Sorgen in Deutschland Trump wird neue Iran-Politik verkünden

Donald Trumps verbale Attacken auf den Iran sollen nun zu Politik werden. Der US-Präsident könnte das Abkommen mit dem Land aufkündigen. Auch die deutsche Wirtschaft wäre betroffen.

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Dem US-Präsidenten geht das Iran-Abkommen nicht weit genug. Quelle: AP

Washington/Teheran Schon länger wartet die internationale Gemeinschaft darauf, dass US-Präsident Donald Trump sein weiteres Vorgehen in Sachen Iran verkündet. An diesem Freitag um 12.45 Uhr Ortszeit und somit 18.45 Uhr deutscher Zeit soll es so weit sein. Hintergrund ist das Atomabkommen mit dem Iran, das Trump in den vergangenen Wochen immer wieder in Frage gestellt und scharf kritisiert hat.

Der Republikaner muss dem Kongress bis zum Sonntag sagen, ob der Iran die Auflagen aus der Vereinbarung erfüllt. Es wird damit gerechnet, dass der Präsident diese Bestätigung verweigern wird.

Das Atomabkommen wurde im Juli 2015 vom Iran, den Uno-Vetomächten USA, Russland, China, Frankreich und England sowie Deutschland geschlossen. Als Folge verzichtet der Iran auf die Entwicklung von Nuklearwaffen. Im Gegenzug sollen Sanktionen aufgehoben werden. Alle Beteiligten – bislang auch die USA – haben Teheran bisher bescheinigt, den Vertrag einzuhalten.

Trump mache sich umfangreiche Gedanken dazu, was er in Bezug auf den Iran tun solle, sagte der Stabschef des Präsidenten, John Kelly, am Donnerstag. Da Trump stets betont hat, dass es ihm beim Thema Iran um einen Gesamtansatz geht, könnte das auch andere rechtliche oder politische Ansätze als bisher bedeuten.

Die USA verweisen seit längerem darauf, dass es ihnen beim Iran nicht nur um das Thema Atom gehe, sondern um die strategische und politische Rolle des Landes im konfliktreichen Nahen Osten. Iran ist eine der größten Regionalmächte und Erzfeind der US-Verbündeten Saudi-Arabien zum einen und Israel zum anderen.

Sollte Trump am Freitag seine Bestätigung verweigern, muss der Kongress innerhalb von 60 Tagen entscheiden, ob die ausgesetzten Sanktionen gegen Teheran wieder in Kraft gesetzt werden sollen. Erst dieser Schritt käme einer Aufkündigung des Abkommens gleich. Eine Mehrheit für Sanktionen ist im Senat fraglich.

„Es gibt weder einen Grund panisch zu werden noch die eventuellen irrationalen Entscheidungen Trumps überhaupt ernst zu nehmen“, sagte Irans Parlamentspräsident Ali Laridschani am Donnerstag. Die internationale Gemeinschaft sei gegen Trumps Alleingänge.

Vizepräsident und Atomchef Ali Akbar Salehi hofft insbesondere auf die Unterstützung der Europäischen Union. „Wir setzen auf die Europäer und bis jetzt waren die Signale diesbezüglich ja auch positiv“, sagte Salehi laut Nachrichtenagentur Irna. Wichtig sei jedoch, dass die Europäer sich auch im Ernstfall gegen die USA und auf die Seite des Irans stellten.


Deutsche Wirtschaft um Exporte besorgt

Die deutsche Wirtschaft befürchtet bei einem Ausscheren der USA einen massiven Rückschlag für das Iran-Geschäft. Eine Rückkehr zu den ausgesetzten US-Sanktionen gegen den Iran wäre „ein Schlag ins Kontor der sich wieder deutlich belebenden Handelsbeziehungen“, sagte der Außenwirtschaftschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Volker Treier, der Deutschen Presse-Agentur.

Würden die Sanktionen reaktiviert, wäre das eine „herbe Enttäuschung“, sagte Treier. „Auch die deutsche Wirtschaft hat sich darauf verlassen, dass die internationale Vereinbarung und damit die neue erleichterte Sanktionslage gilt.“

Der DIHK hatte große Hoffnungen in das Atomabkommen und die daraus folgende Aussetzung der Sanktionen im Januar 2016 gesetzt. Innerhalb von zwei Jahren erwartete der Wirtschaftsverband eine Verdoppelung des Handelsvolumens von 2,4 Milliarden (2015) auf fünf Milliarden Euro. Innerhalb von fünf Jahren seien sogar zehn Milliarden Euro möglich, so die Ursprungsprognose.

Die tatsächliche Entwicklung ist weit von den Erwartungen entfernt. Allerdings gab es in den ersten sieben Monaten dieses Jahres ein deutliches Wachstum bei den deutschen Exporten in den Iran um 23 Prozent auf 1,6 Milliarden Euro. Bis Jahresende soll erstmals seit zehn Jahren die Marke von drei Milliarden Euro geknackt werden. Der Iran importierte dagegen zuletzt nur Waren für um die 300 Millionen Euro pro Jahr nach Deutschland.

Der „großen Durchbruch“ sei vor allem wegen anhaltender Probleme im Finanzsektor ausgeblieben, räumte Treier ein. „Aber immerhin bewegen wir uns auf einem für den deutschen Export ja deutlich überdurchschnittlichen Wachstumspfad mit dem Iran.“ Der würde bei einer Rückkehr zu den Sanktionen abgebrochen. Trotzdem sei nicht zu erwarten, dass die neu aufgebauten geschäftlichen Beziehungen im mittelständischen Bereich „wieder auf null zurückgefahren würden wie wir sie 2015 und 2014 hatten“.

Treier befürchtet aber, dass neue Kooperationsfelder brachliegen bleiben könnten. Der Iran habe die zweitgrößten Erdgas- und viertgrößten Erdöl-Reserven weltweit, sagte er. Die Erschließung dieses Potenzials werde bei einem neuen Sanktionsregime sehr schwer fallen. Der Investitionsbedarf in diesem Bereich wird laut Treier auf 900 Milliarden Euro bis 2023 geschätzt. „Davon sind noch nicht viele Projekte angegangen worden.“

Treier befürchtet, dass die Trump-Rede auch ohne die Wiedereinsetzung von Sanktionen negative Auswirkungen haben könnte, wenn der US-Präsident das Abkommen nicht bestätigt. „Je größer das Unternehmen und je stärker es exponiert ist in den USA, umso mehr würde eine solche Interregnumsphase die Verunsicherung schüren“, sagte er. Solche Unternehmen würden zunächst von weiteren Aktivitäten erst einmal Abstand halten, um Sicherheit zu gewinnen.

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