Regierungsbildung Hängepartie in Hessen

Für die hessische Regierungsbildung sollten jetzt wichtige Weichen gestellt werden. Doch derzeit sieht alles nach einer langen Hängepartie aus. Die SPD spielt mit Blick auf die Verhandlungen in Berlin auf Zeit.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Der hessische Spitzenkandidat der SPD: Thorsten Schäfer-Gümbel. Quelle: dpa

Wiesbaden Rot-Grün und die Linke in Hessen sind sich bei ihrer zweiten Sondierung am vergangenen Freitag zwar bei zentralen Themen nähergekommen. Doch im Wiesbadener Poker um die Regierungsbildung ist noch längst keine Vorentscheidung gefallen. Wegen der laufenden großen Koalitionsgespräche im Bund haben CDU und SPD ihr wichtiges drittes Treffen am Dienstag abgesagt - und damit werden die Parteigremien nicht wie geplant im Laufe der Woche die Gespräche bewerten.

Der Fahrplan auf dem Weg zu Koalitionsgesprächen kann also nicht eingehalten werden. Bereits kurz nach der Wahl am 22. September hatte der SPD-Landesvorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel wegen der schwierigen Sondierungen nicht ausgeschlossen, dass Hessen nach der konstituierenden Sitzung des neuen Landtags am 18. Januar geschäftsmäßig weiterregiert werden müsse.

Der SPD scheint dieser Zeitgewinn sehr willkommen zu sein. Hintergrund ist Hessens prekäre Finanzlage, die einer neuen Regierung für Reformen wenig Spielraum lässt. Rot-Grün hatte stets auf mehr Geld vom Bund durch höhere Steuern gehofft. Doch dies erweist sich angesichts der Machtverhältnisse in Berlin als Schimäre.

Jetzt will Schäfer-Gümbel abwarten, ob die laufenden Gespräche in Berlin die Finanzzuweisungen an die Länder verbessern. „In Hessen wird man nicht über einen Koalitionsvertrag entscheiden können, wenn nicht klar ist, was in Berlin festgelegt wurde“, sagte er dem „Darmstädter Echo“.


Es bleibt spannend

Mehr Geld des Bundes für die Länder könnte ein Zugeständnis an die SPD in den Berliner Verhandlungen sein. Hessen gehört zwar zu den reichsten Bundesländern. Das Land hat jedoch unter der CDU/FDP-Regierung hohe Schulden mit einem strukturellen Defizit von 1,5 Milliarden Euro angehäuft - und hat gegen den Länderfinanzausgleich in Karlsruhe geklagt.

Das Spiel auf Zeit und mehr Geld erlaubt zugleich SPD und Grünen, weiterhin vom Politikwechsel zu träumen. Am kommenden Freitag geht es mit der Linken ums Eingemachte - die Finanzen. Die Linkspartei kann sich mit der in der Verfassung verankerten Schuldenbremse, die neue Schulden ab 2020 unmöglich macht, nicht anfreunden.

Ein Zusammengehen mit der Linken birgt für die Hessen-SPD gleich ein mehrfaches Risiko: Ein Großteil der Bundes-SPD - allen voran Parteichef Sigmar Gabriel - hat dafür keine Sympathien. Noch gravierender: In Hessen wird diese vor fünf Jahren schon einmal krachend gescheiterte Option, die Schäfer-Gümbel faktisch vor der Wahl ausgeschlossen hatte, in Umfragen von der Mehrheit der Bürger abgelehnt. Auf der anderen Seite gibt es auch gegen eine große Koalition mit der Hessen-CDU unter einem Regierungschef Volker Bouffier viele Vorbehalte bei der SPD.

Es bleibt also spannend: An diesem Montag sondieren nun in Wiesbaden erstmal CDU und Grüne weiter. Es ist bereits das dritte Treffen - Bouffier hat sich bisher zu Schwarz-Grün optimistisch geäußert. Bei diesem Treffen dürfte es um den von den Grünen geforderten Ausbaustopp für den Frankfurter Flughafen mit einer Begrenzung der Flugbewegungen gehen.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%