Italien Neue Regierung soll am Freitag vereidigt werden

Giuseppe Conte Quelle: dpa

Italien bekommt nun offenbar doch eine populistische Regierung. Präsident Mattarella will noch am Freitag das Kabinett um den Juraprofessor Giuseppe Conte vereidigten.

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Nach einem gescheiterten ersten Anlauf soll Italien nun doch eine Regierung mit der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung und der rechten Lega bekommen. Der designierte Ministerpräsident Giuseppe Conte und sein Kabinett würden am Freitagnachmittag vereidigt, teilte das Büro von Staatspräsident Sergio Mattarella mit. Fünf-Sterne-Chef Luigi Di Maio und der Lega-Vorsitzende Matteo Salvini hatten sich zuvor auf Kompromisse in der Kabinettsliste verständigt und damit den Weg freigemacht.

Ihr erster Versuch einer Regierungsbildung war Anfang der Woche am Veto von Staatsoberhaupt Mattarella gescheitert. Dieser sah in der geplanten Ernennung des Euroskeptikers Paolo Savona zum Finanzminister eine Gefahr für die Finanzmärkte und die italienische Wirtschaft. Savona soll nun Minister für europäische Angelegenheiten werden.

Das Wirtschafts- und Finanzressort übernimmt stattdessen Giovanni Tria, ein als gemäßigt geltender Ökonom der Universität La Sapienza in Rom. Neuer Chefdiplomat wird dem Vernehmen nach Enzo Moavero Milanesi, ein früherer EU-Funktionär in Brüssel, der in der Technokratenregierung unter Mario Monti Minister für europäische Angelegenheiten war.

Fünf-Sterne-Führer Di Maio, der als Architekt des von seiner Bewegung propagierten Grundeinkommens für arme Italiener gilt, soll an die Spitze des Ministeriums für Soziales und Arbeit rücken. Lega-Chef Salvini soll das Ressort für Inneres leiten.

In einer Ansprache vor Anhängern in seiner Heimatregion Lombardei kündigte Salvini an, die Abschiebung von Migranten zu einer Priorität zu machen. „Mein Engagement gilt der Sicherheit von 60 Millionen Italienern“, sagte er weiter. Di Maio bedankte sich per Facebook-Post bei seinen Unterstützern. „Die Regierung des Wandels wird Realität“, schrieb er.

Im März hatte es in Italien eine Parlamentswahl ohne klares Ergebnis gegeben, bei der die Fünf-Sterne-Bewegung stärkste Kraft wurde. Es folgten Monate der politischen Blockade, die in der ungewöhnlichen Allianz zwischen Fünf Sterne und Lega mündeten. Nach seinem Nein zum ursprünglich geplanten Kabinett hatte Mattarella den früheren IWF-Ökonom Carlo Cottarelli als Übergangsregierungschef vorgesehen, bis es Neuwahlen geben sollte. Doch bei Investoren ging die Sorge um, dass eine neuerliche Abstimmung zu einem Referendum über den Euro geraten könnte. In der Folge gaben die italienischen Aktienmärkte drastisch nach.

Nachdem die Chefs von Fünf Sterne und Lega Kompromissbereitschaft signalisierten, trat Cottarelli beiseite. Mattarella zitierte Conte nach Rom zurück. Für den politisch als unerfahren geltenden Conte war es ein unerwartetes Comeback, nachdem er erst vor wenigen Tagen den Regierungsauftrag zurückgegeben und wieder seinen Posten als Juraprofessor in Florenz aufgenommen hatte. Im Quirinalspalast verlas er seine Kabinettsliste und erklärte, die künftige Regierung wolle entschlossen daran arbeiten, die Lebensqualität aller Italiener zu verbessern.

Kritiker warnen indes, dass Conte als Erfüllungsgehilfe von Di Maio und Salvini fungieren könnte, die für ein Regierungsbündnis ihre eigenen Ambitionen auf den Ministerpräsidentenposten begraben haben. Der Wirtschaftsexperte Lorenzo Codogno befürchtet einen „Grabenkrieg“ zwischen der Regierung und Mattarella“ über Fragen rund um Europa und die Finanzpolitik.

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