Gerhard Schick Grüner Finanzpolitiker will kein Enkel Ludwig Erhards sein

Bei Erhard gehe es um Wohlstand für alle, schüttelt sich der grüne Finanzexperte Gerhard Schick. Er aber wolle Wohlbefinden für den ganzen Menschen.

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Finanzexperte Gerhard Schick Quelle: Presse

Das Etikett klebte ihm der Spiegel an. „Ludwig Erhards linker Erbe“, titelte die Online-Ausgabe in einer Vorabbesprechung des Buches „Machtwirtschaft Nein Danke! Für eine Wirtschaft, die uns allen dient“ von Gerhard Schick. Doch der finanzpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Bundestag wehrte sich jetzt bei der Buchvorstellung dagegen. „Erbe von Ludwig Erhard? Das geht gar nicht!“ erklärte der Volkswirt aus Baden-Württemberg. Erhard habe Wohlstand für alle gewollt, so Schick, da gehe es aber nur um den Geldbeutel. Ihm aber gehe es um das ganzheitliche Wohlbefinden der Menschen. Mancher denkt schon jetzt an das Bemühen der Grünen um die Volksgesundheit, das im vorigen Jahr in der Forderung nach einem Veggie-Day gipfelte.

Doch Schick ist Finanzpolitiker und insbesondere darauf spezialisiert, Banken genau auf die Finger und in die Bilanzen zu schauen. Da hat sich der Grüne beachtliche Aufmerksamkeit und Anerkennung in der Hauptstadt erworben. Doch Schick möchte mehr, und deshalb nimmt er sich in seinem Buch gleich die Marktwirtschaft vor, die nach seinem Empfinden zur Machtwirtschaft verkommen ist – mit der Deutschen Bank als ganz schlimmen Finger. Er appelliert an die gesellschaftliche Verantwortung aller und schreibt: „Es geht um das „Wir“, nicht um das „Ich“.“ Das erinnert in der Tat ein wenig an Ludwig Erhard und seine Maßhalteappelle. Allerdings wollte Erhard den einzelnen nicht vorschreiben, wie sie glücklich werden; er wollte es ihnen selbst überlassen, wie sie mit ihrem Wohlstand umgehen.

