Wahlen in Südafrika Mandela-Partei droht Denkzettel

Die Arbeitslosigkeit ist hoch, die Wirtschaft stagniert. Viele Wähler in Südafrika sind unzufrieden. Dem regierenden ANC droht bei den Kommunalwahlen am Mittwoch erstmals ein empfindlicher Dämpfer.

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Zumas Lächeln strahlt überall von den Wahlplakaten, doch Skandale und Korruptionsvorwürfe haben sein Ansehen schwer beschädigt. Quelle: AFP

Johannesburg Erstmals seit dem Ende des rassistischen Apartheid-Regimes in Südafrika droht der Regierungspartei ein empfindlicher Dämpfer. Die Skandale um Präsident Jacob Zuma haben das Ansehen des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) beschädigt. Die einst stolze Partei von Friedensnobelpreisträger Nelson Mandela ist vor den Kommunalwahlen vom 3. August nervös. Viele Wähler sind unzufrieden, weil Armut und Arbeitslosigkeit seit Jahren kaum zurückgegangen sind. Jetzt drohen dem ANC Niederlagen in mehreren Großstädten des Landes – inklusive der Hauptstadt Pretoria.

Für Präsident Zuma steht einiges auf dem Spiel. Sollten die Wahlen schlecht für den ANC laufen, gehen Beobachter davon aus, dass die Rufe nach seinem Rücktritt lauter werden könnten. „Die Kommunalwahlen werden wie ein Referendum sein über das, was landesweit passiert“, sagt Gabriela Mackay vom örtlichen Thinktank Institute of Race Relations (IRR). Beobachter fürchten zudem, dass Niederlagen des ANC zu gewaltsamen Ausschreitungen nach der Wahl führen könnten.

Bis vor wenigen Jahren war der ANC als Partei der Befreier der schwarzen Bevölkerungsmehrheit noch fast heilig. Bei den landesweiten Wahlen 2009 kam der ANC auf 66 Prozent der Stimmen, 2014 waren es noch 62 Prozent der Stimmen. Doch gut zwanzig Jahre nach der Überwindung des weißen Minderheitsregimes verblasst der Heldenmythos, die Menschen wollen Ergebnisse sehen. Die offizielle Arbeitslosenrate ist zuletzt auf knapp 27 Prozent gestiegen, die fortschrittlichste Wirtschaft des Kontinents stagniert. Anhaltende Stromausfälle und politisches Missmanagement haben zuletzt Investoren verschreckt.

Zudem gehört Südafrika noch immer zu den Ländern mit der ungleichsten Vermögensverteilung auf der Welt: Die weiße Minderheit und neureiche Schwarze sind wohlhabend, aber Millionen Schwarze leben immer noch in Armenvierteln, den sogenannten Townships. Dort kommt es nun häufiger zu Protesten gegen den ANC, etwa weil die Versorgung mit Wasser und Strom zusammengebrochen ist. Immer wieder entlädt sich bei solchen Protesten auch Gewalt: Öffentliche Gebäude werden in Brand gesteckt, mit brennenden Reifen oder Autos werden Barrikaden errichtet.

Als der ANC im Juni die Kandidatin für das Rennen um das Bürgermeisteramt in Tshwane, der Kommune von Pretoria, präsentierte, kam es zu Auseinandersetzungen verschiedener ANC-Fraktionen. Es folgten Tage gewaltsamer Proteste in der Hauptstadt, Dutzende wurden festgenommen, es gab mindestens fünf Tote. Sollte der ANC dort unterliegen, wäre neue Gewalt zu befürchten.

Die führende Oppositionspartei, die Demokratische Allianz (DA), galt lange als weiße Partei. Für Schwarze schien die DA unwählbar, es glich einem Verrat an den Befreiungskämpfern. Doch das ändert sich: zum einen hat vor allem die schwarze Mittelklasse genug von Zumas Regierung, zum anderen wird die DA inzwischen von einem Schwarzen geführt, Mmusi Maimane. Bislang regiert die DA Kapstadt und die Provinz Westkap, doch nun hat die Partei Experten zufolge auch Chancen in den Städten Pretoria und Port Elizabeth.

Selbst in der Wirtschaftsmetropole Johannesburg scheint ein ANC-Sieg nicht in Stein gemeißelt. „Wir wissen, dass Südafrikaner echte Lösungen für ihre Probleme wollen, nicht Geschichten aus alter Zeit“, sagte Maimane Ende Juli auf einer Veranstaltung in Johannesburg. „Wir versprechen den Wählern Jobs, Dienstleistungen und keine Korruption.“ Auch die zweitwichtigste Oppositionspartei, die linkspopulistischen Ökonomischen Freiheitskämpfer (EFF), buhlt erfolgreich um Stimmen. Eine Koalition des EFF in einigen Städten mit der DA gegen den gemeinsamen Feind ANC scheint unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich.

Zumas Lächeln strahlt überall von den Wahlplakaten, doch Skandale und Korruptionsvorwürfe haben sein Ansehen schwer beschädigt. Unlängst bescheinigte ihm sogar das Verfassungsgericht, dass er sich über Recht und Gesetz hinweggesetzt hat. Er hatte sein privates Domizil „Nkandla“ auf Staatskosten renovieren lassen, zum Preis von etwa 100 Eigenheimen in Johannesburg. Lange weigerte er sich, zumindest einen Teil der Kosten zu übernehmen, bis ihm das oberste Gericht auf die Finger klopfte. Nun muss Zuma den Zorn der Wähler fürchten.

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