Demokratiebewegung Erneut zahlreiche Demonstranten in Weißrussland festgenommen

Mindestens 36 Ärzte sind verhaftet worden, weil sie an einer Protestveranstaltungen teilgenommen haben. Die Opposition übt scharfe Kritik daran.

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Die Festnahme der Mediziner mitten in der Coronakrise könnte nach Ansicht der Opposition eine Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung bedeuten. Quelle: Reuters

Die Polizei in Weißrussland hat bei Protesten von Ärzten gegen Machthaber Alexander Lukaschenko Dutzende Menschen festgenommen. Die Mediziner hatten am Samstag bei einer nicht genehmigten Aktion gegen Lukaschenko demonstriert. 36 Menschen seien in Gewahrsam gekommen, wie das Menschenrechtszentrum Wesna auf seiner Internetseite „spring96.org“ mitteilte. Auch bei Protesten von Frauen gegen Lukaschenko gab es am frühen Nachmittag mehrere Festnahmen.

Die Bürgerrechtlerin Swetlana Tichanowskaja lobte in ihrem Exil in der EU die friedliche und mutige Aktion der Ärzte. Sie warf den Behörden vor, mit der Festnahme von medizinischem Personal in der Corona-Pandemie die Gesundheit der Menschen zu gefährden. Wegen Streiks und Protesten waren Ärzte auch entlassen worden. Lukaschenko opfere das Leben der Menschen, um sich selbst an der Macht zu halten, sagte Tichanowskaja. An diesem Sonntag werden bei neuen Protesten in Minsk wieder Zehntausende Menschen erwartet.

Einmal mehr warf Tichanowskaja den Behörden auch vor, das wahre Ausmaß der Coronakrise zu verheimlichen. Offiziell wurden am Samstag 997 Neuinfektionen und 3 Todesfälle gemeldet. Insgesamt sollen seit Beginn der Pandemie 105.283 Menschen infiziert worden sein. Die Zahl der Toten wurde mit 1004 angegeben.

Der 66-jährige Lukaschenko zeigte sich an dem Feiertag am Samstag in bester Stimmung und eröffnete in Ostrowez das erste Atomkraftwerk des Landes, das vom EU-Nachbarn Litauen als Gefahr für die Region kritisiert wird. Zudem wurde in Minsk die dritte Metrolinie mit mehreren Stationen in Betrieb genommen.

Lukaschenko versprach den Bürgern eine blühende Zukunft - am 7. November wird in dem Land wie zu Sowjetzeiten der Sieg der Sozialistischen Oktoberrevolution von 1917 gefeiert. Erstmals vermied es Lukaschenko dabei, seinen Landsleuten zur Revolution zu gratulieren - wohl mit Blick auf den Aufstand gegen ihn im eigenen Land, wie das Portal „tut.by“ bemerkte.

In Belarus kommt es seit der umstrittenen Präsidentenwahl am 9. August immer wieder zu Protesten gegen Lukaschenko. Er hatte sich mit 80,1 Prozent der Stimmen nach 26 Jahren an der Macht erneut zum Sieger erklären lassen. Die Opposition sieht dagegen Tichanowskaja als wahre Gewinnerin an. Der Machtapparat geht immer wieder brutal gegen friedliche Demonstranten vor. Es gab mehrere Tote, Hunderte Verletzte und Tausende Festnahmen.

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