Zivilschutzkonzept Viel Lärm um nichts

Die Linke spricht von Angstmache: Im neuen Konzept zur Zivilverteidigung rät die Bundesregierung, einen Lebensmittelrat für zehn Tage anzulegen. Berlin erklärt nun, damit werde nur ein veraltetes Konzept aktualisiert.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Ein neues Konzept für Zivilschutz hat für Schlagzeilen gesorgt. Quelle: dpa

Berlin Die Bundesregierung hat Kritik aus der Opposition an ihrem neuen Konzept zur Zivilverteidigung zurückgewiesen. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte am Montag in Berlin, das Konzept für das Vorgehen in Katastrophenfällen sei zuletzt 1995 aktualisiert worden. Angesichts einer veränderten sicherheitspolitischen Lage sei seit langem geplant gewesen, dies neu zu überarbeiten. „Dieser Prozess ist ein langwieriger, ja ein langjähriger gewesen.“ Es handele sich keineswegs um eine Reaktion auf eine Bedrohungsanalyse der vergangenen Tage. Das Konzept sei bislang geprägt gewesen „von der sicherheitspolitischen Entspannung nach Beendigung des sogenannten Kalten Kriegs“.

In dem 70-seitigen Papier, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, werden die Bürger unter anderem aufgerufen, „einen individuellen Vorrat an Lebensmitteln für einen Zeitraum von zehn Tagen“ anzulegen. Die Linke hatte dies als Angstmache gewertet und der Regierung vorgeworfen, die Bürger mit immer neuen Vorstößen zu verunsichern.

Vieles, was nun diskutiert werde, sei nicht neu, betonte der Ministeriumssprecher. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe zum Beispiel biete schon seit langem Hilfestellungen und Tipps, wie sich private Haushalte auf Krisenlagen vorbereiten könnten. „Das hat mit Panikschüren überhaupt nichts zu tun.“

Die Bundesregierung soll das neue Konzept am Mittwoch im Kabinett beraten, Innenminister Thomas de Maizière (CDU) will die Pläne danach der Öffentlichkeit vorstellen. Der Sprecher sagte, er könne sich vorab nicht zu den Inhalten äußern.

Der am Wochenende bekanntgewordene Aufruf zum Anlegen von Lebensmittel- und Wasservorräten hatte vielfach zu Besorgnis geführt. Die Linke hatte das neue Konzept der Bundesregierung zur Zivilverteidigung als Angstmache kritisiert. „Man kann die Menschen mit immer neuen Vorschlägen, so auch zu Hamsterkäufen, völlig verunsichern“, sagte Linksfraktionschef Dietmar Bartsch dem „Kölner Stadtanzeiger“ (Montag). Die Regierung dürfe nicht täglich neue Hektik verbreiten. Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz nannte eine Aktualisierung der Notfallpläne zwar sinnvoll, hält eine Vermischung von ziviler Vorsorge mit militärischen Szenarien und Hinweisen auf terroristische Gefahren aber für problematisch.

Aus Sicht des Grünen-Innenpolitikers von Notz ist eine Überarbeitung der zivilen Schutzkonzepte durchaus notwendig. „Angesichts der technischen Entwicklung der letzten Jahre ist es fast schon fahrlässig, mit Konzepten von 1989 zu hantieren“, sagte er dem „Kölner Stadtanzeiger“. Aber: „Ich sehe kein Angriffsszenario, für das sich die Bevölkerung Vorräte anlegen sollte.“ Wenn mit solchen Formulierungen die zivile Hilfe, die die Bundeswehr bei Katastrophen durchaus leisten müsse, militarisiert werden solle, sei das unnötig, unverantwortlich und verfassungswidrig.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%