Studie Globalisierung steigert die Ungleichheit

Ungleichheit durch Globalisierung Quelle: imago images

Eine neue Studie untersucht die Folgen der Globalisierung. Demnach fördert die Entwicklung vor allem die Ungleichheit.

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Der Duden ist eine Art Relevanzindikator. An den Begriffen, die neu in das Wörterbuch aufgenommen werden, lässt sich immer auch eine Entwicklung ablesen. 2013 fand das Wort Energiewende Einzug in den Duden, 2009 die Abwrackprämie, im Jahr 2000 das Wort Globalisierung.

Kaum ein Ausdruck wurde in den vergangenen Jahren in der Öffentlichkeit so kontrovers diskutiert. Vereinfacht gesagt bezeichnet er die weltweite Verflechtung von Wirtschaft, Politik, Kultur und Umwelt. Eine Entwicklung, die begünstigt wird von technischen Fortschritten im Bereich der Telekommunikation und der Transporttechnologie, aber auch von der Liberalisierung des Welthandels. Güter und Kapital überschreiten mühelos Grenzen, der Wohlstand wächst, die Armut sinkt.
Soweit zumindest die Theorie.

Tatsächlich ist die Meinung der Menschen zur Globalisierung durchaus gespalten. Das Meinungsforschungsinstitut TNS Infratest zum Beispiel befragte im Herbst 2017 1565 Deutsche. Nur 27 Prozent stimmten der Aussage, dass die Globalisierung eine Chance für das Wirtschaftswachstum darstellt, voll und ganz zu. Sorgen bereitet den Menschen vor allem das Wohlstandsgefälle und die Gefährdung von Arbeitsplätzen.

Aber wie sieht es in der Realität aus? Hat die Globalisierung Vorteile gebracht – und wenn ja, welche? Diesen Fragen widmete sich nun der deutsche Ökonom Valentin Lang, der derzeit an der Universität von Zürich forscht. Für ein Arbeitspapier, das er gemeinsam mit Marina Mendes Tavares vom Internationalen Währungsfonds verfasste, analysierte er die Entwicklung von 147 Staaten zwischen 1970 bis 2014. Die beiden Forscher wollten herausfinden, wie sich die Globalisierung auf die einzelnen Länder ausgewirkt hat – und zwar sowohl im Vergleich zu anderen Nationen als auch in Bezug auf die Gesellschaft innerhalb des jeweiligen Landes.

Dafür nutzten sie den Globalisierungsindex der Konjunkturforschungsstelle an der ETH Zürich. Der misst die wirtschaftliche, soziale und politische Dimension der Globalisierung. Zum Bereich der ökonomischen Globalisierung gehören Handels- und Finanzflüsse. Güter- und Dienstleistungshandel, Zölle oder Steuern zum Beispiel.

Und in ihrer Analyse machten die Wissenschaftler vor allem eine interessante Entdeckung: Demnach profitiert von der Entwicklung nicht jedes Land im selben Ausmaß.

Zum einen gibt es demnach auch bei der Globalisierung das Phänomen des abnehmenden Grenznutzens. Vereinfacht gesagt: Ein Land, das bislang kaum globalisiert ist, profitiert von den damit einhergehenden Veränderungen zunächst enorm – etwa durch steigende Einkommen der Bevölkerung. Doch je weiter die Globalisierung im betreffenden Land voranschreitet, desto weniger machen sich diese Vorteile bemerkbar.

Das erklärt gleichzeitig, warum Menschen in entwickelten Industrienationen der Globalisierung skeptisch gegenüberstehen. Denn für Länder wie Deutschland oder die USA konnte Lang nachweisen: Hier verändern sich die Einkommen ab einem gewissen Zeitpunkt kaum noch.

Eine ähnliche Entdeckung machte Lang in Bezug auf die Einkommensverteilungen innerhalb der Staaten: Während die absoluten Einkommen der Besserverdiener im Zuge der Globalisierung stiegen, entwickelten sich die Einkommen der unteren Schichten in vielen Ländern kaum – und dadurch stieg die Ungleichheit.

Seit Jahren weisen Ökonomen darauf hin, dass die Einkommen weltweit immer weiter auseinandergehen. „Und unsere Ergebnisse legen nahe, dass die ökonomische Globalisierung daran erheblichen Anteil hat“, schreiben Lang und Tavares.

Die Einkommen zwischen den Ländern passen sich an, weil relativ arme Länder überdurchschnittlich von der Globalisierung profitieren. „Aber die Einkommen innerhalb der Länder entwickeln sich auseinander“, schreiben Lang und Tavares, „weil die oberen Schichten überdurchschnittlich profitieren.“

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