Wie Rot-Grün die Deutschen zwangsbeglücken will
Die Grünen wollen nach der Bundestagswahl einen fleischlosen Tag in Kantinen einführen. Der Vorschlag wabert schon eine ganze Zeit lang durch die Partei und wurde schon mehrmals scharf kritisiert. So verglich beispielsweise der CDU-Politiker Josef Rickfelder im Januar 2013 den "Veggie-Day" in Kantinen und Schulen mit dem Eintopftag der Nationalsozialisten und nannte ihn eine "Gängelung der Bürger", gegen die man sich wehren müsse. Trotzdem wollen die Grünen nach der Bundestagswahl den "Veggie-Tag" einführen, an dem in Kantinen und Mensen ausschließlich vegetarisch und vegan gekocht werden soll. „Ein Veggie Day ist ein wunderbarer Tag zum Ausprobieren, wie wir uns mal ohne Fleisch und Wurst ernähren“, sagte die Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Renate Künast. Mit dem Vegetariertag will die Partei den Fleischkonsum der Bundesbürger senken. Es ist nicht das erste Mal, dass sich Politiker so in das Privatleben der Bürger einmischen (wollen). Quelle: dpa
Auf umweltschädliche Plastiktüten sollte nach Überlegungen in den Reihen der Grünen künftig eine Steuer von 22 Cent erhoben werden. Die Verwendung erdölbasierter Kunststoffe müsse dringend eingeschränkt werden, sagte die umweltpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Dorothea Steiner, der Bild-Zeitung. Quelle: dpa
Auch die Forderung nach einer gesetzlichen Frauenquote kommt von Rot-Grün. Mittlerweile stößt auch die CDU, allen voran Arbeitsministerin Ursula von der Leyen, ins gleiche Horn. Quelle: dpa
Seit dem 01.08.2013 haben Familien einen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz für ein- und zweijährige Kinder. Ginge es nach dem Willen von Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD), müssen alle Kinder ab dem ersten Lebensjahr in eine Kita gehen. Sie sprach zwar nicht ausdrücklich von einer Kita-Pflicht, sagte aber: "Bisher waren wir uns mit der CDU einig, dass Bildung schon in der Kita beginnen muss. Dann müssen wir aber auch sicherstellen, dass alle Kinder da sind, statt eine Prämie zu zahlen, damit sie fernbleiben." In der CDU stieß dieser Vorschlag auf harsche Kritik. So hatte sich beispielsweise Familienministerin Kristina Schröder echauffiert: "Wer eine Kita-Pflicht ab dem ersten Geburtstag will, muss ein ziemlich verqueres Menschenbild haben." Quelle: dpa
2012 wollten SPD und Grüne den Autofahrern an den Kragen: Sie wollten aber nicht nur Autobahnraser bremsen, auch in den Innenstädten sollte es beschaulicher zugehen. Sie forderten ein generelles Tempolimit von 30 Stundenkilometern in Städten, um die Straßen sicherer zu machen. "Mit Rot-Grün stünde ganz Deutschland auf der Bremse", schimpfte damals CDU-Politiker Hermann Gröhe. Quelle: dpa/dpaweb
Auch den steuerfreien 450-Jobs soll es nach dem Willen von Rot-Grün an den Kragen gehen. "Alle Verdienste über 100 Euro im Monat sollen steuer- und abgabenpflichtig werden, mit reduzierten Beiträgen für geringe Einkommen", fordert Grünen-Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt. So könne mehr Beschäftigung entstehen. "Die Leute wären besser abgesichert und könnten wieder mehr Rentenansprüche aufbauen." Für Studenten, Hausfrauen und Hartz-IV-Empfänger, die sich mit den Minijobs etwas dazu verdienen, wäre das allerdings ein Schlag ins Gesicht. Quelle: dpa
In Nordrhein-Westfahlen wollte dir rot-grüne Landesregierung die Ladenöffnungszeiten verändern: Geschäfte sollten nur noch maximal 13 mal im Jahr Sonntags geöffnet haben dürfen. Außerdem plante Rot-Grün ein Verkaufsverbot an Samstagen ab 22 Uhr. Quelle: AP

Und zu Erhard hätte auch nicht die grüne Wahlkampf-Forderung nach einer Anhebung des Spitzensatzes bei der Einkommensteuer von 42 auf 49 Prozent (plus Soli) gepasst. Erhard wollte den Bürgern die Chance geben, sich selbst ihren Wohlstand durch eigene Arbeitsleistung zu erwirtschaften. Die Grünen dagegen wollen per Umverteilung zum Wohlbefinden kommen. Erhard würde sich wohl – wie Schick - einer Adoption verweigern.

Zugute halten muss man Schick, dass er nicht nur auf die Deutsche Bank eindrischt. Er ist auch „angesichts der vielen Beispiele staatlichen Versagens oft sprachlos“. Er erinnert an Hybris und Gier großer Landesbanken wie die Sachsen LB. Er spricht von Staatsversagen bei der Regulierung der Märkte. Deshalb sei die Antwort, „dass wir jetzt den Primat der Politik durchsetzen und die Märkte stärker regulieren müssen, zu einfach“. Quasi als dritten Weg plädiert Schick dafür, dass sich alle Bürger einmischen sollen. Das wäre in Zeiten zunehmender Politikverdrossenheit durchaus wünschenswert. Das macht schließlich auch sein Buch lesenswert. Man liest über die marktwirtschaftlichen Missstände, setzt sich mit seinen Thesen auseinander – und kommt am Ende vielleicht zu anderen Schlussfolgerungen.

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