Italien Grillo prophezeit Italiens Zusammenbruch

Der Komiker und Protestpolitiker Beppe Grillo rechnet damit, dass das politische System bald zusammenbrechen wird. Sein Notfallplan: zurück zur Lira. Seinen Kritiker Steinbrück nennt er einen Flegel.

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Der Überraschungssieger der Parlamentswahl in Italien, Beppe Grillo, rechnet mit einem Zusammenbruch des politischen Systems seines Landes. Grillos neue Fünf-Sterne-Bewegung (M5S) war bei der Wahl Ende Februar mit 25,55 Prozent auf Anhieb stärkste Einzelpartei im Abgeordnetenhaus geworden. „Ich gebe den alten Parteien noch sechs Monate - und dann ist hier Schluss“, sagte der Komiker (64) dem Nachrichtenmagazin „Focus“. „Dann können sie die Renten nicht mehr zahlen und auch die öffentlichen Gehälter nicht mehr.“ Die Altparteien wollten keine ernsthaften Reformen. „Sie bluffen nur, um Zeit zu gewinnen.“

Mäßigung in der Debatte gefragt

Italien werde von seinen Staatsschulden erdrückt und müsse daher die Kredite neu aushandeln. „Wenn die Zinsen 100 Milliarden Euro pro Jahr betragen, sind wir tot“, sagte Grillo. Wenn sich die Bedingungen nicht änderten, solle Italien den Euro aufgeben. Das Linksbündnis um Pier Luigi Bersani hatte bei der Wahl zwar die Mehrheit der Sitze im Abgeordnetenhaus errungen, wurde aber im Senat trotz größerer Stimmenzahl vom Rechtsbündnis Silvio Berlusconis überholt. Bersani braucht für eine stabile Regierung eine Koalition. Grillo steht dafür nicht zur Verfügung. „Wenn die PD Bersanis und Berlusconis PdL vorschlagen würden: sofortige Änderung des Wahlgesetzes, Streichung der Wahlkampfkostenerstattung, maximal zwei Legislaturperioden für jeden Abgeordneten - so eine Regierung würden wir selbstverständlich sofort unterstützen“, sagte Grillo dem „Focus“. „Aber sie werden das nie tun.“

Der italienische Staatschef Giorgio Napolitano rief die Politiker zur Mäßigung in der Debatte über eine Regierungsbildung auf. Verfrühte Festlegungen sollten im Interesse des Landes und des Bildes Italiens im Ausland vermieden werden, verlangte Napolitano am Samstag in Rom. Es liege an ihm, bei den geplanten Konsultationen eine „unabhängige Bewertung“ der Pattsituation im Parlament vorzunehmen. Jeder habe das Recht zur freien Debatte. Er rate aber zu „Maß, Realismus und Verantwortungsbewusstsein“ in dieser Vorbereitungszeit. Napolitano wird voraussichtlich in der zweiten Märzhälfte die Parteien vor einem Auftrag zur Regierungsbildung konsultieren. Das Parlament kommt Mitte März zur konstituierenden Sitzung zusammen.

„Ich bin ein Komiker, aber kein Clown“

Im Streit um Peer Steinbrücks „Clowns“-Bemerkung warf Grillo dem SPD-Kanzlerkandidaten schlechte Manieren vor. „Steinbrück hat sich benommen wie ein Flegel“, sagte er der „Bild am Sonntag“. Auf einer SPD-Veranstaltung hatte Steinbrück den M5S-Gründer Grillo und Berlusconi als „Clowns“ bezeichnet. „Ich bin ein Komiker, aber kein Clown“, stellte Grillo klar. Von Steinbrück erwarte er keine Entschuldigung: „Die interessiert mich gar nicht.“ Steinbrück habe allerdings mit seiner Äußerung „alle Italiener beleidigt“. SPD-Chef Sigmar Gabriel erklärte, Ex-Premier Berlusconi könne sich über die Bezeichnung „Clown“ freuen. „Ich glaube, Herr Berlusconi hat Glück, dass wir ihm eine so ehrenwerte Berufsbezeichnung gegeben haben“, sagte Gabriel am Rande des SPD-Bürgerkonvents in Berlin.

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