




Die Alternative für Deutschland (AfD) hat 2013 im ersten Jahr ihres Bestehens mehr als 7,7 Millionen Euro eingenommen. Das geht nach Angaben des „Spiegels“ aus dem ersten AfD-Rechenschaftsbericht hervor, der in den kommenden Tagen veröffentlicht werden soll. Demnach steckte die Partei in dem Jahr gut 3,8 Millionen Euro in die Wahlkämpfe etwa um den Bundestag und den hessischen Landtag. Rund 200.000 Euro gab sie für ihr Personal aus. Nach sämtlichen Ausgaben blieb der AfD ein satter Überschuss - mehr als 2,3 Millionen Euro.
Größter Einnahmeposten waren dem Bericht zufolge 2013 Spenden in Höhe von 4,3 Millionen Euro. Die drei höchsten Einzelspenden - jeweils 50.000 Euro - stammten demnach von der baden-württembergischen Firma Wahl-Bau sowie vom Hamburger Reeder Folkard Edler und seiner Frau.
Die wichtigsten Köpfe in der AfD
Professor, Gründer des Plenums der Ökonomen
Der 51-Jährige wurde bei Gründung der AfD ihr Sprecher. Der Vater von fünf Kindern lehrt Makroökonomie an der Universität Hamburg. Über 300 Wissenschaftler schlossen sich seinem „Plenum der Ökonomen“ an, das als Netzplattform Wirtschaft erklärt. Nach 33 Jahren trat Lucke Ende 2011 aus der CDU aus. Er trat als Spitzendkandidat der AfD für die Europawahlen an und wechselte im Sommer 2014 nach Brüssel.
Anwältin, Gründerin der Zivilen Koalition
Die Juristin, die zunächst 2012 Mitglied der FDP war, ist seit 2013 Mitglied der AfD. Sie wird dem rechtskonservativen Flügel der Partei zugerechnet. Sie engagiert sich neben der Euro-Rettung vor allem für eine christlich-konservative Familienpolitik. Am 25. Januar 2014 wurde von Storch vom Bundesparteitag der AfD in Aschaffenburg mit 142 von 282 Stimmen auf Platz vier der Liste zur Europawahl gewählt - und zog anschließend ins Europaparlament ein.
Emeritierter Professor für Volkswirtschaft
Im Kampf gegen den Euro hat er die größte Erfahrung: 1998 klagte er gegen dessen Einführung vor dem Bundesverfassungsgericht, 2011 gegen die Rettungsmaßnahmen. Der 72-Jährige, einst Assistent von Alfred Müller-Armack, führt den wissenschaftlichen Beirat der AfD – so etwas hat keine andere Partei.
Promovierte Chemikerin und Unternehmerin
Nach dem Studium gründete die Mutter von vier Kindern 2007 ihr eigenes Chemieunternehmen Purinvent in Leipzig – mit dem Patent auf ein umweltfreundliches Dichtmittel für Reifen. Sie fürchtet, ihre demokratischen Ideale würden „auf einem ideologisierten EU-Altar geopfert“. Seit 2013 ist sie eine von drei Parteisprechern und Vorsitzende der AfD Sachsen
Journalist, Publizist, Altsprachler und Historiker
Bei den bürgerlichen Blättern – 21 Jahre im Feuilleton der „Frankfurter Allgemeinen“, sieben Jahre als politischer Chefkorrespondent der „Welt“ – erwarb er sich den Ruf als konservativer Vordenker. Sozial-, Bildungs- und Wissenschaftspolitik sind auch im Sprecheramt der AfD seine Schwerpunkte.
Beamter, Politiker, Herausgeber, Publizist
Der promovierte Jurist leitete die hessische Staatskanzlei unter CDU-Ministerpräsident Walter Wallmann. Dann Geschäftsführer und Herausgeber der „Märkischen Allgemeinen“ in Potsdam. Führte die brandenburgische AfD bei den Landtagswahlen zu einem überraschend starken Ergebnis und führt nun die Fraktion im Landtag an.
Pegidas Nähe zur AfD
Zuletzt war die AfD besonders in Zusammenhang mit den Pegida-Demonstrationen in der Öffentlichkeit diskutiert worden. Viel von der Kritik, die Teilnehmer der Kundgebungen gegenüber Forschern einer aktuellen Pegida-Studie des Göttinger Politologen Franz Walter äußerten, findet sich auch im Parteiprogramm der AfD.
