Ukraine-Konflikt Nato reagiert auf Putins Provokationen

Überraschung im Ukraine-Konflikt: Die Rebellen rücken von ihren Plänen einer vollen Unabhängigkeit ab. Putins militärische und verbale Drohungen lassen die Nato derweil über eine schnelle Eingreiftruppe nachdenken.

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Will weitere Sanktionen des Westens offenbar vermeiden: Russlands Präsident Wladimir Putin. Quelle: dpa

Moskau Die prorussischen Rebellen in der Ostukraine haben Abstand von ihrer Forderung nach einer vollen Unabhängigkeit genommen. Sie respektierten die Souveränität der Ukraine, forderten aber mehr Autonomie für die mehrheitlich russischsprachige Region um die Städte Lugansk und Donezk, zitierte die staatliche Nachrichtenagentur Ria Novosti ein am Montag in Minsk zu Beginn einer neuen Verhandlungsrunde zum Ukraine-Konflikt vorgelegtes Positionspapier.

Nach Meinung von Experten deutet dies auf den Wunsch von Russlands Präsidenten Wladimir Putin hin, in dieser neuen Verhandlungsrunde eine Einigung zu erzielen. Sein Interesse dürfte es unter anderem sein, weitere Sanktionen des Westens zu vermeiden, hieß es. Die Gespräche sollen am Freitag weitergehen. Dabei soll es um einen Waffenstillstand sowie einen Austausch von Gefangenen gehen, wie Separatistenführer Andrej Purgin Ria Novosti sagte.

Die Nato will angesichts des Ukraine-Konflikts ihre Mitglieder in Osteuropa mit einer schnellen Eingreiftruppe vor möglichen Aggressionen seitens Russland schützen. Auf dem am Donnerstag beginnenden Nato-Gipfel in Wales solle die Bildung einer solchen, mehrere tausend Soldaten umfassenden Einheit beschlossen werden, sagte Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen am Montag in Brüssel.

Zudem soll in Osteuropa Waffenmaterial gelagert werden. Auch könnten Flughäfen und Häfen mit der Erlaubnis ausgestattet werden, von Nato-Kräften benutzt zu werden. Rasmussen betonte zugleich, die Nato wolle niemanden angreifen, sondern ihre Verbündeten schützen.

Zu den Anwesenden bei der jüngsten Verhandlungsrunde im Ukraine-Konflikt gehören der frühere ukrainische Präsident Leonid Kutschma, Russlands Botschafter in der Ukraine, ein Vertreter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) sowie Vertreter der Rebellen. Die Verhandlungen drehen sich nur um die Ostukraine, eine Rückgabe der von Russland im März annektierten Schwarzmeerhalbinsel Krim wird nicht diskutiert.


Putin provoziert, Kämpfe gehen weiter

Russlands Außenminister Sergej Lawrow hatte vor Beginn der Gespräche einen Waffenstillstand gefordert. Zugleich versicherte er, Russland werde nicht militärisch in der Ukraine eingreifen. Er widersprach damit Aussagen der ukrainischen Regierung, der Nato und westlicher Länder, wonach die Russen bereits Truppen, Artillerie und Panzer über die südöstliche Grenze in die Ukraine geschickt hätten, um die Separatisten zu stärken.

Unterdessen wurde am Montag bekannt, dass Wladimir Putin EU-Kommissionschef Barroso in einem Telefongespräch gedroht haben soll. Russland könne die ukrainische Hauptstadt Kiew innerhalb zwei Wochen einnehmen, wenn er wolle. Das berichtet die italienische Zeitung „La Repubblica“. Barroso habe auf dem EU-Gipfel am Wochenende den versammelten Staats- und Regierungschefs von einem Telefonat berichtet, das er soeben mit dem russischen Präsidenten geführt habe.

Die Kämpfe in der Ostukraine gingen auch am Montag weiter. Die prorussischen Rebellen zwangen das ukrainische Militär am Montag, sich von dem Flughafen nahe der Rebellenhochburg Lugansk zurückzuziehen. Grund war ein heftiger Angriff „professioneller Artillerie-Schützen der russischen Streitkräfte“, wie der Sprecher des nationalen Sicherheitsrats der Ukraine, Andrej Lyssenko, mitteilte.

Im Osten der Ukraine wächst die Sorge, dass die Aufständischen versuchen, eine Landverbindung zwischen Russland und der Halbinsel Krim unter ihre Kontrolle zu bringen. In der Region am Asowschen Meer hatten Rebellen vor wenigen Tagen eine neue Front eröffnet.

Die Soldaten für die schnelle Eingreiftruppe könnten nach den Worten des Nato-Generalsekretärs von den 28 Nato-Mitgliedsstaaten auf Rotationsbasis gestellt werden. Die Truppe, die auch aus der Luft und von See her unterstützt werden soll, werde eine „Speerspitze“ bilden und innerhalb kürzester Zeit bei jeglichen Bedrohungen, einschließlich seitens Russland, einsetzbar sein, erklärte Rasmussen.

Der zweitägige Nato-Gipfel im walisischen Newport beginnt am Donnerstag. Den im April begonnenen Kämpfen zwischen Regierungstruppen und prorussischen Rebellen sind nach UN-Angaben bislang knapp 2600 Menschen zum Opfer gefallen.

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