Brett Kavanaugh Was Trumps neuer Richter für die Wirtschaft bedeutet

Brett Kavanaugh Quelle: dpa

Brett Kavanaugh gilt wegen seiner Skepsis gegenüber staatlichen Regulierungen als konservativer Richter. Mit ihm im Amt könnte der Oberste Gerichtshof so unternehmerfreundlich werden wie seit Jahrzehnten nicht.

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Das Weiße Haus verlor keine Zeit. Schon am Dienstag Vormittag, nur wenige Stunden nachdem US-Präsident Donald Trump Richter Brett Kavanaugh als seinen Kandidaten für den freiwerdenden Sitz am Obersten Gerichtshof der USA nominierte, begann die Regierungszentrale, um Unterstützung für den 53-jährigen Juristen zu werben. Vor allem die Business-Community soll helfen, dass die Nachbesetzung trotz knapper republikanischer Mehrheit im Senat problemlos über die Bühne geht.

Kavanaugh habe sich in seiner Karriere stets gegen „Überregulierung“ eingesetzt, heißt es in einem Schreiben an einflussreiche Unternehmensvertreter, aus dem das US-Medium Politico zitiert. Auch habe der Richter dabei geholfen, „die zerstörerischsten neuen Umweltregeln von Präsident Obama“ abzuräumen und unabhängige Regulierungsbehörden einzuschränken. Kavanaugh, so die Botschaft, ist gut fürs Geschäft.

Tatsächlich demonstrierte der Jurist in seinen zwölf Jahren am Bundesgericht für den Bezirk von Washington D.C. mit Blick auf staatliche Regulierung eine gehörige Portion Skepsis. In zahlreichen Entscheidungen stimmte er gegen staatliche Vorgaben, zumeist mit der Begründung, die Behörden hätten ihre Kompetenzen überschritten.

Es ist eine höchst politische Richterstelle: Der US-Supreme-Court gibt die Auslegung der US-Verfassung vor. Der 53-jährige Brett Kavanaugh hat nun wohl Jahrzehnte Gelegenheit, seinen Einfluss geltend zu machen.

So kam Kavanaugh im Jahr 2014 zu dem Schluss, die Umweltbehörde EPA müsse auch die Kosten für Kraftwerkbetreiber im Blick behalten, wenn sie etwa neue Grenzwerte für Schadstoffe wie Quecksilber festlege. Es sei „unvernünftig“, dass die Behörde dies bislang nicht getan habe, schrieb er, zumal die in Frage stehenden neuen Auflagen Mehrkosten von fast zehn Milliarden Dollar für Energierunternehmen bedeutet hätten.

Die Behörde könne selbstverständlich zu dem Ergebnis kommen, dass der Nutzen den finanziellen Aufwand rechtfertige, „aber es ist ein Problem, dass die EPA die Kosten nicht einmal in ihre Abwägung einbezogen hat“, so Kavanaugh. Am Bezirksgericht wurde er mit dieser Argumentation noch überstimmt. Als sich der Oberste Gerichtshof der Frage jedoch ein Jahr später annahm, machte sich die Mehrheit der Richter Kavanaughs Sichtweise zu eigen. Die EPA verlor den Fall.

Auch andere Regulierungsbehörden bekamen die Skepsis des Juristen bereits zu spüren. Im Mai des vergangenen Jahres knöpfte er sich die Kommunikationsagentur FCC vor. Unter Präsident Obama war diese angewiesen worden, Netzneutralität von Internetanbietern zu verlangen und diesen Anspruch durchzusetzen. Dies sei „ungesetzlich und muss aufgehoben werden“, fand hingegen Kavanaugh.

Die FCC habe nicht das Recht, den Unternehmen solche Vorgaben zu machen, schrieb er. Der Kongress habe die Behörde nicht explizit mit dieser Aufgabe betraut. Auch verstieße die Vorgabe gegen die in der Verfassung garantierte Meinungsfreiheit der Unternehmen. Der erste Verfassungszusatz verböte es, Internetbetreibern Vorschriften zu machen, welche Inhalte sie transportieren wollten und welche nicht. Auch mit dieser Haltung wurde Kavanaugh am Bezirksgericht überstimmt.

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75 Mal entschied Kavanaugh gegen staatliche Regulierungen

Gerade der erste Teil seiner Begründung zeigt, wie Kavanaugh an Regulierungsfragen herangeht. Steht eine mögliche staatliche Einschränkung nicht explizit im Gesetzestext, ist sie aus seiner Sicht unrechtmäßig. „Er ist äußerst skeptisch, wenn Behörden Kompetenzen entdecken, von denen vorher niemand dachte, dass sie sie haben“, so Rechtsprofessor Jonathan Adler zum Wall Street Journal. Dieser Sichtweise folgt er konsequent. Insgesamt 75 Mal habe er bisher für das Aufheben staatlicher Regulierungen gestimmt, rechnet das Weiße Haus vor.
Kavanaughs Regulierungskritik kann sich jedoch nicht nur gegen konkrete Maßnahmen einer Behörde richten, sondern auch gegen die grundsätzliche Struktur. Das zeigte sich in seiner Ablehnung des Consumer Financial Protection Bureau (CFPB), einer Regulierungsbehörde für Finanzmarktprodukte, die von der Obama-Regierung als Reaktion auf die Finanzkrise ins Leben gerufen wurde.

Das CFPB wird nicht von einem Ausschuss, sondern von einem einzelnen Direktor geleitet, der über weitreichende Kompetenzen verfügt. Zu weitreichend, befand Kavanaugh. Die „enorme Machtkonzentration auf einen einzigen Direktor, der niemandem Rechenschaft schuldig ist und von niemandem in Schach gehalten werden kann“ sei nicht nur eine Abweichung von historischer Praxis, sondern stelle auch ein „großes Risiko für Machtmissbrauch und die Einschränkung individueller Freiheitsrechte“ dar.

Die oppositionellen Demokraten sehen in Kavanaugh auch wegen seiner Regulierungsskepsis höchst kritisch. Seine Nominierung „könnte die Zusammensetzung des Obersten Gerichts zu Gunsten mächtiger Partikularinteressen“ verändern, so Chuck Schumer, Minderheitenführer im US-Senat. Er wolle alles Mögliche versuchen, um Kavanaughs Bestätigung zu verhindern. Gut stehen seine Chancen dafür allerdings nicht. Die Demokraten verfügen kaum über Instrumente, um die Berufung aufzuhalten.

Tatsächlich dürfte die Verschiebung eher gering ausfallen. Auch der bisherige Richter Anthony Kennedy stimmte größtenteils mit den anderen konservativen Juristen am Obersten Gerichtshof – und urteilte so zumeist für die Interessen von Unternehmern, gegen staatliche Regulierung. Es gab allerdings einige Ausnahmen, etwa in Fragen der Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt. Hier erwarten Beobachter, dass Kavanaugh eher der Sichtweise der anderen konservativen Richter zuneigt. Es spricht also viel dafür, dass der künftige Oberste Gerichtshof der Business-freundlichste seit Jahrzehnten sein wird.

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