Die bürgerliche Protestpartei um Bernd Lucke hat zwar bisher keinen großen Mitglieder-Zulauf aus den Reihen von Pegida. Sie könnte aber nach Ansicht der Autoren von „Pegida - Die schmutzige Seite der Zivilgesellschaft?“ als einzige Partei bei der nächsten Bundestagswahl eine größere Zahl von Wählern unter den Anhängern der Bewegung finden.
Doch das Verhältnis zwischen den Demonstranten und der rechtskonservativen Partei ist keineswegs ungetrübt. Lucke, Hans-Olaf Henkel und einige andere führende Vertreter der AfD sind mit den Parolen von Pegida nie warm geworden. Und selbst der rechte Publizist Konrad Adam, der mit seiner generellen Kritik an den Traditionen des Islam im AfD-Bundesvorstand schon mehrfach angeeckt ist, distanziert sich heute deutlich von der Bewegung.
Die AfD – neue Volkspartei oder kurze Protestepisode?
Es steckt einiges von der Union früherer Zeiten in der Alternative für Deutschland (AfD). Nur in der Europapolitik grenzt sich die AfD klar von dem ab, was Helmut Kohl zu seinen Kanzlerzeiten wichtig war. Die AfD besetzt aber andere zentrale Themen der Union wie Familie, Kriminalität und Zuwanderung - Themen, wie sie die früheren Vorsitzenden von CDU und CSU, Helmut Kohl und Franz Josef Strauß, verkörperten: starke Polizeipräsenz, begrenzte Zuwanderung und ein Familienbild mit Vater, Mutter und Kindern. Die Warnungen der AfD vor einer Überlastung der Sozialsysteme durch Asylbewerber erinnern an die aufgeheizte Das-Boot-ist-voll-Debatte Anfang der 90er Jahre. Die AfD knüpft zudem an die konservative Gedankenwelt von Bundesministern wie Manfred Kanther (CDU) und Theo Waigel (CSU) an.
Doch. Auch heute sind das Schwerpunkte der Union. Doch die CSU war im Europa-Wahlkampf mit ihrer auf Ausländer gemünzten Parole „Wer betrügt, der fliegt“ und dem Herziehen über die EU-Kommission nicht erfolgreich. Und CDU und CSU bekamen unter Angela Merkel und Horst Seehofer bei der Bundestagswahl 41,5 Prozent - mit einer liberaleren Einstellung zu Homosexuellen, mit einer neuen Definition von Familie, aber ohne einen Law-and-Order-Mann als Bundesinnenminister. So machte die Union die Erfahrung, dass ein Kurs der Mitte mehr Stimmen bringt als das Beharren auf konservativen Positionen.
Die AfD setzt sich für mehr Basisdemokratie ein – und steht damit im Kontrast zur CDU. Einige ihrer Mitglieder stammen außerdem aus der Konkursmasse kleinerer rechter, liberaler und konservativer Parteien. Ehemalige Angehörige von NPD und DVU können dagegen nicht Mitglied der AfD werden. Im Osten wirbt die Partei um DDR-Nostalgiker, die zwar den Sozialismus nicht zurückhaben wollen, aber zum Beispiel Elemente des alten Bildungssystems gut finden.
Ja - auch wenn die CDU in Brandenburg und Thüringen trotz Stimmenverlusten an die AfD zulegen konnte. Erstens hat die Union durch ihren Wandel hin zu einer modernen, urbanen Partei eine Flanke an ihrem rechten Rand aufgemacht und könnte weiter Konservative, die in der Union keine Heimat mehr sehen, verlieren. Und zweitens wirbelt die AfD die Parteienlandschaft so durcheinander, dass die Machtoptionen für die Union schwinden. Eine Koalition mit der AfD schließt die CDU genauso aus wie mit der Linken, und auf die FDP kann sie nicht mehr zählen. Unabhängig davon, dass Schwarz-Grün im Bund ein Novum wäre, könnte es mit den Grünen knapp werden - wenn die AfD denn 2017 in den Bundestag einzöge. Bliebe ein Bündnis mit der SPD - das sollte aber aus Sicht beider Parteien kein Dauerzustand sein.
