CSU-Ministerin Ilse Aigner im Interview "Davos der Agrarwirtschaft"

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Die SPD fordert außerdem ein Siegel für gentechnikfreie Lebensmittel. Finden Sie die Idee gut?

Das ist nicht nötig. Wir haben in der großen Koalition durchgesetzt, dass Hersteller auf ihre Produkte „ohne Gentechnik“ schreiben dürfen, wenn sie bestimmte Kriterien erfüllen. So darf zum Beispiel die Verunreinigung höchstens 0,9 Prozent betragen. Viele Firmen machen das bereits schon, weil sie sich eben einen Wettbewerbsvorteil davon versprechen.

Sie haben nur noch bis zur Wahl im September Zeit, Ihre Vorhaben zu verwirklichen. Wo wollen Sie weitere Schwerpunkte setzen?

Auf alle Fälle werde ich mich um die Rechte der Verbraucher beim Kauf von Finanzprodukten kümmern. Ich lasse gerade von unseren Experten eine Checkliste entwickeln: Worauf soll man beim Kauf etwa von Wertpapieren oder Versicherungen achten? Außerdem sollte die Verjährungsfrist bei solchen Verträgen von drei auf zehn Jahre verlängert werden. Fühlen sich Käufer über den Tisch gezogen und klagen, sollten die Berater künftig beweisen müssen, dass sie umfassend und verantwortungsbewusst informiert haben.

Ist für dieses Thema nicht Finanzminister Peer Steinbrück zuständig?

Stimmt, aber ich bin für 80 Millionen Verbraucherinnen und Verbraucher zuständig und habe deshalb für den März die Branche zum Spitzengespräch geladen. Und ich werde bei Herrn Steinbrück für ein Gesetz werben.

Steinbrück und die SPD werden an diesem Montag der CSU-Forderung nach Steuersenkungen wohl endlich nachgeben. Empfinden Sie das als Triumph für Ihre Partei?

In solchen Kategorien denke ich nicht. Ich werbe für Ideen, die ich für richtig halte. Und Steuersenkungen sind jetzt ein wichtiges Mittel, der Krise zu begegnen.

Wie wird die CSU nach dem Verlust der absoluten Mehrheit in Bayern bei der Europa- und Bundestagswahl abschneiden?

Die CSU als wertkonservative Partei hat das Potenzial von „50 plus x“. Unser Ziel ist, dass wir ein besseres Ergebnis bei der Europa- und Bundestagswahl erreichen als bei der Landtagswahl. Wir sind jetzt gut aufgestellt und spüren, dass die neuen Köpfe an der Basis gut ankommen.

Würden Sie sich selbst als wertkonservativ bezeichnen?

Ja. Für mich gilt das christliche Menschenbild, jeder soll den anderen so behandeln, wie er selbst behandelt werden will. Und ich habe den Anspruch, dass jeder erst einmal für sich selbst und sein näheres Umfeld sorgen muss, bevor die Solidargemeinschaft einspringt. Solidarität kann nur der einfordern, der auf der anderen Seite auch Leistung zeigt. Mein Motto lautet: Jeder soll nach seiner Façon glücklich werden, und niemand soll sagen, mein Lebensentwurf ist der beste.

Wie sieht es mit Ihrem persönlichen Lebensentwurf aus? Wollen Sie auch nach der Bundestagswahl Landwirtschaftsministerin bleiben?

Jetzt warten wir erst einmal die Wahl ab. Auf alle Fälle macht mir das Amt großen Spaß.

Aigner, 44, ist seit Oktober 2008 Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Dem Deutschen Bundestag gehört die CSU-Politikerin und gelernte Radio- und Fernsehtechnikerin seit 1998 an. Vorher war sie seit 1994 Mitglied des bayrischen Landtags.

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