Bilfinger Berger Chef Roland Koch auf Politik-Entzug

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Kein Politiker mehr

Roland Koch geht auf dem CDU-Landesparteitag von der Bühne Quelle: dpa

Was hat sich verändert in seinem Leben? "Die Wahrnehmung von Lebenssachverhalten aus dem Bereich der Politik ist geringer geworden und aus dem der Wirtschaft hat sie zugenommen." Lebenssachverhalte. Es hat geklappt, er ist jetzt wieder drin, die Zwischenzeit mit ihrer Offenheit ist vorbei. Koch hat sich seine neue Welt antrainiert, mit der Kraft der Autosuggestion, die jeder gute Politiker beherrscht. Und mit der ihm eigenen Unerbittlichkeit, die vor nichts haltmacht, nicht mal vor ihm selbst

Ist Roland Koch noch ein Politiker? Bei jedem Treffen kam diese Frage auf, meistens gab es einen Moment des Zögerns, dann ein Sowohl-als-auch. Diesmal kommt die Antwort schnell. "Nein, ich bin ganz sicher kein Politiker mehr." Kein Zweifel soll entstehen. Das Wörtchen "ganz" hat er bei der Autorisierung der Zitate extra noch nachgeliefert.

Koch wirkt geradezu unverschämt entspannt, er weiß, dass er zufrieden sein kann. In zehn Tagen wird er die neuen Ergebnisse seines Unternehmens mitteilen: ein Gewinnplus von 39 Prozent auf 394 Millionen Euro.

Der Druck hat abgenommen

Die Gefahren des berufsbedingten Schadens, den der Mensch erleidet, die hält er in Wirtschaft und Politik für dieselben: Arroganz und Selbstgefälligkeit, die unvermeidliche Verwachsung von Ego und Amt. Am Anfang sehe man noch, dass so ein Amt zeitlich begrenzt sei, die Macht nur geliehen. "Vielleicht sieht man es nach einem Jahrzehnt noch – ich glaube, ich habe es gesehen. Aber sieht man es nach anderthalb Jahrzehnten noch? Da wird’s schwierig", sagt Koch.

Ein Politiker gehöre nicht sich selbst, sondern der Öffentlichkeit, das war immer Kochs Überzeugung. Er meint damit: Politiker müssten die Deutungshoheit über ihr Image abgeben und das aushalten. Er hat nicht zu denjenigen gehört, die die Öffentlichkeit überzeugen wollten, dass sie eigentlich "ganz anders" sind. Wie anstrengend das war, stellt er jetzt erst fest.

Sieg um jeden Preis, auch um den Preis der Selbstvernichtung, das war immer die Methode Koch. Er hat den Preis klaglos bezahlt. "Ein Wunder, dass ich überlebt habe", hat Koch in einem der Gespräche gesagt, da ging es um die Spendenaffäre. Der größte Unterschied zu früher: Der Druck hat abgenommen, die ständige Sprungbereitschaft.

Ausflug in eine andere Welt.

Am 18. März steht er unter seinen Parteifreunden, in einer der hinteren Reihen der Bundesversammlung. Der Bundespräsident wird gewählt, Koch ist Wahlmann der CDU. Er ist zum ersten Mal hier, seit er der Politik den Rücken gekehrt hat.

Früher gehörte er in diesem Kreis zum Zentrum, jetzt sei er ein Teilnehmer am Rande, sagt Koch eine Woche später in einem kurzen Telefonat. Ein bisschen war es wie ein Klassentreffen, auch wenn er diesen Begriff im Hinblick auf die Bundesversammlung nicht benutzen würde: Man hat eine wichtige Zeit miteinander verbracht, aber sie ist vorbei. Man hat sich einmal gekannt. Ob man sich noch kennt, weiß man nicht genau.

"Das war ein Ausflug in eine andere Welt", sagt Roland Koch. Er vermisst sie nicht.

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