Nicht einheitlich. CDU-Generalsekretär Peter Tauber sagt: „Wir wollen die Wähler zurückgewinnen.“ Fraktionschef Volker Kauder (CDU) will die AfD ignorieren und sich mit ihren Politikern nicht einmal in eine Talkshow setzen. Wolfgang Bosbach vom konservativen „Berliner Kreis“ der CDU hält das für falsch. Viele Unionspolitiker raten inzwischen, sich intensiv mit der AfD auseinanderzusetzen. Parteichefin und Kanzlerin Angela Merkel ging im Brandenburger Wahlkampf deutlich auf die Grenzkriminalität ein, nachdem die AfD bei der Sachsen-Wahl damit punktete. Koalitionen mit der AfD schließt sie aber aus.
Die AfD stellt sich als Partei der braven Sparer und Steuerzahler dar, deren Wohlstand durch die Rettung maroder Banken und überschuldeter Euro-Länder gefährdet ist. Sie fordert, dass außer Flüchtlingen nur noch „qualifizierte und integrationswillige“ Ausländer nach Deutschland kommen dürfen und bemüht dafür gerne das Beispiel des Einwanderungslandes Kanada. Die AfD, die sich seit ihrem guten Abschneiden bei drei Landtagswahlen als „kleine Volkspartei„ bezeichnet, wettert gegen die in Deutschland inzwischen weit verbreitete Kultur der „politischen Korrektheit“. Ihrer Führungsriege gehören etliche Ex-Mitglieder von CDU und FDP an. Deshalb finden einige wertkonservative Wähler die Strategie der CDU, die AfD wie eine nicht-salonfähige Randgruppe zu behandeln, wenig glaubwürdig.
Nein. „Eintagsfliege“, „Protestpartei“ – diese Etiketten wurden der AfD in den ersten Monaten oft aufgeklebt. Doch im Gegensatz zu den Piraten, die sich lange vor allem der Selbstzerfleischung widmeten, halten sich die internen Streitereien noch im Rahmen. Außerdem hat sich die AfD rasch von einer Ein-Thema-Partei (Eurorettung) zu einer gemausert, die verschiedene Politikfelder besetzt.
Zwar war auch Adam unzufrieden mit Äußerungen von Vorstandskollegen, die kürzlich das Urteil des Bundesverfassungsgerichts gegen ein generelles Kopftuchverbot für Lehrerinnen begrüßt hatten. Er selbst lehnt das Kopftuch als „Symbol für die Minderwertigkeit der Frau“ ab. Trotzdem will er sich nicht mit dem vorbestraften Pegida-Initiator Lutz Bachmann gemein machen, der die AfD am vergangenen Montag wegen ihrer Unterstützung für das Karlsruher Urteil kritisiert hat. „Pegida ist für mich kein Maßstab und Herr Bachmann ist mir völlig wurscht“, sagt Adam.
Die Pegida-Studie des Göttinger Instituts für Demokratieforschung hat methodisch allerdings eine Schwäche, derer sich die Autoren auch bewusst sind: Bekennende Rechtsradikale, die in Gruppen organisiert sind und bei den „Patriotischen Europäern“ teilweise auch mitmarschieren, haben sich auf die Befragung durch die Politologen nicht eingelassen. Trotzdem sind einige Ergebnisse - etwa dass der Männer-Anteil bei Pegida viel höher ist als bei den Gegendemonstranten - unumstritten. Die Wissenschaftler stellten außerdem fest, dass von den Pegida-Anhängern, die an der letzten Bundestagswahl teilgenommen haben, fast die Hälfte AfD gewählt hat.
Das zeigt, dass die sächsische AfD-Fraktionsvorsitzende Frauke Petry nicht falsch lag, als sie im Januar nach einem Meinungsaustausch mit dem damals noch nicht in zwei Lager gespaltenen Pegida-Organisationsteam verkündete, sie habe inhaltliche „Schnittmengen“ mit Pegida festgestellt. Von AfD-lern, die an dem Treffen teilnahmen, war allerdings hinterher zu hören: „Der Bachmann ist ein komischer Typ, mit dem wollen wir nichts zu tun haben.“ Das war noch vor dem Wirbel um Bachmanns „Hitler-Selfie“.
Die Autoren der Pegida-Studie kommen zu dem Schluss, dass es vor allem die „apodiktisch dekretierte Alternativlosigkeit von Schröder bis Merkel“ sei, die der AfD ihre Gründungslegitimation und der Pegida-Bewegung Zulauf verschafft habe.