Handelsstreit Weshalb die WTO Trumps Zölle nicht stoppen kann

Die USA blockieren den Rechtsweg bei der Welthandelsorganisation. Lachender Dritter könnte die chinesische Staatswirtschaft werden.

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Düsseldorf Experten begrüßen die angedrohten Strafzölle der EU, falls US-Präsident Donald Trump tatsächlich Stahl-Zölle einführen sollte. „Die Frage ist, ob wir uns gegen den Schulhof-Rowdy wehren, bevor er andere Branchen schlägt. Wer, wenn nicht die EU, sollte jetzt aufstehen“, sagte Bernard O’Connor, Jurist bei der italienischen Großkanzlei Nctm, bei der Handelsblatt-Jahrestagung „Zukunft Stahl“.

Die mögliche Liste der EU-Abwehrzölle klinge zwar zunächst lustig, sei aber gut gewählt. So könnten Sanktionen gegen Harley Davidson den Heimatstaat des republikanischen Sprechers des Repräsentantenhauses Paul Ryan, Wisconsin, treffen. Levi’s sei dagegen im Wahlkreis der demokratischen Spitzenpolitikerin Nancy Pelosi angesiedelt. „Die EU spielt ein intelligentes Spiel, wenn sie spezielle Politiker treffen will“, sagte O’Connor.

Doch warum geht es in der Handelspolitik zu wie auf dem Schulhof? Marc Bungenberg, Professor an der Universität des Saarlands, warnte, die Welthandelsorganisation WTO könne solche Konflikte nicht mehr lösen. Allein die erste Klage der EU bei der Organisation werde ein Jahr in Anspruch nehmen. Danach könnten die USA in Berufung gehen.

Das Problem: Die Supermacht blockiert derzeit die Neubesetzung der entsprechenden Richterposten. „Womöglich haben die USA bereits vorsorglich gehandelt“, sagte Bungenberg. In einem Jahr könnte das Schiedsgericht bereits nicht mehr arbeitsfähig sein – auf unbestimmte Zeit.

O’Connor sah ebenfalls eine gezielte Strategie, die WTO zu schwächen. „Die USA versuchen, die WTO auseinanderzunehmen und neu zu mischen“, sagte er. Zudem suchen die USA einen neuen Weg zur Begründung der Zölle: die nationale Sicherheit.

Schließlich waren Schutzzölle, die der damalige Präsident George W. Bush vor rund 15 Jahren eingeführt hatte, vor der WTO-Rechtsprechung gescheitert. Jetzt maskiere Trump die Zölle, die wiederum US-Arbeitsplätze schützen sollen, als Sicherheitsfrage, warnte Bungenberg.

Er rechnete vor, dass nur vier Prozent des US-Stahls tatsächlich in die Rüstung gingen. Allerdings sei es möglich, dass die USA dennoch mit ihrem Argument durchdringen – und damit anderen Ländern möglicherweise ein schlechtes Beispiel sind. Will sich die EU dagegen wehren, muss sie sich nach Meinung der beiden Experten mit der Auffassung durchsetzen, dass sie die Zölle als Gegenmaßnahme gegen eine unmittelbare Gefahr aus ungerechtfertigten US-Zöllen einführen muss.

Zwar könnte Trump selbst mit seinem öffentlich wiederholten Argument, es gehe um Jobs, selbst einen Beweis für die wahren Motive geliefert haben. Doch ein juristischer Streit im Weltmaßstab ist absehbar – der Jahre köcheln könnte.

Profiteur des Konflikts zwischen den USA und Europa könnte China sein. Das Land ist derzeit nicht als Marktwirtschaft eingestuft. Daher gibt es legale Anti-Dumping-Zölle. „Wenn die USA und Europa gegeneinander einen Handelskrieg führen, wie können sie dann gemeinsam gegen China einen Handelskrieg führen?“, wetterte O’Connor.

China betreibt bereits machtvoll Lobbyarbeit, um als Marktwirtschaft anerkannt zu werden. „Es ist sehr wichtig, dass wir China nicht als Marktwirtschaft einstufen“, warnte O’Connor eindringlich. Doch dafür müssten die USA und Europa zusammenstehen. Es sieht derzeit nicht so aus.

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