US-Präsident Trump Zukunft des Iran-Atomdeals ungewiss

Donald Trump hält den Iran-Atomdeal für katastrophal. Aber wird er wirklich so weit gehen, sich ganz von ihm abzuwenden? Eine Entscheidung könnte in den nächsten Tagen fallen - und vielleicht ist es ein Mittelweg.

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Pentagonchef Mattis deutete an, dass der US-Präsident tatsächlich versuchen könnte, dem Iran keine Vertragstreue zu bescheinigen, ohne den Deal zu Fall zu bringen. Quelle: dpa

Washington Die Welt blickt auf Donald Trump. In der nächsten Woche dürfte der US-Präsident seine Entscheidung über die Zukunft des Atomdeals mit dem Iran bekanntgeben. Denn am 15. Oktober läuft eine wichtige Frist ab: Dann muss Trump dem Kongress in Washington mitteilen, ob er glaubt, dass sich Teheran an den von sieben Ländern unterzeichneten Pakt von 2015 hält und ob die Vereinbarung die Interessen der USA fördert. Nach einem US-Gesetz wird dem Präsidenten eine solche Bescheinigung alle 90 Tage abverlangt.

Das Abkommen zielt darauf ab, den Iran am Besitz atomarer Waffen zu hindern. Es zwang Teheran, sein Nuklearprogramm zurückzufahren - im Austausch gegen eine Aufhebung harter internationaler Wirtschaftssanktionen. Trump hat das als den schlechtesten „Handel“ bezeichnet, auf den sich die USA jemals eingelassen hätten. Dennoch hat er bisher zweimal dem Kongress eine positive Bescheinigung zugeleitet.

Seitdem war von Trump aber wiederholt zu hören, dass er abgeneigt sei, das ein drittes Mal zu tun. Im vergangenen Monat gab der Republikaner dann zu verstehen, dass er einen Beschluss gefasst habe. Nach Angaben von Regierungsbeamten, die anonym bleiben wollten, könnte er ihn in einer breiter angelegten Iran-Rede am 12. Oktober bekannt geben. Der Termin sei aber noch nicht in trockenen Tüchern. Einem Bericht der „Washington Post“ zufolge, wurde erwartet, dass Trump in der kommenden Woche dem Iran eine negative Bescheinigung, in den USA „Dezertifikation“ genannt, ausstellt.

Diese könnte den Kongress veranlassen, Sanktionen neu zu erheben, die im Rahmen der Vereinbarung aufgehoben worden waren. Für einen solchen Fall hat der Iran bereits angedroht, dass er sich dann nicht mehr an das Abkommen halten und wieder mit Aktivitäten beginnen werde, die das Land näher an einen Atomwaffenbesitz bringen könnten.

Auch viele von Trumps Top-Sicherheitsberatern wollen den Deal nicht abstürzen lassen. So hat auch Verteidigungsminister Jim Mattis betont, dass das Abkommen nach seiner Ansicht weiterhin im nationalen Sicherheitsinteresse der USA liege. Auch europäische Verbündete der USA haben Trump beschworen, sich nicht vom Abkommen abzuwenden.

Was also wird er tun? Die internationale Atomenergiebehörde IAEA, eine UN-Einrichtung, hat dem Iran bescheinigt, dass er sich an die Abmachungen halte. Das macht es für die US-Regierung schwierig, das Gegenteil zu sagen. Aber Trump und andere Kabinettsmitglieder, darunter auch Tillerson, meinen, dass der Iran den „Geist“ des Abkommens verletze - durch seine Tests ballistischer Raketen, Bedrohung von US-Verbündeten im Nahen Osten und seine Unterstützung von Terrororganisationen sowie der syrischen Regierung von Präsident Baschar al-Assad.

Nach Angaben mehrerer Regierungsbeamter könnte die Zukunft des Vertrages davon abhängen, ob ein Weg gefunden werden kann, Trump eine Zertifikation alle 90 Tage zu ersparen. Dem Iran regelmäßig positiv zu bescheinigen, dass er sich an die Vereinbarung halte, empfinde Trump als eine absolute Peinlichkeit für ihn. Seine Berater suchten daher nach einem Ausweg, der es Trump möglich mache, das Gesicht zu wahren, das heißt, der alles vermeide, was nach einer Billigung des Vertrages aussehe - ohne den Deal aber völlig zum Kollaps zu bringen.

Wie es weiter heißt, sind mehrere Optionen auf dem Tisch, aber keine davon seien „klare Lösungen“. Als wahrscheinlichste Strategie gelte, dass Trump dem Iran nicht bescheinigt, dass er vertragstreu ist. Auf einer Ebene unter ihm würden dann Diplomaten und Regierungsbeamte daran arbeiten, drastische Folgen zu verhindern, indem betont werde, dass sich die USA nicht aus dem Deal zurückzögen oder sofort neue Sanktionen erheben würden. In einem solchen Szenario, so Regierungsbeamte, müsste sich der Präsident von da an nicht mehr mit dem Zertifikationsproblem herumschlagen.

Das Gesetz, das bisher die regelmäßigen Bescheinigungen verlangt, bietet Trump einen möglichen Ausweg. Demnach muss der Präsident feststellen, dass der Iran den Deal umsetzt, sich keiner „schwerwiegenden Vertragsverletzung“ schuldig gemacht oder andere Schritte ergriffen hat, die sein Atomprogramm vorantreiben könnten. Das Gesetz erfordert auch eine Antwort auf eine vierte Frage: ob das Aussetzen von Sanktionen „angemessen und proportional“ und „hochwichtig“ für die nationalen Sicherheitsinteressen ist.

Pentagonchef Mattis deutete an, dass Trump tatsächlich versuchen könnte, dem Iran keine Vertragstreue zu bescheinigen, ohne den Deal zu Fall zu bringen. Man könne in einem Punkt so entscheiden und im nächsten anders. Die Frage der Zertifikation und das Aufrechterhalten des Deals seien zwei verschiedene Paar Schuhe.

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