Einstellungspolitik des BAMF „Der Bundesregierung droht ein massiver Glaubwürdigkeitsverlust“

Quelle: imago images

Die Bundesregierung will sachgrundlos befristete Beschäftigungsverhältnisse beschränken. Bevor sie ein entsprechendes Gesetz verabschiedet, schafft das BAMF mit Hunderten Neueinstellungen Fakten. Das sorgt für Ärger.

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Geht es nach dem Willen der neuen Bundesregierung, könnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in den nächsten Jahren viel Personal verlieren. Laut Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD sollen Arbeitgeber mit mehr als 75 Beschäftigten künftig nur noch 2,5 Prozent der Belegschaft sachgrundlos befristen dürfen – und das auch nur noch für eine Dauer von höchstens 1,5 Jahren.

Ein Wert, den das BAMF deutlich überschreitet. Dort sind zum 15. März 1300 von 6900 Mitarbeitern ohne Sachgrund befristet beschäftigt, rund 19 Prozent. „Nur noch“, wie eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums (BMI) in ihrer schriftlichen Antwort auf eine Anfrage der WirtschaftsWoche betont. Zum 5. März waren es noch 2940 Mitarbeiter, also rund 43 Prozent.

Im Rahmen einer Entfristungsaktion konnten sich seit Dezember vergangenen Jahres 3200 Mitarbeiter auf 2000 Dauerstellen bewerben, sodass das BAMF nun über 6200 unbefristete Stellen verfügt. 1200 Mitarbeiter müssen das Bundesamt demnächst verlassen, rund 220 von ihnen klagen dagegen. „Eine dauerhafte Besetzung weiterer Stellen ist derzeit angesichts der vorhandenen Haushaltsstellen nicht möglich“, sagt ein Sprecher des BAMF.

Beschließt die Bundesregierung das Gesetz, dürfte der personelle Aderlass beim BAMF noch deutlich größer ausfallen. Gemessen am aktuellen Personal könnte das Amt dann nur 173 Mitarbeiter ohne Sachgrund befristet beschäftigen. Wie und auf welche Weise die Zahl der sachgrundlos befristeten Mitarbeiter in Zukunft reduziert werden soll, dazu äußerte sich die Sprecherin des BMI nicht: „Es gibt noch keinen Bundeshaushalt für 2018 ff., daher kann darüber hinaus keine Aussage getroffen werden.“

Innerhalb des BAMF ist die Stimmung ob des Gesetzesvorhabens angespannt. „Das wäre ein riesengroßes Desaster für uns“, sagt ein mit der Sache vertrauter Mitarbeiter. Er verweist auf die Aufgaben, die das Bundesamt in den vergangenen Jahren eher stiefmütterlich behandelte und nun, auch auf Druck aus der Politik, verstärkt angehen will: Rund 350.000 Asylverfahren sind vor den Verwaltungsgerichten anhängig, das Bundesamt wirkt aber bis dato kaum an den Prozessen mit. Die dem BAMF obliegenden Integrationsaufgaben bewältigt die Behörde mehr schlecht als recht. Auch die Zusammenarbeit mit anderen europäischen Asylbehörden hat das Amt zuletzt vernachlässigt. Hinzu kommt, dass das BAMF seit September 2017 verstärkt die Qualität seiner Entscheide sichert, was viel Personal bindet. „Die Politik verlangt immer mehr von uns, allein uns fehlt das Personal für diese Aufgaben. Es bleibt uns also aktuell nichts anderes übrig, als befristet einzustellen“, sagt der Mitarbeiter.

Welche Aufgaben das BAMF zu bewältigen hat

Obwohl die Zahl der Asylverfahren rückläufig ist, werden die Aufgaben für das BAMF nicht weniger – so sieht das auch die Amtsleitung. Deswegen hat sie für 2018 beim BMI einen deutlichen Mehrbedarf für dauerhafte Personalstellen geltend gemacht. Auf Anfrage, wollte sich ein Sprecher des BAMF nicht näher dazu äußern: „Das Bundesamt befindet sich in intensiver Abstimmung mit dem Bundesministerium des Innern, konkrete Zahlen kann ich Ihnen aufgrund der laufenden Aufstellungsphase jedoch leider nicht nennen.“

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