Eine ähnlich souveräne Antwort hätte man sich auch von der SPD auf die Frage nach einem Tempolimit auf deutschen Autobahnen gewünscht. Zur Erinnerung: Im Mai sorgte Parteichef Sigmar Gabriel mit seinem Vorstoß nach einem Tempolimit von 120 Stundenkilometern für heiße Diskussionen. Zwar ruderte er danach zurück, doch dass die Sozialdemokraten eine Geschwindigkeitsobergrenze generell ablehnen, kann wohl kaum behauptet werden. Dennoch beantworte die SPD beim Wahl-O-Mat die Frage nach dem Tempolimit nicht mit "neutral", sondern mit einem klaren "Nein". Die Begründung fällt einsilbig aus: "Ein allgemeines Tempolimit ist nicht Bestandteil des SPD-Regierungsprogramms."
Falsch ist die Aussage nicht, trickreich hingegen schon. Die Bundeszentrale für politische Bildung kennt diese Problematik und vertraut auf den kritischen Blick der Nutzer. „Die Positionen der Parteien zu den Thesen werden nicht von uns interpretiert, sondern sind ausdrücklich - ebenso wie die zugehörigen Begründungen ihrer Antworten - durch die Parteien autorisiert“, so Kraft.
Das Tool sei eine Recherchegrundlage, nicht mehr und nicht weniger. Die Bundeszentrale für politische Bildung formuliert lediglich die Thesen und wählt die spannendsten 38 aus. „Das sind die Thesen, die die größte Aufmerksamkeit im Wahlkampf haben und bei denen es die größten Unterschiede zwischen den Parteien gibt“, sagt Kraft. Schließlich solle der Wahl-O-Mat auch Differenzen der Parteien deutlich machen. „Wer sich durchklickt merkt: Das Vorurteil, die Parteien seien alle gleich, stimmt nicht“, unterstreicht Kraft.
Wahl-ABC (Q bis Z)
Wer Kanzlerin oder Kanzler werden will, braucht zunächst die Unterstützung von 50 Prozent aller gewählten Abgeordneten plus eine Stimme. 2009 hätte Angela Merkel (CDU) für eine solche absolute Mehrheit 312 der 622 Stimmen benötigt, sie bekam 323. Nur mit einer qualifizierten Zweidrittel-Mehrheit kann das Grundgesetz geändert werden. Für die meisten Beschlüsse genügt die einfache Mehrheit der anwesenden Abgeordneten.
Oft verkürzte Bezeichnung für das Gebäude am Platz der Republik in Berlin, in dem der Deutsche Bundestag seit 1999 tagt. Wahrzeichen des Reichstags ist die verglaste begehbare Kuppel über dem Plenarsaal. Im Jahr nach der Wiedervereinigung hatte das Parlament beschlossen, von Bonn nach Berlin umzuziehen.
2013 werden die Sitze auf neuer gesetzlicher Grundlage verteilt, die den Wählerwillen besser abbilden soll. Die Direktmandate mit Erststimmen gehen weiterhin an den siegreichen Kandidaten, die Zweitstimmen werden proportional auf die Länder und Parteien verteilt. Durch ein gutes Erststimmenergebnis entstandene Überhangmandate einer Partei werden durch Ausgleichsmandate für andere kompensiert. So könnte das Parlament deutlich größer werden.
Am Abend des 1. September, drei Wochen vor der Wahl, trifft CDU-Kanzlerin Angela Merkel im Fernsehen auf ihren SPD-Konkurrenten Peer Steinbrück. In ihrem von vier Sendern übertragenen Streitgespräch werden beide versuchen, noch Unentschlossene und weniger Interessierte zu gewinnen. Sogenannte Kanzlerduelle gibt es seit 2002.
Es entsteht, wenn eine Partei mehr Direktmandate gewinnt als ihr prozentual Sitze nach Zweitstimmen zustehen. 2009 kamen 24 Abgeordnete – allesamt CDU/CSU – durch ein derartiges Verfahren zu ihrem Sitz. Bei der Wahl 2013 gibt es erstmals Ausgleichsmandate, die diese Überhänge neutralisieren.
Dabei erhält eine Partei so viele Sitze wie es ihrem Anteil an gültigen Zweitstimmen entspricht. Berechnet wird dies nach einem mathematischen Proporzverfahren. Es werden allerdings nur Parteien berücksichtigt, die über die Fünf-Prozent-Hürde gekommen sind. Das Verhältniswahlsystem wird ergänzt durch die Mehrheitswahl per Erststimme in den Wahlkreisen.
Chefkoordinator der Bundestagswahl ist der Bundeswahlleiter. Er sorgt, zusammen mit Kollegen auf Landes- und Kreisebene, für den reibungslosen Ablauf und klärt auch Fragen im Vorfeld – etwa, ob eine Partei zugelassen wird. Alle vier Jahre tritt er in der Wahlnacht vor die Fernsehkameras und verkündet das vorläufige amtliche Endergebnis. Seine eigentliche Tätigkeit ist die Leitung des Statistischen Bundesamtes.
Sie ist eindeutig wichtiger als die Erststimme. Mit ihrer Zweitstimme für die Landeslisten der Parteien entscheiden die Wähler über die Zusammensetzung des Bundestages. Im Ergebnis werden dabei Direktmandate und Listenmandate miteinander verrechnet.
Dabei gäbe es auch immer mal einen "Aha-Effekt" - im positiven wie negativen Sinne. Durchaus möglich, dass die NPD mit einer signifikanten Übereinstimmungsquote erscheint. Und dann? "Eine mittlere oder hohe Übereinstimmung mit extremistischen Parteien im Wahl-O-Mat bedeutet nicht, dass Sie selbst ein Rechts- oder ein Linksextremist sind", betont Kraft. Schließlich gehe es oft um allgemeingültige Themen, etwa um die Frage nach Ladenöffnungszeiten oder einem Rauchverbot in Gasstätten. Dazu beziehen auch extremistische Parteien eine Position. "Oft lässt sich die Ideologie einer Partei in den Begründungen im Wahl-O-Mat finden. Es lohnt sich, diese genau zu lesen", sagt Kraft.
Eine Wahlempfehlung stelle der Wahl-O-Mat sowieso nicht da, betont der Anbieter auch auf seiner Seite. Dass kann das Tool auch nicht bieten. Zu trickreich gehen die Parteien mit der Anwendung um. Gleichwohl kann das Tool eine wichtige Informationsquelle sein. Und Spaß bringt es auch noch.
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