Auch Dirk Pleiter, Sprecher der China-Ländergruppe von Amnesty International kritisiert, dass Folter und Misshandlungen an der Tagesordnung sind. Hinzu komme, dass viele Häftlinge zu Arbeiten gezwungen werden, die ihre physischen Möglichkeiten übertreffen. „Tendenziell sind die Haftbedingungen hart bis sehr hart“, sagt er. "In den chinesischen Gefängnissen gibt es keine humane Behandlung - und die Menschenrechte werden vollkommen vernachlässigt", ergänzt Manyan Ng von der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte. Das liege nicht zuletzt daran, dass "Verbrechern" abgesprochen wird, überhaupt noch ein Mensch zu sein.
Menschenrechtsverletzungen gehören in chinesischen Gefängnissen zum Alltag – wie auch in der chinesischen Gesellschaft. 2013 wurden 2400 zum Tode verurteilte Menschen hingerichtet, mehr als in allen anderen Ländern weltweit. Die Zahl der verhängten Todesstrafen ist allerdings zurückgegangen.
Auch der Deutsche Nils Jennrich war 2013 für über 100 Tage in einem chinesischen Gefängnis. Ihm wurde Zollbetrug in Höhe von 2,2 Millionen Euro vorgeworfen. In einem Interview mit WELT Online beschreibt er einen strengen Tagesablauf, der morgens immer 6.30 Uhr begann und 21.30 endete. „Jeder Häftling muss in der Nacht zwei Stunden mit einem anderen Wache halten. Offiziell, um aufzupassen, dass sich niemand umbringt oder einen anderen attackiert. Tatsächlich aber sind die Zellen so überbelegt, dass die Schlafplätze nicht ausreichen und nicht alle Insassen gleichzeitig liegen können“, sagt er in dem Interview.
Nun sollen auch Politiker zur Abschreckung ins Gefängnis? „Es darf bezweifelt werden, dass mit solchen Maßnahmen die grassierende Korruption in der Volksrepublik China wirksam bekämpft werden kann“, sagt Pleiter von Amnesty International. Dies habe eher den Charakter einer Aktion, mit der "entschlossenes Handeln" demonstriert werden soll. Wichtiger wären Schritte in Richtung einer wirksamen unabhängigen Kontrolle der Regierungen auf unterschiedlichen Ebenen.
Für einen der Beamten hat der Besuch im Gefängnis allerdings Wirkung gezeigt. "Ich werde es als Lektion nehmen und mich stets vor falschem Verhalten hüten", sagte ein Gemeindevorstand nach dem Gefängnisbesuch laut „Financial Times“. In den sozialen Netzwerken Chinas zeigt sich ein anderes Bild: "Für die ist es doch bloß eine Mottoparty", schreibt einer der Nutzer. „Sie denken alle sowieso nur daran, auf welches Bankett sie gehen, nachdem sie ihr Gewissen bereinigt haben.“
Damit dürfte die Online-Gemeinde nicht ganz falsch liegen, denn Politiker, die in der Vergangenheit verurteilt wurden, hatten auch im Gefängnis einen privilegierten Status und waren in speziellen Gefängnissen inhaftiert. Keine Spur von Enge, Folter und fehlender Humanität, wie sonst üblich.