schwerer zu bekommen . "Ist ein Rentenkonto geklärt, ergeht ein Feststellungbescheid und die nächste Renteninformation zeigt die Auswirkungen auf die erworbenen Rentenansprüche", erklärt Voss.

Die Korrektur des Versicherungsverlaufs kann der Versicherte gleich selbst beim Rentenversicherer beantragen oder diese Aufgabe an einen Rentenberater übertragen. Die rechnen übrigens ähnlich den Steuerberatern nach einem Gebührenrahmen ab. Für die Prüfung eines Rentenbescheides sind ungefähr 300 Euro plus Mehrwertsteuer zu kalkulieren.

3. Rentenbescheid – Prüfung und Widerspruch

Spätestens wenn auf einen Rentenantrag hin ein Rentenbescheid vorliegt, sollte der angehende Ruheständler nochmals Versicherungsverlauf und Rentenberechnung prüfen. Seit diesem Jahr sind die Rentenbescheide zwar übersichtlicher, aber auch verkürzt. Die komplette Berechnung schickt die Rentenversicherung nun nur noch auf Anforderung zu. Das sollte aber weder den Versicherten noch einen Rentenberater daran hindern, die maximale Rente aus den geleisteten Beiträgen herauszuholen.

Hat die Deutsche Rentenversicherung Fehler in ihren Berechnungszeiten gemacht, muss sie auch die Kosten für das Widerspruchsverfahren übernehmen, also auch die Kosten für den Rentenberater. Liegt der Fehler woanders, etwa weil Versicherungszeiten nicht korrekt übermittelt wurden, können die Kosten für den Rentenberater steuermindernd in der Steuererklärung geltend gemacht werden.

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