Der verheerende IS-Doppelanschlag mit mindestens 80 Toten in der afghanischen Hauptstadt Kabul hat international Entsetzen ausgelöst. Das Innenministerium in Afghanistan erließ ein landesweites, zehntägiges Demonstrationsverbot und gab dafür Sicherheitsgründe an. Für Sonntag wurde Staatstrauer im ganzen Land ausgerufen. Afghanistans Regierungschef Ashraf Ghani kündigte Rache für das „Blut unserer geliebten Angehörigen“ an. Er ließ alle Flaggen auf Regierungsgebäuden auf halbmast setzen.
Die sunnitische Terrormiliz Islamischer Staat bekannte sich über das IS-Sprachrohr Amak zu dem Doppelanschlag am Samstag, bei dem auch 231 Menschen verletzt wurden. Zwei Selbstmordattentäter hatten sich inmitten einer Demonstration in die Luft gesprengt.
Ein „verabscheuungswürdiges Verbrechen“
Nach Angaben der Organisatoren der Demonstration hatten sich mehr als 10.000 Menschen auf einem zentralen Platz versammelt, um gegen die Verlegung einer geplanten Hochspannungsleitung zu protestieren. Viele der Demonstranten gehörten der schiitischen Minderheit der Hasara an. Der Protest richtete sich unter anderem gegen die wirtschaftliche Benachteiligung der Hasara durch die Verlegung der Stromtrasse.
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon verurteilte den Terroranschlag als „verabscheuungswürdiges Verbrechen“, das sich gegen Bürger gerichtet habe, die friedlich für ihre Grundrechte eingetreten seien. Die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden, hieß es in einer in New Yorh veröffentlichten UN-Stellungnahme weiter.
Die USA sprachen von einer „feigen Attacke“. Dass sie sich gegen friedliche Demonstranten gerichtet habe, mache sie noch verabscheuungswürdiger, erklärte das Weiße Haus. Die USA und die internationale Gemeinschaft stünden im Kampf gegen „Kräfte, die Afghanistans Sicherheit, Stabilität und Wohlstand bedrohen“, weiter fest an der Seite des afghanischen Volkes und der Regierung.
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier sprach von einem „furchtbaren Terroranschlag“. Es sei augenscheinlich das Ziel der Attentäter gewesen, möglichst viele Menschen in den Tod zu reißen und zu verletzen. „Besonders in diesen Situationen ist es wichtig, dass das Land geeint dem Terror die Stirn bietet. Dabei teilen wir die Hoffnung auf eine friedliche Zukunft des Landes“, hieß es weiter.
Die Gegner des Islamischen Staates
Die mächtigste Militärmacht der Welt führt den Kampf gegen den IS an. Seit mehr als einem Jahr bombardiert die US-Luftwaffe die Extremisten in Syrien und im Irak. An ihrer Seite sind auch Jets aus Frankreich und anderen westlichen Staaten sowie aus arabischen Ländern im Einsatz. Washington hat zudem US-Militärberater in den Irak entsandt, die Bagdad im Kampf am Boden unterstützen.
Moskaus Luftwaffe fliegt seit Ende September Luftangriffe in Syrien. Sie sollen nach Angaben des Kremls den IS bekämpfen. Der Westen und syrische Aktivsten werfen Russland jedoch vor, die meisten Luftangriffe richteten sich gegen andere Rebellen, um so das Regime von Präsident Baschar al-Assad zu unterstützen.
Deutschland liefert seit mehr als einem Jahr Waffen an die Kurden im Norden des Iraks, darunter die Sturmgewehre G3 und G36 und die Panzerabwehrwaffe Milan. Die Bundeswehr bildet zudem kurdische Peschmerga-Kämpfer für den Kampf am Boden aus.
Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Bahrain, Katar und Jordanien unterstützen die USA bei den Luftangriffen. Vor allem Saudi-Arabien und Jordanien sehen den IS als Gefahr, weil die Extremisten bis an ihre Grenzen herangerückt sind.
Sowohl im Norden Syriens als auch im Nordirak gehören die Kurden zu den erbittertsten Gegnern des IS. Die kurdischen Volksschutzeinheiten (YPG) im Syrien und die Peschmerga im Irak konnten den Extremisten empfindliche Niederlagen beibringen. Unterstützt werden sie von mehreren westlichen Staaten.
Das irakische Militär geht in mehreren Regionen des Landes gegen den IS vor. Allerdings kann sie nur wenige Erfolge vorweisen. Seit Monaten versucht die Armee erfolglos, die westirakische Provinz Al-Anbar zu befreien. Unterstützt wird sie von schiitischen Milizen, die eng mit dem Iran verbunden sind.
Sie bekämpfen das Regime und den IS. Das gilt auch für die Nusra-Front, syrischer Ableger des Terrornetzwerks Al-Kaida. Sie teilt die Ideologie des IS, ist aber mit ihm verfeindet.
Auch das syrische Militär geht gegen den IS vor. Kritiker werfen dem Regime jedoch vor, es greife vor allem andere Rebellen an und lassen die Extremisten gewähren. Auffällig ist, dass sich die meisten syrischen Luftangriffe nicht gegen den IS, sondern gegen Regionen unter Kontrolle anderer Gruppen richten.
EU-Vertreter drückten den Familien und Freunden der Opfer ihr Mitgefühl und ihre Solidarität mit dem afghanischen Volk aus. „Wir rufen alle Afghanen auf, geeint zu bleiben, um die Bemühungen im Kampf gegen diese globale Bedrohung zu unterstützen“, teilte ein Sprecher der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini mit.
Papst Franziskus bezog die Opfer von Kabul in sein Angelusgebet vor dem Petersplatz am Sonntag ein. Er rief die Katholiken dazu auf, geeint gegen die „erbärmlichen Akte von Terrorismus und Gewalt“ zu stehen. Unter den Opfern seien auch afghanische Sicherheitskräfte, erklärte Präsident Ghani am Samstag. Regierungsgeschäftsführer Abdullah Abdullah verurteilte den Anschlag auf Twitter: „Es zeigt, dass Terroristen und ihre Verbündeten keinen Respekt vor Menschenleben haben.“ Für Berichte, nach denen Sicherheitskräfte einen dritten Selbstmordattentäter getötet haben sollen, gab es keine Bestätigung.