Freigabe von Cannabis Kiffen gegen die Mafia? Was für ein Unsinn!

Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat dem Kabinett Eckpunkte zur Legalisierung von Cannabis vorgelegt. Den feinen Stoff könnten sich nur Gutsituierte leisten, während sich das organisierte Verbrechen kaputtlacht. Ein Gastbeitrag von Frank Buckenhofer von der Gewerkschaft der Polizei, zuständig für den Zoll.

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Die Absicht der Koalition, dem Kiffen das Kriminelle zu nehmen, hat eine hoch emotionale Debatte um frei zugängliche Drogen losgetreten. Neben seriösen und sachlichen Stimmen melden sich missionarische Asketen und Gebt-das-Hanf-frei-Kämpfer zu Wort, die ein Grundrecht auf Rausch einfordern.

In diesem Klima scheinbar unversöhnlicher Gegensätze ist es schwer, einzelne Aspekte sachlich zu erörtern. Dennoch erscheint es mir wichtig, die geplante Legalisierung von Cannabis zu beleuchten. Mein Blickwinkel ist dabei die praktische Umsetzbarkeit in steuer- und ordnungspolitischer Hinsicht.

Teurer und knallt weniger

Zu glauben, dass ein legales Cannabisprodukt einen Verkaufspreis hat, der dem heutigen Schwarzmarktpreis nahekommt, ist naiv und unrealistisch obendrein. Dies wird aber im Eckpunktepapier der Regierung suggeriert. Selbst wenn Cannabis legal steuerfrei vertrieben werden könnte, wäre es beträchtlich teurer als das illegale.

Sachgerechte Herstellung unter hygienischen und lebensmittelrechtlichen Bedingungen bei anständigem Lohn und hoher Qualitätskontrolle, sichere Lagerung und Transport, verantwortungsvoller Vertrieb in Apotheken oder Lizenzverkaufsstellen führen schon zu einem Kostenaufwand, der weit über der Billigware im weitverzweigten Netz eines altbewährten Schwarzmarktes liegt.

Wer kann sich Apothekenware leisten?

Auf legales Hasch kämen noch Umsatz- und Verbrauchsteuer, was zur Folge haben wird, dass sich der gut situierte erwachsene Konsument das seriöse Produkt Cannabis von hoher Qualität in der Apotheke leisten kann. Die anderen, also Jugendliche und solche, die eher sparsam leben müssen, werden weiterhin den bekannten, lukrativen und überall verfügbaren Schwarzmarkt nutzen. Neben den Preisunterschieden und Altersbegrenzungen wird die Gesamtlage der Konkurrenz zwischen Legal- und Schwarzmarkt noch durch produktbezogene Begrenzungen verschärft. Dazu gehören zum Beispiel Höchstmengen für Besitz und Erwerb sowie Begrenzungen beim Wirkstoffgehalt. Das alles freut den Schwarzmarkt, der eben immer und alles an jeden verkaufen kann. Und mit mehr THC-Wirkstoff, der zum billigeren Preis auch noch mehr knallt.

Zoll statt Polizei

Zuständig für die Bekämpfung solcher Schwarzmärkte von Verbrauchsteuerprodukten ist der Zoll und nicht die Polizei. Wenn also demnächst im Görlitzer Park in Berlin, am Hauptbahnhof in Essen oder in einem entlegenen Schwarzwalddorf unversteuertes Cannabis verkauft wird, muss der Zoll ran. Der wiederum wurde in den letzten Jahrzehnten – wenn es um die Bekämpfung von Schmuggel, Geldwäsche und Verbrauchsteuerkriminalität geht – vollkommen kaputtgespart. Die Kontroll- und Fahndungsdienste im Zoll pfeifen förmlich auf dem letzten Loch. Ein neues verbrauchsteuerpflichtiges Cannabisprodukt trifft also auf einen hervorragend funktionierenden Schwarzmarkt und einen ohnehin am Boden liegenden Zoll.

Keine Abschreckung

Das ganze Projekt der Legalisierung wird von der organisierten Kriminalität lässig betrachtet, weil sie im Wesentlichen ein paar Kunden verliert, die sich demnächst den Edelstoff aus der Apotheke leisten können, während Jugendliche und finanziell Schwache weiterhin in dunklen Ecken ihre Versorgung sichern müssen. Die beabsichtigten Strafandrohungen, die das Eckpunktepapier vorsieht, werden den Schwarzmarkt nicht erschrecken. Der ist es gewohnt, unter der Androhung eines schweren Verbrechensvorwurfs gelassen seinem Tagwerk nachzugehen. Wenn der lokale Dealer erfährt, dass die Polizei den Cannabisverkauf gar nicht mehr im Fokus haben soll, sondern nur noch der Zoll, der personell, strategisch und organisatorisch äußerst schwach auf der Brust ist, wird er sich über das neue Gesetz freuen und es nicht als seinen Garaus begreifen. Wäre der Cannabisschwarzmarkt eine Aktiengesellschaft, wäre jetzt der Zeitpunkt einzusteigen.

Achtung Völkerrecht!

Zu guter Letzt noch ein nicht unwichtiger Blick ins Völkerrecht: Die geplante Liberalisierung von Suchtstoffen bedarf erst einmal der Zustimmung der EU-Kommission und der Mitgliedsstaaten, weil ansonsten Vertragsverletzungsverfahren oder Staatshaftungsansprüche drohen. Das zeigt bereits die schwierigen rechtlichen Anforderungen und Hürden an einen nationalen Alleingang in Sachen Cannabislegalisierung. Diesen Weg haben sich bis heute nicht mal die in Sachen Kiffen großzügigen Niederlande getraut.

Eine der Folgen deutscher Liberalisierungswünsche wird sein, dass aus völker- und unionsrechtlichen Gründen Deutschland sicherstellen muss, dass die Ausfuhr von in Deutschland dann zukünftig legalen Cannabisprodukten verboten ist. Dieses Verbot zu kontrollieren, ist kaum möglich. Der Zoll weiß, wie schwierig schon die Überwachung der Grenze bei der Einfuhr von Drogen ist.

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Hoher Steuersatz

Eine weitere Folge der Legalisierung wird sein, dass Cannabisprodukte einer Umsatzsteuer und einer Verbrauchsteuer unterliegen. Unbestritten und anerkannt ist, dass die Höhe der Verbrauchsteuer bei derartigen Produkten immer auch eine gesundheitspolitische Lenkungswirkung hat. Die Konzerne der Zigarettenindustrie kennen diese steuerrechtlichen und gesundheitspolitischen Begründungen und ihre Folgen auf die Preisgestaltung ihrer Produkte zur Genüge. Es ist daher kaum vorstellbar, dass Cannabisprodukte im Verhältnis zu Tabakwaren einen günstigeren Steuersatz bekommen.

Lesen Sie auch: Cannabis: So viel dürfte die Legalisierung dem Staat einbringen 

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