Ecuador wirbt um Touristen und Investoren Aufbruch am Äquator

Ecuador leidet unter der Stärke des US-Dollars und dem Preisverfall des Öls. Das kleine südamerikanische Land wirbt nun verstärkt um Touristen und Investoren. Sollten Deutsche dem Ruf folgen?

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In der ecuadorianischen Hauptstadt Quito hoffen die Menschen auf Investoren. Quelle: REUTERS

Ecuadorianer sind gut gelaunt, gastfreundlich – und bescheiden. Über die Argentinier, die sich spätestens seit der Ernennung von Papst Franziskus für das gelobte Land halten, schüttelt man ebenso den Kopf wie über die zu den Extremen neigenden Nachbarn aus Brasilien. Das Problem: Das eigentlich sympathische Understatement ist im globalen Wettbewerb um Touristen, Unternehmen und Investoren ein Problem.

Kaum einer in Europa kann mit Ecuador etwas anfangen. Deutsche Firmen sind in Peru und Chile aktiv (und natürlich in Brasilien), Touristen zieht es – wenn sie nach Südamerika reisen – an die Copacabana oder vermehrt nach Kolumbien. Ecuador bleibt außen vor, dabei hat das Äquatorland viel zu bieten.

„Wir sind das bestgehüteste Geheimnis Südamerikas“, sagt Patricio Gaybor mit einem Mix aus Stolz und Bedauern. Die Altstadt Quitos mit seinen Kathedralen, Museen und restaurierten Gassen wurde 1978 als erste Stadt überhaupt zum Unesco-Weltkulturerbe ernannt. Deutsche Städte wüssten mit diesem Titel zu punkten wissen; Ecuador muss das erst lernen. „Wir wollen offensiver mit unseren Stärken umgehen“, kündigt Gaybor, der technische Direktor der Tourismusbehörde der Hauptstadt, „Quito Tourismo“ an – und berichtet von der barocken Architektur im Stadtkern, süßen Bananen, Papayas und Drachenfrüchten sowie den kurzen Wegen an die Pazifikküste.

Doch es bleiben – vor allem für deutsche Touristen – logistische Probleme. Vor zwei Jahren wurde zwar der neue Flughafen von Quito eröffnet. Bisher gibt es aber keinen Direktflug von Deutschland nach Ecuador. „Wir suchen das Gespräch mit den Fluglinien, aber die Verhandlungen sind schwierig“, gibt Gaybor zu. Mit den Niederlanden sei man schon weiter; KLM fliegt direkt aus Amsterdam nach Quito. „Wir hoffen auf Nachahmer-Effekte“, sagt Gaybor.

Starker US-Dollar erschwert dem Land das Leben

Als weiteres Hindernis, insbesondere für europäische Touristen, erweist sich die Stärke des US-Dollars. Ecuador hat 2000 nach dramatischen Inflationszahlen seine eigene Währung, den Sucre, abgegeben und den US-Dollar adoptiert. Der Preisverfall wurde gestoppt. Der Nachteil: Das Land hat seine Geldpolitik aus der eigenen Hand gegeben – und kann nur zuschauen, wie sich der Urlaub für Deutsche, Niederländer und Briten von Monat zu Monat verteuert. Während die US-Wirtschaft den Anstieg des US-Dollars gegen andere Währungen verkraften kann, ächzt Ecuador unter der Wucht des Greenbacks. Erschwerend kommt der Preisverfall beim Öl hinzu.

„Ecuador war und ist traditionell vom Erdölexport abhängig. Der Anteil der Ölerlöse an den Staatseinnahmen betrug in den vergangenen Jahren um die 30 Prozent“, sagt Anne Litzbarski von der Außenhandelsgesellschaft gtai. Mit den Einnahmen konnte das Land umfangreiche staatliche Investitionen tätigen. Die Zeiten sind nun vorbei. Alleine von Januar bis Juli diesen Jahres hat Ecuador ein Handelsbilanzdefizit von 1,4 Milliarden US-Dollar aufgebaut, der größte Fehlbetrag in diesem Zeitraum seit 1996.

