Nach Skandal um Journalistenmord Slowakischer Regierungschef Fico bietet Rücktritt an

Der slowakische Regierungschef Fico will von seinem Amt zurücktreten. Damit entgeht er möglicherweise einem Misstrauensvotum.

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Der Druck auf Robert Fico steigt. Quelle: dpa

Bratislava Der slowakische Regierungschef Robert Fico hat am Mittwochabend überraschend seinen Rücktritt angeboten. Bedingung dafür sei unter anderem, dass seine sozialdemokratische Partei Smer das Vorschlagsrecht für einen Nachfolger behalte, erklärte er nach Angaben der Nachrichtenagentur TASR.

Fico ist zuletzt immer mehr unter Druck geraten und hätte sich am kommenden Montag einem Misstrauensvotum im Parlament stellen müssen. Hintergrund ist die politische Krise in dem EU- und Euro-Land nach der noch nicht aufgeklärten Ermordung des Journalisten Jan Kuciak und dessen Verlobter Martina Kusnirova. Kuciak hatte zuletzt über Verbindungen der italienischen Mafia bis in höchste Regierungskreise recherchiert.

Unterdessen nahm die slowakische Polizei einen italienischen Geschäftsmann fest, den sie bereits kurz nach dem Doppelmord in Gewahrsam genommen, dann aber wieder freigelassen hatte. Grundlage sei diesmal ein Europäischer Haftbefehl, den ein Gericht in Venedig erwirkt habe, berichtete die Agentur TASR unter Berufung auf die Staatsanwaltschaft. Dem Mann würden Drogenhandel und organisierte Kriminalität vorgeworfen.

Den Misstrauensantrag gegen die Regierung hatte die liberale Partei Freiheit und Solidarität (SaS) eingebracht. Der Forderung nach Neuwahlen schloss sich am späten Montagabend überraschend auch der Juniorpartner in der regierenden Dreier-Koalition, die Ungarnpartei Most-Hid, an.

Fico habe zu lange mit der Abberufung des kontroversen Innenministers Robert Kalinak gezögert, der letztlich am Montag - zwei Wochen nach dem Doppelmord - selbst seinen Rücktritt erklärte, sagte der Politologe Juraj Marusiak der Agentur TASR am Dienstag. „Unter diesen Umständen ist es für die Partei Most-Hid zunehmend inakzeptabel geworden, die Regierungskoalition fortzusetzen.“

Nun sieht es so aus, als wolle Fico die schwierige politische Lage durch seinen Rücktritt entschärfen möchte. Unterdessen hat das slowakische Parlament mit der Aufarbeitung von Kuciaks Ermordung begonnen. Zu Beginn seiner Sitzung am Dienstag ehrte das Parlament den ermordeten Journalisten und seine Freundin mit einer Schweigeminute.

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