Personalvorständin von Tui „Wir brauchen einen Pakt für digitale Bildung“

Die Digitalisierung muss nicht zwingend zum Jobkiller werden, glaubt Tui-Arbeitsdirektorin Elke Eller. Doch dafür müsse die Politik schnell reagieren – zum Beispiel mit einer besseren Digitalisierung der Bildung.

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Digitale Bildung von Anfang an. Quelle: dpa

Berlin Die Digitalisierung wird das Arbeitsleben grundlegend verändern. Viele Jobs kann künftig ein Algorithmus erledigen, neue werden entstehen. Smartphone und Tablet eröffnen den Beschäftigten neue Möglichkeiten, Beruf und Privatleben besser zu vereinbaren, bergen aber auch das Risiko der Entgrenzung von Arbeit. Politik und Unternehmen haben es in der Hand, den Wandel zu gestalten, sagt Elke Eller, Personalvorstand beim Touristikkonzern Tui Group und Präsidentin des Bundesverbands der Personalmanager, im Handelsblatt-Interview.

Frau Eller, was sind aus Sicht von Personalmanagern die größten Herausforderungen der Digitalisierung?
Bei uns wird gerne mit Horrorstudien argumentiert, wonach jeder zweite Arbeitsplatz bedroht ist. Ich halte davon nichts. Auch wir Personaler können verhindern, dass die Digitalisierung zum Jobkiller wird, aber sicher ist, sie wird die Jobs verändern.

Woran denken Sie?

Als in den 80er-Jahren der Computer Einzug hielt, dachte man, jetzt kommt das papierlose Büro und die Sekretärinnen werden überflüssig. Sie sind aber heute immer noch da, nehmen aber als Assistentin deutlich vielfältigere Aufgaben wahr als früher. Oder nehmen Sie den Mechaniker. Früher reichte es, wenn er etwas von Kolben und Zylindern verstand. Als Mechatroniker muss er heute schon auch die Bordelektronik beherrschen. Und  künftig wird er sich auch mit digitalen Anwendungen auskennen müssen. Anstatt lediglich repetitive Aufgaben kommen nun kontextuelle Aufgaben hinzu.

Das setzt aber eine andere Qualifizierung voraus …
Ja, deshalb brauchen wir einen Pakt für digitale Bildung in Deutschland. Wir müssen unsere traditionellen Berufsbilder auf deren Anpassungsbedarf durchleuchten. Wir müssen die Lehrpläne an den Hochschulen wieder realitätsnäher machen. Weiterbildung muss gestärkt werden, um der Babyboomer-Generation das ABC der Digitalisierung beizubringen. Und es nützt nichts, wenn in den Schulen zwar moderne Softboards hängen, die Lehrer sie aber weiter wie eine klassische Tafel verwenden.

Auch die Beschäftigten erhoffen sich von der Digitalisierung mehr Freiräume, etwa was die Arbeitszeit angeht. Was sagen Sie als Personalmanagerin dazu?

Die Beschäftigten haben heute viel differenziertere Lebens- und somit auch Arbeitskonzepte als in der Vergangenheit, nicht nur, wenn Kinder da sind, sondern etwa auch, wenn sie ein Sabbatical wünschen. Das können wir in einem Arbeitnehmermarkt, wie wir ihn heute haben, nicht ignorieren. Und das wollen wir auch gar nicht.

Also was schlagen Sie vor?
Wir brauchen mehr Freiräume, um etwas auszuprobieren. Da sind wir Personaler gefragt, ganz unterschiedliche agile Arbeitsformen gemeinsam mit dem Mitarbeiter zu testen. Die sozialen Experimentierräume, die die frühere Arbeitsministerin Andrea Nahles vorgeschlagen hat, gehen in die richtige Richtung. Da können wir dann schnell feststellen, ob der Acht-Stunden-Tag noch zeitgemäß ist und wie er individuell angepasst werden muss. Aber es bleibt immer ein Spagat zwischen dem Individualisierungsbedarf und dem Erfordernis, kollektive Regelungen zu treffen.

Was meinen Sie?
Bei uns bei TUI ist der Betriebsrat auf uns zugekommen mit der Bitte, Arbeitsgruppen zu fünf Themenfeldern zu gründen. Da geht es um die Arbeitszeit, aber auch um die Arbeitsbedingungen, die Büroumgebung oder Datenschutz. Es geht nicht darum, all diese Fragen in Betriebsvereinbarungen bis ins kleinste Detail zu regeln. Aber wir müssen gemeinsam neue Leitplanken setzen. 

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