Ökonom Thomas Mayer "Wir brauchen Alternativen zum Euro"

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Der Marktdruck muss ausgenutzt werden

Die zehn größten Euro-Lügen
Ex-EZB-Chef Jean-Claude Trichet Quelle: dpa
Wolfgang Schäuble Quelle: dpa
Giorgios Papandreou Quelle: dpa
Wolfgang Schäuble Quelle: dapd
Chef der Eurogruppe Jean-Claude Juncker Quelle: dapd
Angela Merkel mit Draghi Quelle: dapd
Mariano Rajoy Quelle: REUTERS

Statt dessen versucht die Politik immer mehr, die Märkte durch ihr Eingreifen auszutricksen.

Mayer: Und genau das ist falsch. Man muss sich den Marktdruck zu Nutze machen, um die Länder zu Anpassungen zu bewegen. Kann ein Land sich dann nicht mehr finanzieren, müsste es umschulden. Im Extremfall muss es die Möglichkeit haben, aus der Euro-Zone auszutreten und seine eigene Währung wieder einzuführen. Natürlich nicht leichtfertig, Schuldenschnitt und Austritt sind lediglich die letzten Sanktionsmöglichkeiten.

Sollte jedes Land die Euro-Zone verlassen dürfen? Auch systemrelevante Staaten wie Italien oder Frankreich?

Mayer: Nein, zur Zeit gilt das nur für kleine Länder. Sie können Griechenland umschulden, aber mit Italien können Sie das nicht machen. Insofern ist die Euro-Zone zurzeit eine Zwei-Klassen-Gesellschaft. Aber in Zukunft muss es möglich sein, auch große Länder aus der Euro-Zone ausscheiden zu lassen.

Wie soll das gehen?

Mayer: Wir müssen die Banken von den Staaten trennen. Zum Beispiel, indem wir Banken dazu verpflichten, auch Staatsanleihen mit Eigenkapital zu unterlegen. So werden die Staats-Bonds in den Bankbilanzen nicht mehr zur Last, ein Einzelstaat kann dann Bankrott gehen, ohne dass die gesamte Währungsunion aus den Fugen gerät.

Ist das europäische Finanzsystem in der Krise zu politisch geworden?

Mayer: Genau. Denn ohne eine klare Trennlinie müsste die Euro-Zone eine politische Union werden, in der die Zentralbanken mit den Staaten gemeinsame Sache machen und das System finanziert. Das ginge nur mit Eurobonds, und die halte ich für ausgeschlossen.

US-Investor George Soros sieht das anders, er plädierte am vergangenen Dienstag in Frankfurt erneut für die Gemeinschaftsanleihen. Warum sind Eurobonds keine Option?

Mayer: Weil die Mitgliedsländer der Währungsunion nicht bereit sind, wesentliche Teile ihrer Souveränität, wie die Hoheit über Besteuerung oder Sozialleistungen, nach Brüssel abzugeben.

In Ihrem neuen Buch „Europas unvollendete Währung: Wie geht es weiter mit dem Euro?“ skizzieren Sie mögliche Szenarien für die Gemeinschaftswährung. Ist eine politische Währungsunion ausgeschlossen?

Mayer: Ja, eine staatliche Struktur zur Rettung des Euro wird es nicht geben. Auch Bundeskanzlerin Merkel hat das erkannt und deshalb einen Euro-Schattenstaat gebaut. Dessen Schattenregierung, der Europäische Rat, kooperiert mit der Staatszentralbank EZB. Die Europäer lehnen sich allerdings gegen Merkels Schattenkabinett auf. Die Italiener beispielsweise haben ihren Vertreter der Euro-Schattenregierung, Mario Monti, bereits abgewählt.

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