
Nach dem Terroralarm von München fahnden die Sicherheitsbehörden weiter nach islamistischen Extremisten. Die Polizei wertete dazu auch Hinweise aus der Bevölkerung aus. Die Lage in der bayerischen Landeshauptstadt war am Samstag entspannt. Unklar blieb, ob es die teils namentlich genannten Verdächtigten aus Syrien und dem Irak überhaupt gibt. Bundesinnenminister Thomas de Maizière und Unionsfraktionschef Volker Kauder (beide CDU) sprachen sich für eine engere Kooperation mit ausländischen Sicherheitsbehörden aus.
Die Behörden hatten am Silvesterabend den Münchner Hauptbahnhof sowie den Bahnhof im Stadtteil Pasing evakuiert. Der Aktion waren Hinweise befreundeter Geheimdienste vorausgegangen. Ihnen zufolge bestand der konkrete Verdacht, dass fünf bis sieben Anhänger der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) gegen Mitternacht Anschläge wie in Paris verüben wollten.
Schneller Überblick: Was in der Silvesternacht in München geschah
Gegen 19.40 Uhr kommt nach Angaben des bayerischen Innenministers Joachim Herrmann (CSU) vom Bundeskriminalamt der Hinweis auf ein bevorstehendes Attentat. Das BKA habe zuvor von einem befreundeten Nachrichtendienst die „dringende Warnung“ vor einem Anschlag in München um Mitternacht erhalten. Aus Sicherheitskreisen heißt es, die erste konkrete Warnung sei aus Frankreich gekommen.
Der Hinweis beinhaltete laut Herrmann eine konkrete Uhrzeit, einen konkreten Ort und eine klare Benennung von Tätern aus dem Bereich der Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Es solle sich um fünf bis sieben Attentäter handeln. Der Bayerische Rundfunk meldet später, es handele sich um sieben Iraker, die sich schon in München aufhielten und namentlich bekannt seien - eine Bestätigung dafür gibt es zunächst nicht.
Um 22.40 Uhr warnt die Polizei München via Twitter vor einem Attentat. Kurz darauf teilt sie mit, der Hauptbahnhof und der Bahnhof Pasing im Westen Münchens seien geräumt worden.
Münchens Polizeipräsident Hubertus Andrä gibt später bekannt, dass es sich bei den geplanten Attentaten um Selbstmordanschläge handeln soll. Rund 550 Einsatzkräfte seien im Einsatz.
Zum Neujahrsmorgen entspannt sich die Lage. Zwischen 3.30 und 4.00 Uhr gibt die Polizei die Bahnhöfe wieder frei. Die Polizei bleibt in Alarmbereitschaft und ist mit mehr Beamten als üblich in der Stadt präsent. Die Fahndung nach den möglichen Attentätern läuft weiter.
Die Sicherheitskräfte waren am Samstag weiter mit verstärkten Kräften im Einsatz. „Wir haben mehr Polizei, die in der Stadt unterwegs ist“, sagte ein Polizeisprecher. Etwa 100 bis 200 Beamte seien erneut zusätzlich im Dienst. Neue Erkenntnisse gebe es aber nicht. „Die Stadt ist ruhig.“
Von einer konkreten Anschlaggefahr gingen die Behörden nicht mehr aus. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hatte bereits am Freitag Entwarnung gegeben. „Wir sind froh, dass es sehr ruhig ist“, sagte der Polizeisprecher am Samstag. Die Anrufe besorgter Bürger hätten abgenommen. Viele Münchner hatten sich am Silvesterabend und am Neujahrstag teils mit Fragen zur Sicherheit und teils mit Beobachtungen bei der Polizei gemeldet. Die Hinweise würden derzeit kriminalpolizeilich abgearbeitet, sagte der Sprecher.
Der erste Hinweis auf die beiden Bahnhöfe war - noch ohne Details - laut „Süddeutscher Zeitung“, WDR und NDR bereits spätestens am 23. Dezember gekommen, also noch vor Weihnachten. Er wurde zunächst jedoch für unwahrscheinlich gehalten. Die Informationen verdichteten sich dann aber. Ein Hinweisgeber aus dem Irak wurde dort vom Bundesnachrichtendienst befragt. Entsprechende Berichte der drei Medien wurden der Deutschen Presse-Agentur bestätigt.
Nach dpa-Informationen kam ein Hinweis vor ein paar Tagen aus den USA. Den deutschen Sicherheitsbehörden lagen auch aus dem Geheimdienstbereich detaillierte Informationen zu Namen, Orten und einem möglichen Tatablauf vor. Die ganz konkrete Warnung für die Silvesternacht wurde nach Angaben der Münchner Polizei erst an Silvester vom französischen Geheimdienst übermittelt. Die angeblichen Täter sollten laut „Süddeutscher Zeitung“ in einem Hotel in der Innenstadt untergekommen sein, waren aber nicht zu finden.
De Maizière sagte der „Bild“-Zeitung (Samstag): „In Zukunft wird es noch intensiver als bisher darauf ankommen, dass wir mit den Sicherheitsbehörden anderer Staaten eng zusammenarbeiten und Informationen austauschen.“ Der Minister betonte: „Auch im neuen Jahr bleibt die Lage sehr ernst.“
Kauder sagte dem Blatt, die Vorgänge zeigte, wie falsch viele in den anderen Parteien lägen, die die Kooperation mit den Nachrichtendiensten anderer Länder infrage stellen.