
Reykjavik Islands bisheriger Fischerei- und Agrarminister Sigurdur Ingi Johannsson will nach dem Rückzug von Ministerpräsident Sigmundur David Gunnlaugsson dessen Geschäfte als Regierungschef übernehmen. Er wolle dafür die Bestätigung von Präsident Ólafur Ragnar Grímsson einholen, erklärte der Vizechef der liberalen Fortschrittspartei. Die Regierungskoalition bleibe trotz Gunnlaugssons Rücktritt intakt.
Islands Regierung hatte Gunnlaugssons Rückzug am Dienstag nach massiven Protesten der Opposition und der Bevölkerung im Zuge der „Panama Papers“-Enthüllungen angekündigt. Am Dienstagabend sorgte jedoch eine Regierungsmitteilung für Verwirrung, wonach Gunnlaugsson nicht zurückgetreten sei. Er bleibe Vorsitzender der Fortschrittspartei. Johannsson werde für eine unbestimmte Zeit die Geschäfte übernehmen, hieß es.
Gunnlaugsson streitet jegliches Fehlverhalten ab
Die Enthüllungen in den „Panama Papers“ hatten Island in eine politische Krise gestürzt. Aus dem von investigativen Journalisten ausgewerteten Datenleck bei der panamaischen Firma Mossack Fonseca war hervorgegangen, dass Gunnlaugsson und dessen Frau auf den Britischen Jungferninseln die Briefkastenfirma Wintris gegründet hatten. Die Opposition sieht darin einen Interessenskonflikt, weil Wintris Gläubiger dreier isländischer Pleitebanken war.
Gunnlaugsson streitet jegliches Fehlverhalten ab. Seine Fortschrittspartei bildet eine Regierungskoalition mit der Unabhängigkeitspartei.
Es wird erwartet, dass Johannsson und Präsident Grímsson am Donnerstag zusammenkommen. Die Opposition ist allerdings gegen den Schritt und plant weiterhin, ein Misstrauensvotum im Parlament abzuhalten. Der Regierung wirft sie vor, sich an die Macht zu klammern.
„Wir werden weiterhin einem Vorschlag vorantreiben, das Parlament aufzulösen und frühere Wahlen abzuhalten“, sagte ein beliebter Abgeordneter der Piratenpartei, Helgi Hrafn Gunnarsson. Arni Pall Arnason, der Chef der sozialdemokratischen Partei Allianz, sagte, die beiden Regierungsparteien versuchten verzweifelt, ohne Unterstützung des Volkes an der Macht zu bleiben.
Am Mittwoch waren erneut Hunderte Isländer vor dem Parlament in Reykjavik zu lautstarken Protesten gegen die Regierung zusammengekommen. Seit mittlerweile drei Tagen fordern die Demonstranten eine neue Regierung für das kleine Land im Nordatlantik.