Wirtschaft schlechtes Wahlkampf-Thema Den Deutschen geht es wirtschaftlich zu gut

Die soziale Gerechtigkeit dürfte nach Ansicht des Ökonomen und IW-Chefs Michael Hüther im Bundestagswahlkampf nur eine untergeordnete Rolle spielen - denn den Deutschen gehe es aus wirtschaftlicher Sicht dafür zu gut.

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Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln. Quelle: dpa

Mit welchen Themen buhlen die Parteien im Bundestagswahlkampf um Stimmen? Ökonom Michael Hüther hält es für keine gute Idee, die wirtschaftliche Lage der Einzelnen aufs Tapet zu bringen. Das könne nach hinten losgehen. „Ich bin mir nicht sicher, inwiefern die Verteilungs- und Gerechtigkeitsfragen auf der Tagesordnung bleiben“, sagt der Chef des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther. „Missstände zu beschreiben, wo keine jetzt so richtig sind, ist auch schwierig.“

Hüther verweist auf die wirtschaftliche Lage im Land: „Wir haben steigende Reallöhne, wir haben steigende reale Renten, wir haben ein geringes Arbeitsplatz-Risiko, die Menschen haben die geringsten Sorgen um ihre eigene wirtschaftliche Lage seit 1991.“ Das werde sich in absehbarer Zeit auch nicht ändern: „Die Robustheit des Arbeitsmarkts bleibt. Ich sehe im Moment keinen Anlass, dass sie abbricht“, sagt Hüther.

„Vor einem solchen Hintergrund kann eine SPD-Strategie nicht funktionieren, die Agenda zu verteufeln. Irgendwann wird das absurd“, so der Ökonom. „Da muss man ja schon bösartig sein.“ SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz hatte angekündigt, die Reformen der 2003 vom damaligen SPD-Kanzler Gerhard Schröder angestoßenen Agenda 2010 teilweise korrigieren zu wollen.

Auch durch die Flüchtlinge habe sich die Situation letztlich nicht verschlechtert, sagt Hüther: „Die sind ja irgendwie alle schon im System, und die Quoten drehen trotzdem nicht in die andere Richtung.“ Die Quartalsdaten zur Wirtschaftsentwicklung seien seit 2013 „wie mit dem Lineal gezogen“. „Das haben wir historisch noch nie gehabt.“

Aber auch Hüther sieht Probleme, die von der Politik angegangen werden müssten: Die Zahl der Hartz-IV-Empfänger und die Zahl der Langzeitarbeitslosen nähmen kaum noch ab, sagte er. Zudem müsste die Mittelschicht steuerlich entlastet werden: „Da greift der Mittelstandsbauch, also diese wirklich unfaire Steuergestaltung. Dass die SPD sich das tabuisieren lässt von der Linken, finde ich ehrlich gesagt nicht sonderlich klug.“



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