Die Folge: Ecuador wirbt stärker denn je zuvor um ausländische Unternehmen. Die Regierung legte Regierung einen Katalog von 94 Investitionsmöglichkeiten vor. Bis zu 37 Milliarden sollen in der Industrie, in der Energie- und Wasserwirtschaft, im Tourismus und in der Ölförderung ausgegeben werden, über 80 Prozent des Geldes sollen aus dem Ausland kommen. Sollen Deutsche dem Ruf folgen?

Investitionen in Erneuerbare Energien

Laut Anne Litzbarksi könnten sich Engagements in dem südamerikanischen Land durchaus lohnen. „Für deutsche Investoren ist besonders die Energiebranche interessant, die das Land derzeit umstrukturiert“, so die Außenhandelsexpertin. Bis 2020 sollen 86 Prozent des Stroms aus Wasserkraft und weitere acht Prozent aus anderen erneuerbaren Energieträgern stammen. „Die Regierung subventioniert die Projekte; das Land stellt Geld bereit und bietet eine Befreiung von Einfuhrzöllen und Steuern an“, sagt Litzbarski. „Aufgrund der Förderung durch einen Einspeisetarif sind die Erneuerbaren Energien inklusive kleiner Wasserkraftanlagen interessant.“ Die Deutschen seien willkommen, genießen sie doch einen guten Ruf in Südamerika. „Man hat längst erkannt, dass Deutschland im Bereich der Erneuerbaren Energien ein Know-How aufgebaut hat, von dem auch die lateinamerikanischen Länder profitieren können.“

Ecuadors Präsident Rafael Correa (links) wirbt um Investoren. Bisher allerdings haben ausländische Unternehmen immer wieder über Probleme geklagt. Quelle: AP

Die klimatischen Bedingungen für den Einsatz der Erneuerbaren jedenfalls stimmen. Im Andenhochland, Quito ist die höchstgelegene Hauptstadt der Welt und liegt gut 2850 Meter über dem Meeresspiegel, blasen starke Winde. Gleichzeitig brennt die Sonne aufgrund der Äquatorlage senkrecht auf den Boden – oder bestenfalls auf die Solarmodule. „Vergessen sollte man auch nicht, dass die Erdwärme in einer Region voller Vulkane noch nicht ansatzweise ausgeschöpft wird“, ergänzt Litzbarski.

Als wolle er auf sich aufmerksam machen, ist der „Cotopaxi“, vor den Toren Qutios, nach 75 Jahren Pausen derzeit wieder besonders aktiv. Dunkle Rauchwolken treten aus dem fast 6000 Meter hohen Vulkan; die Regierung sperrte die Region um den Vulkan.

Bilder von dem beeindrucken Naturschauspiel, aber auch aus dem Alltag in Quito, finden sich in den Sozialen Netzwerken zuhauf. María Dolores Brito, Marketingprofessorin an der ”Universidad San Francisco de Quito“ berät die Stadt, wie sie von den Fotos und Videos der jungen Ecuadorianer profitieren kann. „Das ist beste Werbung, wenn man sie sinnvoll einsetzt“, sagt sie. Unter einem gemeinsamen Hashtag (Quiteando) bündelt die Kommune nun die Beiträge; zusätzlich werden eigene Aspekte gesetzt und Preise für besonders kreative Bilder aus Quito ausgelobt. „Wir wollen unser Land auf eine coole Art und Weise zeigen“, sagt Brito. Stadt und Land müssten eine Nische im Kampf um Investoren und Touristen suchen und finden.

Was in der Wirtschaft die Energiebranche ist, könnte im Fremdenverkehr der Öko-Tourismus sein. „Wir können im Massentourismus nicht bestehen. Wir brauchen etwas Besonderes“, so die Professorin. Dass in Quito aufgrund der Höhenluft der wohl schwierigste Marathon der Welt stattfindet, dass der lokale Fair-Trade-Kaffee und die handverarbeitete Schokolade zu den besten der Welt gehört, und die Vulkane für beeindruckende Naturschauspiele sorgen: das alles könne Menschen nach Ecuador locken. Und natürlich die Gastfreundlichkeit und Bescheidenheit der Einheimischen.

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