Covid-19 Umstrittene Impfstoffstudie: Forscher wollen Gesunde mit dem Coronavirus infizieren

Forscher in Großbritannien wollen gesunde Menschen zwischen 18 und 30 Jahren infizieren. Was die Suche nach einem Impfstoff beschleunigen soll, wirft ethische Fragen auf.

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46 Impfstoffkandidaten werden bereits am Menschen erprobt. Quelle: dpa

Bei einem umstrittenen Experiment sollen gesunde Menschen im Dienste der Wissenschaft mit dem Coronavirus Sars-CoV-2 infiziert werden. Die Vorbereitungen für den Versuch seien angelaufen, teilte das Imperial College London am Dienstag mit. Die Forscher erhoffen sich, dass sie dadurch schneller einen Impfstoff gegen das Virus finden, das eine weltweite Gesundheitskrise mit mehr als 1,1 Millionen Toten ausgelöst hat.

Beginnen soll die Studie im Januar in einem speziellen Isolierbereich des Royal Free Hospital in London. Die Teilnehmer seien zwischen 18 und 30 Jahren alt – und würden anschließend ein Jahr lang beobachtet, um Langzeitfolgen auszuschließen. Erste Ergebnisse würden dann im Mai erwartet – zunächst muss die Studie aber noch genehmigt werden.

Unumstritten ist sie nicht. Solche sogenannten Human-Challenge-Studien werfen immer ethische Fragen auf. Zudem könnte es bis Mai bereits einen oder mehrere zugelassene Impfstoffe geben.

46 Impfstoffkandidaten werden bereits am Menschen erprobt. Bei elf davon sind die Tests weit fortgeschritten. Ergebnisse werden teils noch in diesem Jahr oder zum Beginn des nächsten erwartet.

Aber der Kampf gegen die Pandemie wird aus Sicht von Experten nicht mit einem einzelnen Stoff gewonnen: Es brauche eine ganze Reihe von Maßnahmen, um die Pandemie unter Kontrolle zu bringen, glaubt Michael Jacobs, Facharzt für Infektionskrankheiten.

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Die Herangehensweise sei riskant, verspreche aber, schneller Ergebnisse zu liefern als eine Studie, bei der man darauf warte, dass vorbehandelte Probanden zufällig erkrankten, argumentieren auch andere Befürworter. Bislang wurde die Methode etwa bei der Suche nach Impfstoffen für Typhus, Cholera und Malaria angewandt.

In einer ersten Phase soll ermittelt werden, wie stark ein Mensch dem Erreger Sars-Cov-2 mindestens ausgesetzt sein muss, um zu erkranken. Dafür sollen 90 bezahlte Studienteilnehmer über Nasentropfen mit dem Virus in Kontakt kommen. Anschließend wollen die Forscher auf die gleiche Weise prüfen, wie Impfstoffkandidaten im Körper wirken, welche Immunantwort sie auslösen und wie Behandlungskonzepte aussehen könnten.

„Es gibt so viel, was wir bezüglich Immunität, der Dauer des Impfschutzes und Reinfektionen lernen können“, kommentierte die Chefin der britischen Impfstoff-Taskforce, Kate Bingham. Die Regierung rechnet mit Ausgaben von 33,6 Millionen Pfund (37,1 Millionen Euro) für die Studie.

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