Urteil Pharmamanager Martin Shkreli muss sieben Jahre in Haft

Pharma- und Hedgefonds-Manager hat ein wichtiges Medikament massiv verteuert – und in den USA viel Hass geerntet. Verurteilt wurde er aber aus anderen Gründen.

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Der Sohn albanischer Einwanderer gilt als extrem intelligent. Quelle: AP

New York So hat man Martin Shkreli noch nie erlebt: In Tränen ausgelöst fleht der 34-Jährige die Richterin Kiyo Matsumoto an und zeigt zum ersten Mal Reue. Er allein sei schuldig, nicht die Medien, die Regierung oder seine Geschäftspartner. Selbstkritik, die man noch nie von ihm gehört hat.

Hier im Gerichtsraum 6C S des festungsähnlichen Gerichtsgebäude in Brookyln nimmt er seinen Schicksalsspruch entgegen: Sieben Jahre Haft. Sechs Monate hat er bereits abgesessen. Damit hat er nicht die Höchststrafe von 15 Jahren erhalten. Er selbst hatte auf 12 bis 18 Monate gehofft.  

Für viele Beobachter ist es eine Genugtuung, dass Martin Shkreli für mehrere Jahre hinter Gittern kommt. Grund dafür ist vor allem die Wut auf ihn als Pharma-Manager, der sich dafür rühmte, den Preis für ein lebenserhaltenes Medikament für Neugeborene und Aidskranke von 13,50 Dollar auf 750 Dollar pro Pille erhöht zu haben.

Mit seinem skrupellosen Vorgehen und seinem überlegenen Grinsen verdiente er sich den Spitznamen „Pharma-Bro“ - abgeleitet von seinem Pseudonym ‚@BLMBro’. Er stieg zu einer der meist gehassten Personen des Internets auf.

Auch unter Politikern findet er keine Fans: Donald Trump bezeichnete ihn als „spoiled brat“, als verzogenen Bengel.

Für den linken Politiker Bernie Sanders ist Shkreli ein „Menschliches Abbild für die Gier der Pharma-Unternehmen“.

In Brooklyn ist er allerdings wegen Finanzbetrugs in seiner Funktion als Hedgefonds-Manager verurteilt worden. Er soll Anlegern seines Hedgefonds Verluste verschwiegen, falsche Informationen gegeben und sie mit Aktien seiner eigenen Pharmafirma Retrophin abgespeist haben.

Sein Verteidiger hatte an die Richterin appelliert, nicht die Höchststrafe anzusetzen. „Er sollte nicht dafür verurteilt werden, Martin Shkreli zu sein“, sagte er. Denn Martin Shkreli zu sein, das ist nichts Gutes.   

Der Sohn albanischer Einwanderer gilt als extrem intelligent. Der schmächtige dunkelhaarige Mann hat es aus einfachen Verhältnissen mit Hilfe von Stipendien zum Wunderkind der Finanzwelt und zum Vorstandsvorsitzenden von Turing Pharmaceuticals geschafft.

Dort hat er sich mit den hohen Pharmapreisen zum Inbegriff des Bösen gemacht. Die Preise waren in den Augen vieler moralisch verwerflich, aber im Kapitalismus nicht illegal, wie Shkreli immer wieder betonte.

Trotz seiner Intelligenz hat er sich während des Prozesses äußerst ungeschickt angestellt: Er twitterte munter weiter und verbreitete Videos auf Youtube. Als er Zeugen bedrohte und 5000 Dollar Belohnung für ein Haar mit Haarwurzel von Hillary Clinton auslobte, verspielte er sich die Chance, auf Kaution frei zu bleiben.

Auch die Tatsache, dass er die gegen ihn ermittelnden Staatsanwälte gegenüber Journalisten als „Ersatzbank-Spieler“ bezeichnete, wird seiner Sache nicht geholfen haben.

Der Jura-Professor John Coffee von der Columbia-Universität weist darauf hin, dass die meisten Verteidiger ihren Mandanten raten, bei Prozessen bescheiden auszutreten. „Shkreli war das genaue Gegenteil und könnte einen hohen Preis für seine Arroganz zahlen“, sagte er vor dem Prozess – und behielt wohl recht.

Für Skhreli hat der Weg ins Gefängnis Dezember 2005 begonnen. An einem grauen Morgen drang das FBI-Agenten in seine Wohnung in Midtown in Manhattan ein. Vor laufenden Kameras wurde er wegen der Vorwürfe des Finanzbetrugs abgeführt.

Seit dem vergangenen Sommer saß er unter der Nummer #87850-053 zusammen mit Drogenschmugglern, Terrorverdächtigen und Mafia-Mitgliedern in einem der berüchtigtsten New Yorker Gefängnisse in Brooklyn.

Dabei hatte er zuvor noch gescherzt, er werde in den „Club Fed“ gehen und dort an seinem Tennis- und Xbox-Spiel arbeiten. Davon war er in diesem Gefängnis, das selbst von Richtern als Dritte-Welt-Gefängnis kritisiert wird, weit entfernt. Vielleicht hat ihn das zur Reue bewegt.

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