Brexit-Vorbereitungen Unterhaus warnt vor Grenzchaos am Brexit-Tag

Keine neuen Grenzanlagen, keine IT-Systeme - die britische Regierung ist laut einem Unterhausbericht hoffnungslos unvorbereitet auf den Brexit-Tag. Das Parlament fordert dringend Abhilfe. Im No-Deal-Szenario drohe Chaos.

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In Irland demonstrieren Grenzgemeinden mit Protestschildern. Konkrete Pläne für Grenzanlagen habe das Koordinierungsgremium wohl ohnehin noch nicht; die irischen Übergänge gehören nicht zu seiner Zuständigkeit. Quelle: dpa

London Die britische Regierung nimmt den Brexit nicht ernst genug, die Vorbereitungen für den Tag X sind daher mangelhaft. Zu diesem Schluss kommt ein Bericht des Haushaltsausschusses des Unterhauses, der am Freitag veröffentlicht wird. Die Abgeordneten mahnen an, die Notfallpläne für einen ungeordneten Brexit zu beschleunigen.

„Wir sind sehr besorgt, dass die Annahmen der Behörden riskant sind“, heißt es in dem Bericht. Die Regierung plane keine neuen Grenzanlagen und Lastwagen-Parkplätze bis März 2019 und gehe davon aus, dass neue IT-Systeme zu dem Stichtag noch nicht funktionsfähig seien. Sie verlasse sich zu sehr darauf, dass es eine Übergangsperiode geben werde, in der man diese Mängel abstellen könnte, kritisieren die Abgeordneten.

„Besonders in einem No-Deal-Szenario könnte die Grenze am Tag eins nach dem Ausstieg Risiken ausgesetzt sein“, heißt es weiter. Mit „no deal“ wird ein Scheitern der Brexit-Gespräche in Brüssel bezeichnet. Es gäbe keine Übergangsperiode und kein Anschlussabkommen, Großbritannien würde über Nacht zum Drittstaat.

Schatzkanzler Philip Hammond hat angekündigt, in den kommenden zwei Jahren drei Milliarden Pfund für die Brexit-Vorbereitungen zur Verfügung zu stellen. Bis zu 5.000 Mitarbeiter sollen bei der Finanz- und Zollbehörde eingestellt werden, der Grenzschutz soll 300 zusätzliche Beamte bekommen.

Der Ausschuss hält diese Pläne für ungenügend. 2016 habe die Regierung 16,3 Millionen Einreiseentscheidungen getroffen und 55 Millionen Zollerklärungen geprüft, heißt es in dem Bericht. Nach dem Ausstieg aus der EU könnten diese Zahlen um 230 Prozent beziehungsweise 360 Prozent nach oben schnellen.

Wie viel mehr Kontrollen anfallen, hänge auch von der künftigen Handelsbeziehung zwischen Großbritannien und der EU ab, räumen die Autoren ein. Es sei aber riskant anzunehmen, dass sich am Brexit-Tag nichts ändern werde.

Die Abgeordneten zeigen sich alarmiert, dass die Regierung offenbar nicht unter Hochdruck an den Brexit-Plänen arbeitet. Das Koordinierungsgremium für die Grenze, in dem 21 Behörden vertreten sind, habe sich seit März nur sieben Mal getroffen, bemängeln sie. Wichtige Fragen wie die irische Landgrenze mit ihren 300 Übergängen seien noch überhaupt nicht diskutiert wurden, weil sie außerhalb des Auftrags des Gremiums lägen. Ein Behördenvertreter habe eingeräumt, dass die Grenzkontrollen im Fall eines ungeordneten Brexit „in keinster Weise optimal“ wären.

Das Resümee der Abgeordneten fällt vernichtend aus: Die Regierung habe eine „armselige Bilanz“ bei der Umsetzung von neuen Grenzprogrammen. „Wir sind daher skeptisch, dass sie der Herausforderung der Nach-Brexit-Grenze gewachsen sind, beginnend mit der Frage, ob sie genug Leute haben, um sie zu managen“.

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