BAMF Eine beispiellose Serie von Skandalen

Spätestens seit Ende 2016 ist klar: Das BAMF ist maßlos überfordert. Die Behörde rutscht von einem Skandal in den nächsten. Ein Überblick.

Dezember 2016 – Anschlag in BerlinNach dem Anschlag auf dem Breitscheidplatz in Berlin steht Deutschland vor einem Rätsel. Wie konnte das passieren? Anis Amri galt als Gefährder, trotzdem verloren ihn die Sicherheitsbehörden aus den Augen. Auch das BAMF patzte. Am 30. Mai 2016 lehnte es seinen Asylantrag ab – aufgrund Täuschungen und falscher Angaben. Schon am 2. März hatte das Sicherheitsreferat des BAMF erfahren, dass Amri sich unter dutzenden Alias-Namen als Flüchtling registriert hatte. Das BAMF erstattete keine Anzeige. Das BAMF erklärte damals auf Nachfrage, dass es im Fall von gefälschten Dokumenten mittlerweile durchaus wieder die zuständige Polizeibehörde informiere – vor dem Fall Amri war dem scheinbar nicht immer so. Quelle: dpa
Februar 2017 – Schnell und gründlichEmily Haber, damals die im Bundesinnenministerium zuständige Staatssekretärin, schrieb im Februar 2017, neun Wochen nach dem Anschlag, an die BAMF-Präsidentin: Die „schnelle Bearbeitung der Asylanträge“ sei „politische Verpflichtung“. Die „Quantität der Entscheidungsfälle“, könne „aber nicht von der Qualität der Asylverfahren (...) getrennt werden.“ Im Klartext heißt das: Die Behörde soll schnell und sorgfältig arbeiten. Gerade bei Asylverfahren ist Sorgfalt ab einer gewissen Geschwindigkeit allerdings nicht mehr möglich. Das Schreiben ist gekennzeichnet mit „Verschlusssache – nur für den Dienstgebrauch“ und liegt der WirtschaftsWoche vor. Quelle: dpa
April 2017 – Der Fall Franco A.Am 26. April wird der Oberleutnant Franco A. festgenommen. Er hatte sich als syrischer Flüchtling ausgegeben und in Deutschland Asyl beantragt. Obwohl er in der Anhörung Deutsch und Französisch sprach, gewährte das BAMF ihm subsidiären Schutz. Der Anhörer war selbst in der Bundeswehr, hatte aber keine Verbindungen zu Franco A. Der Entscheider war ein gelernter Künstlervermittler, der von der Bundesagentur für Arbeit an das BAMF abbeordert worden war. Franco A. stand im Verdacht, rechtsextreme Anschläge in Deutschland geplant zu haben, inzwischen ist er wieder auf freiem Fuß, weil sich „der dringende Tatverdacht für die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat“ nicht herleiten lasse, so der Bundesgerichtshof. Quelle: dpa
Mai 2017 – Der Revisionsbericht offenbart MängelDer Fall Franco A. ist Anlass für eine Überprüfung der Vorgänge im BAMF. Die Interne Revision prüft stichprobenartig 2000 positiv beschiedene Asylbescheide von Syrern und Afghanen. Der Bericht liegt der WirtschaftsWoche vor und macht deutlich, wie überfordert etliche Mitarbeiter der Behörde bis dahin waren. 18 Prozent der Asylentscheidungen bei Syrern galten als „nicht plausibel“, weil sie nicht nachvollziehbar oder nicht ausreichend dokumentiert waren. Bei Asylbescheiden afghanischer Flüchtlinge betrug die Quote sogar 46 Prozent. In mindestens 77 Prozent der Syrien-Fälle habe es keine Qualitätssicherung gegeben, bei jedem dritten Afghanistan-Fall hätten die Entscheider die internen Leitsätze und Entscheidungshilfen missachtet. Quelle: dpa
März 2018 - Sicherheitslücken Ein Bericht der Nürnberger Nachrichten und der Welt am Sonntag legt die Sicherheitsmängel im BAMF offen. Demnach beschloss die BAMF-Spitze, dass die Mitarbeiter des Sicherheitsreferats sicherheitsrelevante Fälle künftig nicht mehr selber prüfen, sondern direkt an die Sicherheitsbehörden verweisen. Das Problem daran: Zuvor hatten die BAMF-Mitarbeiter für die Sicherheitsbehörden die Asylprotokolle ausgewertet und einen Bericht verfasst – eine wertvolle Analysearbeit, die damit wegfällt. Das BMI war laut dem Bericht über die Maßnahme nicht informiert und erfuhr erst davon, als sich Mitarbeiter der Sicherheitsbehörden beschwerten. Auch die „IT-Assistenzsysteme zur Identitätsfeststellung“ werden dem Bericht zufolge intern nur als „nettes Spielzeug, aber nicht mehr“ gewertet und den Bedürfnissen des BAMF nicht gerecht. Quelle: dpa
April 2018 – Die Causa BremenSkandal in der BAMF-Außenstelle Bremen? Die Außenstelle soll in mindestens 1200 Fällen Asylanträge positiv beschieden haben, obwohl die rechtlichen Grundlagen dafür nicht gegeben waren. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Bestechlichkeit und bandenmäßiger Verleitung zu missbräuchlichen Antragsstellungen gegen die ehemalige Leiterin der Außenstelle, die mittlerweile vom Dienst suspendiert ist. Bereits im Mai 2016 war die Mitarbeiterin nach einem Disziplinarverfahren aus Bremen versetzt worden, weil Unregelmäßigkeiten in Fällen aufgetreten waren, an denen sie beteiligt war. Wenig später kehrte sie nach Bremen zurück. Ob und inwiefern die Vorwürfe gegen die Mitarbeiterin allerdings berechtigt sind, ist noch offen. Laut einem Bericht der Welt hat das BAMF die Hausleitung des BMI erst am 19. April 2018 über das Ausmaß der Korruptionsvorwürfe informiert. Quelle: REUTERS
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