Erster EU-Gipfel ohne Großbritannien „Ich erwarte das klare Signal, dass wir zusammenbleiben“

Erstmals sitzen die Briten an diesem Freitag nicht mit am Gipfeltisch der Europäischen Union. Denn sie wollen nach dem Brexit-Votum die EU verlassen. In Zeiten der Krise stecken sich die 27 Teilnehmer hohe Ziele.

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Der EU-Parlamentspräsident fordert beim Gipfel ein Signal der Geschlossenheit. Quelle: AFP

Brüssel/Bratislava Führende Europa-Politiker erhoffen sich vom Sondergipfel an diesem Freitag wichtige Impulse für eine Modernisierung, mehr Zusammenhalt und Handlungsfähigkeit der EU. „Ich erwarte von der Gemeinschaft der 27 das klare Signal, dass wir zusammenbleiben, trotz der Probleme und Streitthemen“, sagte EU-Parlamentspräsident Martin Schulz dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“. Das wäre in der aktuellen Lage schon ein Erfolg, sagte der SPD-Politiker.

Bei dem eintägigen Gipfel in der slowakischen Hauptstadt Bratislava soll es um die Zukunft der Union gehen. Nach dem Brexit-Votum zum Austritt aus der EU nimmt Großbritannien erstmals nicht mehr teil. Bei einem Telefonat zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem griechischen Regierungschef Alexis Tsipras sei es am Donnerstag auch um Fragen der Sicherheit und der Wirtschaft sowie um die Flüchtlingskrise gegangen, teilte das Büro von Tsipras mit.

Schulz äußerte sich tief besorgt über den Zustand der EU. „Eine zunehmende Zahl von Menschen erklärt für falsch, was in den letzten Jahrzehnten in Europa erreicht wurde. Sie wollen zurück zum Nationalstaat“, beklagte er. „Dahinter steckt manchmal sogar eine Blut-und-Boden-Rhetorik, die mich stark an die Zwischenkriegszeit des vergangenen Jahrhunderts erinnert, deren Dämonen wir ja alle noch kennen“, so Schulz.

Der CDU-Europapolitiker Elmar Brok forderte mehr Handlungsfähigkeit der EU. Nach dem Austrittsvotum der Briten müsse sich die EU vor allem in der Außen- und Verteidigungspolitik, bei der Inneren Sicherheit und bei der Migrationspolitik besser aufstellen. Dies sei im Rahmen der bestehenden Verträge möglich, etwa ein gemeinsames militärisches Hauptquartier oder gemeinsame Beschaffung von Rüstungsgütern. „Das haben die Briten ja alles verhindert“, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Europaparlament der Deutschen Presse-Agentur.

Zu den Widerständen gegen mehr Kompetenzen der EU sagte Brok: „Wir wollen ein besseres Europa, und wenn wir etwa in der Sicherheitspolitik vorangehen wollen, heißt das auch mehr Europa.“ Nicht gewollt sei aber eine EU, die „jeden Kleinkram macht“. In diese Richtung sei schon viel erreicht, die Gesetzgebung sei um 50 Prozent schlanker geworden.

Der FDP-Europapolitiker Alexander Graf Lambsdorff verlangte „ein Modernisierungssignal“ für die EU. „Die Regierungschefs müssen sich auf gemeinsame Projekte verständigen. Eine viel engere Zusammenarbeit in der Verteidigungspolitik wäre ein Schritt in die richtige Richtung“, sagte der Vizepräsident des Europäischen Parlaments der „Passauer Neuen Presse“ (Donnerstag).

Auch der italienische Außenminister Paolo Gentiloni wirbt für eine gemeinsame Verteidigungsstrategie der EU. „Die Stärkung der europäischen Verteidigung ist ein Schlüsselelement der globalen Strategie der EU“, schrieb er im Portal „Politico“. Dieser Vorschlag solle beim Gipfel diskutiert werden.

Der Vorsitzende der EVP-Fraktion im Europaparlament, Manfred Weber, forderte ein Ende des „unsäglichen Streits“ in der Flüchtlingspolitik. Dieser blockiere bei der Verteilung der Flüchtlinge innerhalb Europas Fortschritte, sagte Weber im Deutschlandfunk. „Hört auf mit diesem Kindergarten! Setzt euch endlich zusammen und findet eine gemeinsame Lösung. Die Menschen erwarten Schluss mit Streit.“

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