Das Etikett klebte ihm der Spiegel an. „Ludwig Erhards linker Erbe“, titelte die Online-Ausgabe in einer Vorabbesprechung des Buches „Machtwirtschaft Nein Danke! Für eine Wirtschaft, die uns allen dient“ von Gerhard Schick. Doch der finanzpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Bundestag wehrte sich jetzt bei der Buchvorstellung dagegen. „Erbe von Ludwig Erhard? Das geht gar nicht!“ erklärte der Volkswirt aus Baden-Württemberg. Erhard habe Wohlstand für alle gewollt, so Schick, da gehe es aber nur um den Geldbeutel. Ihm aber gehe es um das ganzheitliche Wohlbefinden der Menschen. Mancher denkt schon jetzt an das Bemühen der Grünen um die Volksgesundheit, das im vorigen Jahr in der Forderung nach einem Veggie-Day gipfelte.
Doch Schick ist Finanzpolitiker und insbesondere darauf spezialisiert, Banken genau auf die Finger und in die Bilanzen zu schauen. Da hat sich der Grüne beachtliche Aufmerksamkeit und Anerkennung in der Hauptstadt erworben. Doch Schick möchte mehr, und deshalb nimmt er sich in seinem Buch gleich die Marktwirtschaft vor, die nach seinem Empfinden zur Machtwirtschaft verkommen ist – mit der Deutschen Bank als ganz schlimmen Finger. Er appelliert an die gesellschaftliche Verantwortung aller und schreibt: „Es geht um das „Wir“, nicht um das „Ich“.“ Das erinnert in der Tat ein wenig an Ludwig Erhard und seine Maßhalteappelle. Allerdings wollte Erhard den einzelnen nicht vorschreiben, wie sie glücklich werden; er wollte es ihnen selbst überlassen, wie sie mit ihrem Wohlstand umgehen.
Und zu Erhard hätte auch nicht die grüne Wahlkampf-Forderung nach einer Anhebung des Spitzensatzes bei der Einkommensteuer von 42 auf 49 Prozent (plus Soli) gepasst. Erhard wollte den Bürgern die Chance geben, sich selbst ihren Wohlstand durch eigene Arbeitsleistung zu erwirtschaften. Die Grünen dagegen wollen per Umverteilung zum Wohlbefinden kommen. Erhard würde sich wohl – wie Schick - einer Adoption verweigern.
Zugute halten muss man Schick, dass er nicht nur auf die Deutsche Bank eindrischt. Er ist auch „angesichts der vielen Beispiele staatlichen Versagens oft sprachlos“. Er erinnert an Hybris und Gier großer Landesbanken wie die Sachsen LB. Er spricht von Staatsversagen bei der Regulierung der Märkte. Deshalb sei die Antwort, „dass wir jetzt den Primat der Politik durchsetzen und die Märkte stärker regulieren müssen, zu einfach“. Quasi als dritten Weg plädiert Schick dafür, dass sich alle Bürger einmischen sollen. Das wäre in Zeiten zunehmender Politikverdrossenheit durchaus wünschenswert. Das macht schließlich auch sein Buch lesenswert. Man liest über die marktwirtschaftlichen Missstände, setzt sich mit seinen Thesen auseinander – und kommt am Ende vielleicht zu anderen Schlussfolgerungen.