So nachvollziehbar dieses Argument ist, so unvollständig bleibt allerdings die Studie. Sie sagt nichts dazu, wie der Übergang von privat zu gesetzlich laufen könnte. Zunächst würde es für den Staat teurer, wenn heutige Beamte anders versichert und von ihrem Dienstgeber unterstützt werden. Was wird außerdem aus den mehr als 70 Milliarden Euro an Altersrückstellungen, die privat versicherte Beamte in ihrer Assekuranz angespart haben? Die können sie nicht mitnehmen, weil sie im Privatsystem dazu vorgesehen sind, die stark steigenden Kosten für Gesundheit im Alter abzufedern. Ginge der Staat an dieses Geld heran, wäre schnell der Eigentumsschutz und das Grundgesetz zur Hand. Die Privatversicherer hätten gute Chancen, einen Umbau gegen ihre Interessen zu verhindern.
Bleiben auch die Ärzte, allen voran die niedergelassenen Mediziner. Unter Gesundheitspolitikern gilt als ausgemacht, dass deren Honorare für gesetzlich Versicherte steigen müssten, fiele die lukrativere Vergütung weg, die privat Versicherte bisher bringen. Seit Jahrzehnten argumentieren Privatkassen und Ärztevertreter, die privat Versicherten ermöglichten in vielen Regionen erst, dass sich Praxen ansiedelten. Mehr gesetzliches Honorar würde weniger Einsparung bedeuten.
Und was würden Beamte sagen? Vielen würde wohl nicht gefallen, künftig weniger Leistungen zu bekommen. Auch hier wäre wohl ein kostentreibender Kompromiss fällig, sollte eine Regierung den Umbau wagen. Den steilen Anstieg der Kosten verspüren Beamte im Alter zudem deutlich schwächer als Rentner oder Selbstständige. Von diesen beiden Gruppen, den Rentnern und älteren Selbstständigen, bekommen Politiker Druck, etwas am Versicherungssystem in Deutschland zu ändern. Diese Versicherten stöhnen unter hohen und noch weiter steigenden Gesundheitskosten bei den Privaten, doch zurück ins gesetzliche System kommen sie nicht. Die meisten Bundestagsabgeordneten bekommen Post von Älteren, denen die PKV zu teuer geworden ist. Beamte sind eher nicht darunter.
Deshalb hat die Studie von Bertelsmann nur bedingt Strahlkraft für die Befürworter einer Bürgerversicherung, in der alle Anbieter miteinander konkurrieren. Die Beamten gelten als größtes Hindernis, das einen Umbau des Versicherungssystems verhindert. Sie wollen es meistens wohl selbst nicht und gerade die Landesregierungen, die die meisten Beamten finanzieren dürften vor einem Umstieg zurückschrecken, der sie kurzfristig erst einmal deutlich teurer käme.