Schlechtes Zeugnis Twitter lehnt sich erstmals gegen unwahre Behauptungen von Trump auf

Trump nach einer Pressekonferenz: Per Twitter äußerte sich der US-Präsident gegen die Briefwahl in Kalifornien. Twitter konterte. Quelle: Reuters

Per Twitter äußerte sich der US-Präsident abfällig gegen die Briefwahl in Kalifornien. Der Kurznachrichtendienst konterte mit einem Faktencheck.

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Der Kurznachrichtendienst Twitter hat einen Tweet von US-Präsident Donald Trump erstmals einem Faktencheck unterworfen – und ihm prompt ein schlechtes Zeugnis ausgestellt. Trump schrieb am Dienstag (Ortszeit) auf Twitter, dass Briefwahl Wahlbetrug Vorschub leiste. Twitter versah den Tweet daraufhin mit einem Link mit dem Hinweis: „Erfahren Sie die Fakten über Briefwahl“. Dieser Link führt zu einer Twitter-Seite, in der Trumps Behauptung als „unbegründet“ zurückgewiesen wird. Twitter-Sprecher Nick Pacilio bestätigte, dass es der erste Twitter-Faktencheck eines Trump-Tweets war.

Der Twitter-Faktencheck beruft sich auf den Sender CNN, die Zeitung „Washington Post“ und andere ungenannte Experten – CNN und die „Washington Post“ sind ausgewiesene Kritiker Trumps. In dem Faktencheck heißt es unter anderem, Trump behaupte fälschlicherweise, dass Kalifornien Briefwahlunterlagen an alle Personen in dem Bundesstaat schicken würde – „unabhängig davon, wer sie sind oder wie sie dorthin gelangt sind“. Tatsächlich würden nur registrierte Wähler Briefwahlunterlagen erhalten. Trumps behaupte fälschlicherweise, dass Briefwahl zu „einer manipulierten Wahl“ führen würde.

Trump greift auf Twitter wiederholt Verschwörungstheorien auf, bringt selbst Falschinformationen in Umlauf und attackiert Privatbürger und öffentliche Personen gleichermaßen. All dies ist gemäß offizieller Twitter-Regeln verboten. Sanktionen für sein Twitter-Profil gab es bisher indes nicht. Twitter ist Trumps wichtigstes Sprachrohr. Dem US-Präsidenten folgen dort mehr als 80 Millionen Menschen. Der Kurznachrichtendienst ist wiederholt in die Kritik geraten, weil er nicht gegen falsche, irreführende oder beleidigende Tweets Trumps vorgeht. Wegen der Coronavirus-Pandemie ist der Ruf nach einer Ausweitung der Briefwahl bei der US-Präsidentschaftswahl am 3. November laut geworden. Trump und seine Republikaner wehren sich dagegen, weil sie befürchten, dass die US-Demokraten von einer Briefwahl profitieren könnten.

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Twitter-Sprecher Pacilio sagte, es sei nicht der erste Faktencheck von Twitter. Es sei allerdings das erste Mal, dass Trump dem Prozedere unterworfen worden sei. Pacilio ließ offen, ob Tweets des Präsidenten auch künftig auf ihren Wahrheitsgehalt geprüft würden.

Zuletzt bat ein Witwer den Kurznachrichtendienst öffentlich erfolglos um die Löschung von haltlosen Trump-Tweets, wonach es sich bei einem Unfalltod seiner Gattin im Jahr 2001 um Mord gehandelt habe. Die Ehefrau war eine Mitarbeiterin des Ex-Kongressabgeordneten Joe Scarborough, der nun als TV-Moderator arbeitet und als lautstarker Trump-Kritiker gilt. Trump befeuert die Verschwörungstheorie, dass Scarborough etwas mit dem Tod der Frau etwas zu tun habe. Twitter drückte in einer Antwort gegenüber dem Witwer Bedauern aus, hat bisher aber noch nichts gegen die Tweets unternommen.

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